Südtirol: Teurer Strom trotz Wasserkraft

Die Kritik kommt scharf und deutlich: Südtirol profitiert zwar ökologisch von der Wasserkraft, aber nicht finanziell – zumindest nicht die Verbraucherinnen und Verbraucher. Verantwortlich dafür sei eine energiepolitische Fehlentwicklung, so die Kritik von Verbraucherschutzverein Robin und dem Südtiroler Energie Verband (SEV): Stromtarife würden sich am italienischen Markt orientieren, der stark von der teuren Gasproduktion geprägt ist – ein Modell, das für ein Wasserkraftland wie Südtirol schlicht nicht passe.
„Südtirol produziert mehr Strom, als es verbraucht – und dennoch zählen die Bürgerinnen und Bürger zu den am stärksten belasteten Stromzahlern Europas“, sagt Walther Andreaus, Geschäftsführer des Verbraucherschutzvereins Robin. Für ihn ist das nicht nur eine Frage der Gerechtigkeit, sondern ein klarer Widerspruch zu den Grundprinzipien der Autonomie. Die Bevölkerung habe ein Recht auf günstigen Strom aus der eigenen Wasserkraft – inklusive der im Autonomiestatut vorgesehenen Gratisstromkontingente.
Zwei Gutachten bestätigen Spielräume
Dass Südtirol die rechtlichen Möglichkeiten für eine eigenständige Energiepolitik besitzt, belegen zwei öffentlich mitfinanzierte Gutachten renommierter Rechtsprofessoren. Peter Hilpold (Universität Innsbruck) und Paolo Piva (Universität Padua) analysierten im Auftrag der Handelskammer Bozen und des SEV die juristischen Grundlagen und Handlungsspielräume.
Ihr Fazit ist eindeutig: Südtirol kann eine eigene, unabhängige Energiebehörde schaffen – vollkommen rechtssicher und im Einklang mit dem Autonomiestatut. Auch sei eine landesrechtliche Regelung der Stromtarife möglich, die sich nicht am nationalen Energiemix, sondern an den lokalen Gegebenheiten orientiert.
„Die Autonome Provinz Bozen ist im Bereich der erneuerbaren Energien eine Vorreiterregion und benötigt deshalb ein eigenes Regulierungssystem“, heißt es in einem der Gutachten. Eine regionale Regulierungsbehörde könne gezielt auf lokale Bedürfnisse eingehen und die Chancen der Wasserkraft effizient nutzen.
Forderung an den Landtag: Jetzt handeln!
Während Rom auf eine zentralistische Energiepolitik setzt, wird der Vorwurf laut, dass die Landesregierung die bestehenden Spielräume nicht nutzt. Stattdessen stütze man sich auf eigene Gutachten, die laut Kritikern wenig stichhaltig seien, und weiche der Verantwortung aus.
Die Forderung an den Landtag ist klar: Die Abgeordneten sollen die vorhandenen Studien zur Kenntnis nehmen und konkrete Schritte zur Umsetzung der Stromautonomie setzen. „Die Stromautonomie ist kein abstraktes Zukunftsprojekt – sie ist juristisch abgesichert, machbar und dringend notwendig“, heißt es in einem gemeinsamen Appell.
Falls die Südtiroler Landesregierung nicht handle, müsse der Landtag Verantwortung übernehmen – andernfalls sei es an der Bevölkerung selbst, Druck aufzubauen. „Energie gehört allen – nicht nur dem Markt“, lautet das zentrale Motto der Befürworter.






