von Alexander Wurzer 24.05.2025 08:23 Uhr

SVP-Koalitionspartner schürt weiter gegen Zeller

Was sich derzeit auf der offiziellen Facebook-Seite der Fratelli d’Italia abspielt, ist ein politischer Skandal – und ein Frontalangriff auf die demokratische Kultur in Südtirol.

Dieses Bild haben die Fratelli d'Italia auf Facebook gepostet. Darunter mehr als 3.000 Kommentare - die meisten beleidigend. (Quelle: Facebook/Fratelli d'Italia)

Die rechtsnationale Regierungspartei hat ein Foto von Merans neuer Bürgermeisterin Katherina Zeller veröffentlicht – aufgenommen im Moment der umstrittenen Amtsübergabe. Dazu ein verkürztes Zitat: Zeller hatte gesagt, sie habe den Akt als übergriffig erlebt, weil Fahnen oft „von der extremen Rechten benutzt werden, um zu spalten“.

Die Fratelli nutzten diesen Satz für eine aggressive Gegenoffensive. Ihr Kommentar:

„Es ist eine hartnäckige Angewohnheit der Linken: Die Rechte beschuldigen, um sich das Gewissen reinzuwaschen. So sieht es aus, wenn Ideologie selbst den Respekt vor den Institutionen übertrifft.“

Was daraufhin geschah, ist eine einzige digitale Entgleisung: In den Kommentaren unter dem Beitrag wird Zeller mit einer Wucht beleidigt, verspottet und verbal attackiert, wie man es sonst nur von anonymen Trollaccounts kennt – hier jedoch offen, sichtbar und auf dem Profil einer Regierungspartei.

Ein Mob wird bewusst geduldet

Die Partei greift nicht ein. Kein Hinweis, keine Moderation. Stattdessen: stillschweigendes Einverständnis mit Kommentaren wie:

  • „Sofort absetzen und anzeigen – dann kann sie sich von der Politik verabschieden!“
  • „Der Innenminister soll sie entfernen – wegen geistiger Unfähigkeit!“
  • „Wie tief wir gesunken sind – mit solchen ‘Crucchi’!“
  • „Du wirst von uns ITALIENERN bezahlt – SCHANDE!“
  • „Geh nach Österreich, du Dummkopf.“
  • „Gott soll dich holen.“
  • „Sie sollte sich schämen – wenn sie überhaupt klug genug wäre.“

Diese Sprüche sind keine politische Kritik – das ist Einschüchterung, gezielte Bloßstellung und organisierter Online-Hass gegen eine gewählte Mandatarin. Dass eine Regierungspartei das auf ihrem offiziellen Profil zulässt, ist ein Tiefpunkt der politischen Kultur in Italien.

  • Einige der anonymisierten Kommentare. Insgesamt sind es inzwischen über 3.000. (Quelle: Facebook/Fratelli d'Italia)

Eine gefährliche Rhetorik – und ein demokratischer Offenbarungseid

Statt Diskussion über Südtirols Autonomie und die Rolle staatlicher Symbole, wird hier Stimmung gemacht – mit autoritärer Rhetorik und einschüchterndem Ton. Es ist ein Versuch, die Debatte zu beenden, bevor sie überhaupt geführt werden kann. Wer sich wie Zeller für eine selbstbewusste Haltung einsetzt, soll offenbar öffentlich „zurechtgewiesen“ werden.

Das erinnert nicht an eine demokratische Diskussion – sondern an politische Einschüchterung.

SVP: Verantwortung beginnt mit Klartext

Die Südtiroler Volkspartei regiert im Land gemeinsam mit Fratelli d’Italia. Dass dieser Koalitionspartner aktuell eine Südtiroler Bürgermeisterin, die für die SVP gewählt wurde, öffentlich angreift – mit einem Bild, einem verzerrten Zitat und ohne jegliche Distanzierung vom begleitenden Hass im Netz – ist nicht einfach eine politische Unannehmlichkeit, sondern eine Grenzüberschreitung.

Angesichts der Eskalation, die sich auf den Social-Media-Kanälen der Fratelli d’Italia abspielt, ist eine Stellungnahme der SVP dringend notwendig.

Will die SVP wirklich mit einer Partei zusammenarbeiten, die einer demokratisch gewählten Südtiroler Amtsinhaberin auf diese Weise öffentlich in den Rücken fällt?

Niemand erwartet vorschnelle Urteile – aber klare Worte des Anstands und der Solidarität sind in solchen Momenten keine Frage des Timings, sondern der Haltung.

Wenn das Bündnis mit Fratelli d’Italia bedeutet, dass man selbst dann schweigt, wenn eine Südtiroler Bürgermeisterin zur Zielscheibe öffentlicher Hetze wird, dann steht viel mehr auf dem Spiel als politische Koalitionsarithmetik. Dann geht es um Werte, um Würde – und um die Frage, wer in Südtirol eigentlich noch für Minderheitenschutz einsteht.

Die SVP hat jetzt die Möglichkeit, Haltung zu zeigen. Und Südtirol erwartet genau das.

Jetzt ist die Bevölkerung gefragt

Was hier geschieht, ist kein Einzelfall. Es ist Teil einer Entwicklung, bei der nationale Symbolik als Loyalitätstest benutzt wird. Wer nicht mitmacht, wird öffentlich abgestempelt. Das ist nicht Südtirol – das ist ein Rückfall in Denkweisen, die längst überwunden schienen.

Katherina Zeller hat Haltung gezeigt. Jetzt ist es an uns allen, diese Haltung zu verteidigen.

Es darf nicht sein, dass demokratisch gewählte Südtiroler Bürgermeister unter Druck gesetzt werden, nur weil sie sich nicht dem nationalen Inszenierungszwang beugen.

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