von gk 08.05.2025 15:46 Uhr

Verfassungsschutz rudert zurück: AfD doch nicht „gesichert rechtsextrem“

Ein Paukenschlag aus Köln: Der Verfassungsschutz nimmt die Hochstufung der AfD zum „gesichert rechtsextremistischen Verdachtsfall“ vorerst zurück. Ein juristischer Teilerfolg für die Partei – und politischer Sprengstoff für das Innenministerium. Was hinter dem Schritt steckt, wer jetzt unter Druck gerät – und warum ausgerechnet die USA mitmischen sollen.

Afd-Chefin Alice Weidel - Bild: APA/dpa

Es ist eine Nachricht, die das politische Berlin aufschrecken dürfte: Das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) will die AfD vorerst nicht mehr öffentlich als „gesichert rechtsextremistisch“ bezeichnen. Das teilte Christian Conrad, Rechtsanwalt der Partei, am Donnerstag auf X (ehemals Twitter) mit. Zuvor hatte die AfD mit einem Eilantrag gegen die umstrittene Einstufung geklagt – mit vorläufigem Erfolg.

Der Rückzug erfolgt nicht etwa aus politischem Kalkül, sondern offenbar aus juristischem Zwang. Die Behörde gab gegenüber dem Verwaltungsgericht Köln eine sogenannte „Stillhaltezusage“ ab. Bis zur Entscheidung der beschließenden Kammer werde man die Einstufung nicht mehr öffentlich verwenden, die Pressemitteilung zur Hochstufung wurde bereits von der Website entfernt.

Ein juristischer Sieg

Was bedeutet das nun? Zunächst einmal: Die AfD ist nicht vom Vorwurf des Rechtsextremismus freigesprochen. Es handelt sich um eine formale Maßnahme im laufenden Eilverfahren. Das Gericht prüft, ob die öffentliche Bezeichnung der Partei als „gesichert rechtsextrem“ rechtmäßig war. Bis dahin darf der Verfassungsschutz dies nicht mehr behaupten. Dennoch ist die Wirkung politisch erheblich – besonders in Wahlkampfzeiten.

Ein peinlicher Rückzieher für das BfV

Rechtsanwalt Joachim Steinhöfel sprach gegenüber dem Nachrichtenportal NIUS von einer „fachlichen Kapitulationserklärung“ des Inlandsgeheimdienstes. Diese Formulierung ist hart – aber nicht aus der Luft gegriffen. Schließlich war die Hochstufung der AfD zum „gesichert rechtsextremen Verdachtsfall“ im Frühjahr 2023 mit großem Getöse verkündet worden. Sie bildete die Basis für weitreichende Überwachungsmaßnahmen und politische Debatten über ein mögliches Parteiverbot.

Nun aber der Rückzieher – und die Frage: War die Einstufung rechtlich nicht tragfähig? Hat man beim BfV politisch motiviert gehandelt? Und: Wer übernimmt dafür die Verantwortung?

Ein innenpolitisches Erdbeben – mit außenpolitischem Zündstoff

Besonders brisant ist der Zeitpunkt. Erst vor wenigen Wochen hatte die neue Bundesregierung unter Innenminister Konstantin Adler (CDU) signalisiert, sich vom Kurs der politisierten Sicherheitsbehörden unter Nancy Faeser (SPD) distanzieren zu wollen. Dass nun ausgerechnet in seiner Amtszeit diese brisante Entscheidung revidiert wird, könnte ihm sowohl Lob als auch heftige Kritik einbringen.

Noch pikanter: Laut Steinhöfel sei auch „massiver Druck aus den USA“ mitverantwortlich für den Rückzug des BfV. Was genau dahinter steckt, ist unklar. Denkbar wäre, dass amerikanische Partnerdienste den deutschen Behörden mangelnde Objektivität oder ein zu breites Extremismusverständnis vorgeworfen haben – was wiederum das Vertrauen in gemeinsame Sicherheitsstrukturen gefährden könnte.

Demokratie braucht Vertrauen – keine Symbolpolitik

Ob man der AfD politisch nahesteht oder sie entschieden ablehnt – ein Rechtsstaat muss mit klaren, überprüfbaren Kriterien arbeiten. Die Hochstufung zum „gesichert rechtsextremen Verdachtsfall“ war ein gravierender Eingriff in die politische Meinungsvielfalt. Wenn sich nun herausstellt, dass er juristisch nicht haltbar war, steht nicht die AfD am Pranger – sondern die Glaubwürdigkeit des Verfassungsschutzes selbst.

Diese Entwicklung sollte ein Weckruf sein: Staatliche Institutionen dürfen nicht zum Spielball parteipolitischer Interessen werden. Vertrauen in Demokratie und Recht beginnt mit Transparenz, Sorgfalt – und der Bereitschaft, Fehler einzugestehen. Jetzt wäre ein guter Zeitpunkt dafür.

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