Pflichtfach Ethik: Fortschritt oder Verdrängung religiöser Bildung?

Der Tiroler SPÖ-Bildungssprecher Benedikt Lentsch schlägt Ethik als Pflichtfach an heimischen Schulen vor, denn es sei wichtig für Demokratiebildung und Integration. Gegenwärtig Ersatz nach Abmeldung vom Religionsunterricht, könne Ethik auch Pflichtgegenstand sein – und zwar für alle Schülerinnen und Schüler.
„Werte sind zentral für ein funktionierendes, respektvolles Zusammenleben. Junge Menschen müssen ohne Scheuklappen diskutieren und voneinander lernen dürfen. Ethik-Unterricht bietet dafür die ideale Möglichkeit. Diese Chance müssen wir nutzen! Ethik-Unterricht ist auch von unschätzbarem Wert, wenn es um die Demokratiebildung, um gegenseitiges Verständnis geht – und könnte ebenso viel zu einer gelingenden Integration beitragen“, so Benedikt Lentsch, Bildungssprecher der SPÖ Tirol, in einer Aussendung.
Und der Religionsunterricht?
Doch so berechtigt die Forderung nach einem flächendeckenden Ethikunterricht auch sein mag – sie wirft zwangsläufig die Frage auf, welchen Stellenwert der Religionsunterricht künftig noch haben soll. Wenn Ethik zum Pflichtfach wird, könnte religiöse Bildung zur Randerscheinung schrumpfen – optional, fakultativ, vielleicht sogar entbehrlich. Schon jetzt ist der Besuch des Ethikunterrichts für jene vorgesehen, die sich vom Religionsunterricht abgemeldet haben. Eine allgemeine Verpflichtung für alle könnte diesen Trend verstärken und langfristig zur Marginalisierung religiöser Perspektiven führen.
Religion als kultureller und ethischer Anker
Dabei ist auch der Religionsunterricht ein Ort der Wertebildung. Er vermittelt nicht nur Glaubensinhalte, sondern auch ethische Orientierung, historische Zusammenhänge und kulturelles Erbe. Gerade in einer Zeit, in der Religion immer mehr in den Hintergrund rückt, könnte eine vollständige Verdrängung des Religionsunterrichts zu einem gefährlichen Verlust an Kultur führen.
UT24 hat nachgefragt
Um der Sache auf den Grund zu gehen, wie sich die SPÖ Tirol eine solche Einführung des Ethikunterrichtes vorstellen würde, hat UT24 Kontakt mit der Partei aufgenommen. So heißt es in der Antwort:
Prinzipiell glauben wir, dass Ethik- und konfessioneller Religionsunterricht an unseren Schulen koexistieren können. Unser Vorschlag hat so nicht zwangsläufig die Abschaffung des Religionsunterrichts zum Ziel als vielmehr die Stärkung des Ethik-Unterrichts, der in Österreich zumeist nur Schülerinnen und Schülern zuteil wird, die sich vom Religionsunterricht abgemeldet haben beziehungsweise sich als konfessionslos erklären.
Hier sehen wir viel Potential und mehrere Möglichkeiten, dieses Potential abzuholen – beispielsweise die Etablierung des Ethik-Unterrichts als „Standardfach“, an dessen Stelle nach Abmeldung wiederum der konfessionelle Religionsunterrichts treten könnte, also quasi eine Umkehrung der momentanen Praxis.
Aus Gesprächen mit Pädagoginnen und Pädagogen, aber auch Schülerinnen und Schüler wissen wir, dass es hier diverse Vorschläge gibt, die es unserer Ansicht nach verdienen, gesellschaftlich breit diskutiert zu werden. An dieser Diskussion wollen wir uns weiterhin konstruktiv beteiligen und Verbesserungen fördern, die den Schülerinnen und Schülern, den Lehrerinnen und Lehrern genauso wie dem ganzen Land zugutekommen.






