von ag 29.04.2025 09:00 Uhr

So steht es um Südtirols Ehrenamt – Landesrätin Pamer gibt Antworten

Das Ehrenamt spielt in Südtirol eine zentrale Rolle für das gesellschaftliche Zusammenleben. Zahlreiche Freiwillige engagieren sich tagtäglich in den verschiedensten Bereichen – von der sozialen Betreuung über den Katastrophenschutz bis hin zur Kultur und dem Sport. Doch trotz aller positiven Aspekte ist das Ehrenamt auch mit Herausforderungen konfrontiert. UT24 hat bei der zuständigen Landesrätin nachgefragt.

Foto: Ladins Schützen

Besonders in Südtirol hat das Ehrenamt eine lange Tradition und einen hohen Stellenwert. Es fördert den sozialen Zusammenhalt, stärkt das Gemeinschaftsgefühl und bietet vielen Menschen eine sinnstiftende Tätigkeit.

Doch trotz aller positiven Aspekte ist das Ehrenamt auch mit Herausforderungen konfrontiert. In den letzten Jahren haben sich viele Vereinsverantwortliche zunehmend über die wachsende Bürokratie und die komplexen staatlichen Vorschriften beklagt. Anträge oder Steuerfragen stellen insbesondere kleinere Vereine vor große Hürden.

Im folgenden Interview spricht die zuständige Landesrätin für das Ehrenamt Rosmarie Pamer über die Bedeutung freiwilligen Engagements in Südtirol, aktuelle Herausforderungen und darüber, welche Maßnahmen das Land setzt, um Vereine und ehrenamtlich Tätige zu entlasten und zu fördern.

  • Rosmarie Pamer

UnserTirol24: Frau Landesrätin, wie würden Sie den aktuellen Zustand des Ehrenamts in Südtirol beschreiben?

Landesrätin Rosmarie Pamer: Das Ehrenamt und die Freiwilligenarbeit sind tragende Säulen der Südtiroler Gesellschaft, sie haben im Land eine lange Tradition und sind Teil unserer DNA. Mehr als 150.000 Südtirolerinnen und Südtiroler sind ehrenamtlich engagiert – fast jede oder jeder Dritte im Land. Diese Solidarität und dieser Einsatz tragen dazu bei, unsere Gesellschaft zusammenzuhalten. Seit ich im Februar 2024 Landesrätin geworden bin, war ich sehr viel im Land unterwegs und habe mich bei verschiedensten Gelegenheiten mit Vertreterinnen und Vertretern ehrenamtlicher Vereine und Verbände getroffen. Dabei habe ich eine sehr positive Grundstimmung gespürt. Sicher, wir wissen auch, dass Corona dem Ehrenamt zum Teil nicht gut getan hat, gar einige Vereine haben Mitglieder verloren, andere wurden in ihrer Tätigkeit eingeschränkt. Ich habe aber bei meinen Zusammenkünften und Besuchen im ganzen Land gesehen, dass sich die Vereine sehr gut erholt haben, dass deren Vertreterinnen und Vertreter sehr zuversichtlich sind und bereit, aktiv weiterzuarbeiten. In den vergangenen Jahren hat es zudem wieder zahlreiche neue Vereinsgründungen gegeben, allein das Dienstleistungszentrum für das Ehrenamt DZE hat 2023 77 Neugründungen begleitet, 2024 waren es sogar 82 und 2025 bisher 22. Im Gegenzug haben 2023 rund 22 Vereine ihre Tätigkeit aufgegeben, 2024 17 – und von diesen 39 Vereinen haben rund drei Viertel angegeben, dass sie dies wegen des Todes oder einer schweren Erkrankung des Präsidenten, der Präsidentin oder von Vorstandsmitgliedern tun, lediglich fünf wegen administrativer Hürden.

UT24: Gibt es eine spürbare Zurückhaltung, ehrenamtliche Leitungen zu übernehmen – vielleicht aus Angst vor Haftung oder Überforderung?

Pamer: Bei Neuwahlen der Vereinsvorstände gibt es immer wieder Diskussionen über Vorsitz oder Haftung, das weiß ich. Ich weiß aber ebenso, dass mit einem guten Statut und einer guten Versicherung vieles geregelt werden kann. Die verschiedenen Verbände und das DZE leisten in diesem Bereich eine sehr gute Arbeit und stehen den Vereinen zur Seite, wenn es Unterstützung braucht.

UT24: Gibt es politische Initiativen oder Gespräche mit Entscheidungsträgern, um die Situation zu verbessern?

Pamer: Wir haben das neue Landesgesetz zum Ehrenamt fertig geschrieben; dieses wird vor allem kleine Vereine von bürokratischen Auflagen entlasten, welche die staatliche Reform des Dritten Sektors mit sich gebracht hat. Zentraler Punkt des Gesetzes ist die Einführung eines Landesverzeichnisses der ehrenamtlichen Vereine, das digital geführt werden wird – die Eintragung in dieses neue Verzeichnis wird einfach sein, genauso eventuelle Änderungen. Für die Eintragung müssen gemeinnützige Organisationen vorwiegend Tätigkeiten von allgemeinem Interesse durchführen und dürfen keine Gewinnabsichten haben. Vorteile der Eintragung ins Landesverzeichnis sind wirtschaftliche Vergünstigungen und der Zugang zu Beiträgen, zudem eine Entbürokratisierung bei Beitragsansuchen. Zudem gibt es Steuererleichterungen im Zuständigkeitsbereich des Landes oder der Gemeinden. Weiters vorgesehen sind Vorteile auf lokaler Ebene, etwa die unentgeltliche oder vergünstigte Nutzung von Vereinslokalen und anderen Räumlichkeiten.

Unser Gesetz baut u.a. auf den Ergebnissen eines breit angelegten Konsultationsprozesses mit Vereinen, Verbänden und anderen Organisationen auf. Da das Landesgesetz mit dem gesamtstaatlichen Regelwerk stimmig sein muss, habe ich den Text kürzliche mit der zuständigen Stelle in Rom besprochen. Nun warten wir auf ein Gutachten des Rates der Gemeinden, dann wird der Gesetzentwurf in der Landesregierung behandelt und anschließend an den Landtag übermittelt, der das Gesetz schließlich beschließen muss.

UT24: Was würden Sie den Ehrenamtlichen in Südtirol für die Zukunft mit auf dem Weg geben?

Pamer: Ich bin sehr stolz darauf, dass wir in Südtirol auf ein derart kapillares und flächendeckendes System von freiwillig Tätigen bauen können, die ihre Freizeit für die Allgemeinheit investierten: in Rettungs- und Zivilschutzorganisationen, bei kulturellen Vereinen wie Musikkapellen oder Volkstanzgruppen, in sozialen Vereinigungen u.a.m. All diesen Menschen möchte ich von Herzen für ihr Engagement danken und sie bitten, dies auch weiterhin mit so viel Leidenschaft und Energie zu tun.

Außerdem möchte ich alle, die noch nicht ehrenamtlich tätig sind, dazu aufrufen, den Schritt in einen Verein zu tun und Freiwilligenarbeit zu leisten. Ein Ehrenamt ist sehr bereichernd, das kann ich aus eigener Erfahrung sagen. Und in den kommenden Jahren gehen sehr viele Südtirolerinnen und Südtiroler in Rente, die noch sehr rüstig sein werden. An sie ganz besonders – aber nicht nur – mein Appell: Bringt euch ein, tragt zu einer solidarischen Gesellschaft bei, wir sind in vielen Bereichen auf eure Unterstützung angewiesen. Viele Dienstleistungen werden künftig ohne Ehrenamtliche kaum umsetzbar sein.

Als zuständige Landesrätin werde ich mich mit aller Kraft dafür einsetzen, dass die ehrenamtlich tätigen Vereine, Verbände und Organisationen im Land so weit als möglich von Bürokratie entlastet werden und die Vorgaben, die es braucht, so einfach und klar als möglich sind. Ich bin überzeugt davon, dass uns das mit dem neuen Gesetz gelungen ist und das Ehrenamt somit gestärkt wird.

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