von gk 29.04.2025 12:00 Uhr

„Dein blauer Bauernschurz widert mich an!“

Am 18. Juli 1961 hatte die Stunde der Verhaftung für den 31-jährigen Bauern Viktor Thaler aus Tramin geschlagen. Auch er schrieb einen Folterbericht an die Südtiroler Volkspartei.

Viktor Thaler bei seiner Vorführung vor Gericht (Bild: Effekt Verlag).

Ich möchte hiermit eine kurze und sachliche Schilderung über die Verhaftung und darfolgende Vernehmungen bei der Polizei, (Carabinieri) machen.

Ich wurde am 18. 7. 1961 ungefähr um 5 Uhr Morgens aus meinen Bett rausgeholt, wo drei Polizisten mit angeschlagener Maschinenpistole mich aufforderten mitzugehen, auf meiner Frage wohin, haben sie mir ein paar heruntergehauen, wie ich mich abwaschen wollte haben sie, wieder angefangen, dreinzuschlagen, und einer sagte, Du bist mir Simpathisch, um wieder auf neu loszuschlagen, daß wahr bei mir Zuhause in der Küche, als sie den Gekreuzigten in der Ecke sahen fingen sie an über unseren Glauben zu schimpfen, daß es nimmer höher ging, nachher prachten sie mich nach Eppan zur Carabinieri Kaserne.

Das erste wahr das sie (immer Carabinieri) mir den blauen Schurz vom Leibe rissen, mit den Worten (cuesto mi fa Scivo) (Anm.:  „questo mi fa schifo“ – „das ekelt mich an“) dann brachten sie mich in einer Kammer und warfen mir Sprengungen vor, von welchen ich keine Ahnung hatte, dann rissen sie mir die Hose runter, knöpften mir die Joppe zu und wieder fingen sie an zu schlagen.

Es wahren über ein halbes dutzend von Carabinieri bei Kopf fingen sie an, bis zu Unterleib, ungefähr 2 bis 4 Stunden, die Drohungen die sie Aussprachen, erinnere ich mich nicht mehr an alle, nur einige werde ich mein Leben lang nicht vergessen, darunter (Du deine ganze Familie, ja die ganzen Südtiroler, gehörten auszurotten) daraufhin unterschrieb ich ein Protokoll, daß in Italienischer Sprache geschrieben war, obwohl ich diese Sprache nicht behersche, unter diesen Umständen hätte ich alles unterschrieben, waß sie mir vorwarfen.

Als ich schon in Bozen im Gerichtsgefängnis wahr holten sie mich, mit anderen nach Eppan, wo sie uns die ganze Nacht drohten, Tags darauf brachten sie uns nach Neumarkt, zur gegenüberstellung mit Kurtatscher, dann brachten sie mich wieder nach Bozen ins Gefängnis, wo ich bis heute auf meiner Freiheit warte, leider vergebens, obwohl es schon über ein halbes Jahr ist, daß ich Verhaftet wurde.

Gerichtsgefängnis Bozen, am 28. 1. 1962
Thaler Viktor

(Wörtliche Wiedergabe des Originalbriefes. SVP-Archivalien, Südtiroler Landesarchiv Bozen)

Der obige Auszug stammt aus dem Buch „Für die Heimat kein Opfer zu schwer“ von Dr. Helmut Golowitsch.

Golowitsch, Helmut: Für die Heimat kein Opfer zu schwer. Folter-Tod-Erniedrigung. Südtirol 1961-1969. Edition Südtiroler Zeitgeschichte: Deutschland: Druckerei Brunner. 2009. ISBN: 978-3-941682-00-9.

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