von Alexander Wurzer 10.03.2025 17:00 Uhr

Alte Tirolensien neu gelesen (Teil 46)

Das Buch Hitlerzeit im Villgratental: Verfolgung und Widerstand in Osttirol von Johannes E. Trojer, herausgegeben von Hans Augustin, beleuchtet die nationalsozialistische Vergangenheit des Villgratentals. Es beinhaltet zudem die Verfolgung von Minderheiten und den Widerstand gegen das Hitler-Regime in dieser abgelegenen Region. Der Autor bietet dem Leser mehr als detaillierte Einblicke in die lokale Geschichte während des Zweiten Weltkriegs und dokumentiert auf höchst anschauliche Weise das Schicksal der Menschen in dieser Zeit. Eine Rezension von Andreas Raffeiner.

Johannes E. Trojer, Hitlerzeit im Villgratental. Verfolgung und Widerstand in Osttirol, hrsg. von Hans Augustin (Brennertexte, Bd. 1), Innsbruck 1995.

Vorgeschichte

Der 1991 verstorbene Johannes E. Trojer, seines Zeichens ein renommierter Forscher der Osttiroler Geschichte, widmet sich in der zu rezensierenden Publikation der umfassenden Aufarbeitung der NS-Zeit im Villgratental. Durch die Herausgabe von Hans Augustin wird das Werk in einen wissenschaftlichen Kontext gestellt und bietet einen tiefen Einblick in die spezifische Ausprägung der „braunen Epoche“ im Bezirk Lienz, der unmittelbar nach dem Anschluss Österreichs zum Gau Kärnten geschlagen wurde.

Verfolgung im Villgratental

Die Studie geht intensiv auf die Verfolgung von Einzelpersonen und Gruppen im Villgratental ein, die von den Nationalsozialisten als „Staatsfeinde“ betrachtet wurden. Folglich werden die verschiedensten Mechanismen der Repression, wie beispielsweise die Denunziation, aber auch die brutalen Strafen gegenüber Regimegegnern beleuchtet. Als besonders herausragend ist die Betrachtung des lokalen Widerstands, der sowohl auf individueller Ebene als auch durch kleine Gruppen organisiert war, zu bezeichnet. Trojer dokumentiert, ausgestattet mit einer sehr empathischen Feder, auch die Auswirkungen des Zweiten Weltkriegs auf die Dorfgemeinschaften und deren Rollenbilder im globalen Konflikt.

Systematik der NS-Herrschaft

Im zweiten Hauptkapitel widmet sich der Verfasser der Frage, wie der Nationalsozialismus im Villgratental implementiert wurde und welche spezifischen Maßnahmen ergriffen wurden, um die lokale Bevölkerung zu unterdrücken und kontrollieren. Dabei wird deutlich, dass das Tal sowohl als Rückzugsort für Regimegegner, aber auch als Gebiet für die Durchsetzung von NS-Ideologien diente. Trojer nutzt unterschiedliche Quellen, darunter lokale Zeitzeugenberichte und archivalische Materialien, um ein umfassendes Bild dieses dunklen Zeitalters zu zeichnen.

Chronik als ergänzendes Element

Die Chronik am Ende des Buches stellt eine sehr wertvolle Ergänzung zur Analyse dar, da sie eine detaillierte Jahr-für-Jahr-Niederschrift bedeutsamer und wegweisender Begebenheiten und Wendepunkte während der NS-Zeit im Villgratental liefert. Diese Aufzeichnung stellt keinesfalls bloß geschichtliche Fakten dar, sondern gibt dem Leser auch ein tieferes Einfühlungsvermögen für das Alltagsleben der Menschen und die Herausforderungen des Widerstands.

Trojers Werk, das auch einen biografischen Abriss von Martin Kofler (S. 5–12) und eine Edition von Erika Wimmer (S. 13– 16) beinhaltet, ist ein bemerkenswerter Beitrag zur lokalen und regionalen Geschichte Osttirols während der Nazi-Zeit. Erika Wimmer (S. 149–166) beleuchtet das Leben und Arbeiten im Tal; abgerundet wird das Werk mit der Nachlassbeschreibung und der Bibliografie Trojers aus der Feder von Ingrid Fürhapter (S. 167 ff.)

Fazit

Das zu besprechende Buch bietet in der Summe nicht nur eine ausführliche Analyse der Verfolgung und des Widerstands, sondern ist auch eine beeindruckende Sammlung von Quellenmaterial, das die individuelle und kollektive Erfahrung im Villgratental bezeugt. Besonders zu unterstreichen ist die Art und Weise, wie Trojer komplizierte historische Thematiken verständlich und für alle zugänglich aufbereitet.

Von Andreas Raffeiner

—————————

Johannes E. Trojer, Hitlerzeit im Villgratental. Verfolgung und Widerstand in Osttirol, hrsg. von Hans Augustin (Brennertexte, Bd. 1), Innsbruck 1995.

Jetzt
,
oder
oder mit versenden.

Es gibt neue Nachrichten auf der Startseite