Ist Südtirol in Sachen Tourismus am Limit? – UT24 fragt nach

Der Tourismus ist das wirtschaftliche Rückgrat Südtirols, doch die steigenden Besucherzahlen hinterlassen Spuren. Überfüllte Wanderwege, Verkehrschaos und eine zunehmende Belastung für Natur und Bevölkerung sorgen für Diskussionen. Auch der Zusammenschluss von mehreren Tourismusverbänden im Eisacktal zur Marke „Brixen Dolomites“ sorgte für heftige Kritik. Von Markenschwindel war sogar die Rede.
Um Antworten und Meinungen einzuholen, hat UT24 den Präsidenten des Alpenvereins Südtirol kontaktiert. AVS-Präsident Georg Simeoni schickt dabei voraus, dass der Tourismus für viele Südtiroler Wohlstand und Arbeit gebracht habe und hoffentlich noch weiterhin bringen wird – nur gelte es hier einen radikalen Paradigmenwechsel zu vollziehen.
AVS-Präsident Georg Simeoni – Foto: AVSÂ
UnserTirol24: Herr Simeoni, ist Südtirol in Sachen Tourismus am Limit?
Georg Simeoni, Präsident des AVS: Ich denke, dass die Art des von einigen wichtigen Exponenten propagierten Tourismus am Limit ist: der durch den unheilvollen Sondertitel UNESCO DOLOMITEN WELTERBE angekurbelte Tourismus ist sicher für einige Gegenden in Südtirol nicht mehr tragbar, während er für andere wenige Gebiete immer noch ein Wunschtraum ist. Ich spreche hier hauptsächlich den Tagestourismus an, der auch die erholungssuchenden Gäste aus dem In- und Ausland langsam vertreibt.
UT24: Berge und Natur leiden unter den Massenandrang. Welche konkreten Schäden verursacht der Massentourismus an Südtirols Bergen, Wäldern und Seen? Gibt es Daten oder Studien dazu?
Simeoni: Ob es Studien zu Schäden gibt, entzieht sich meiner Kenntnis. Ich kann nur feststellen, dass der Massentourismus in einigen Gegenden sicher Spuren und Schäden in der Landschaft und Natur gebracht hat und weiterhin noch bringen wird. Denken wir nur an die schier unersättliche Erschließung unserer Berge durch Aufstiegsanlagen, Schipisten, Speicherbecken, neue Straßen, Megahotels der Superklasse usw..
UT24: Einige Tourismusverbände im Eisacktal haben sich kürzlich zusammengeschlossen. Wie steht der AVS zu solchen touristischen Werbestrategien? Besteht die Gefahr noch mehr Leute anzulocken?
Simeoni: Ich glaube kaum, dass es noch mehr Werbung braucht, zumindest nicht in der vorgezeigten Form; es sollte vielmehr eine gezielte Werbung mit Natur und Landschaft gemacht werden, die die erhofften Gäste zu einem längeren Aufenthalt in Südtirol animiert, um sich dort wirklich vom Alltagsstress erholen zu können.
UT24: Handelt es sich vielleicht sogar um einen Markenschwindel, da sich die betroffenen Tourismusverbände nicht einmal direkt in den Dolomiten befinden?
Simeoni: Die letzte Werbeinitiative der Eisacktaler Tourismusorganisationen ist meines Erachtens sicher ein Markenschwindel! Geographisch gesehen hat das Eisacktal nichts mit den Dolomiten zu tun. Als Neumarkter z.B. sehe ich zwar auch den Kalterer See, mir würde aber nie einfallen, mit dem Kalterer See für Neumarkt Werbung zu betreiben.






