Agri-Photovoltaik: Zukunftsmodell für Südtirol?

Landwirtschaft und erneuerbare Energie auf einer Fläche
Die Idee hinter der Agri-Photovoltaik ist bestechend einfach: Auf derselben Fläche werden Lebensmittel und erneuerbare Energie produziert. Doch die Umsetzung ist komplex. „Pflanzen brauchen Sonnenlicht, Photovoltaikanlagen ebenso“, erklärte David Moser von Eurac Research und betonte das enorme Potenzial dieser Technologie.
Laut seinen Berechnungen könnten EU-weit auf nur einem Prozent der Ackerfläche bis zu 700 Gigawatt (GW) elektrische Leistung installiert werden. In Südtirol wären allein auf 900 Hektar Obstwiesen bis zu 550 Megawatt (MW) möglich.
Chancen und Herausforderungen
Der Ausbau der Dachflächen-Photovoltaik schreitet nicht schnell genug voran, um die ambitionierten Klimaziele zu erreichen. Deshalb wird in Südtirol an einem Vorschlag gearbeitet, der Rahmenbedingungen für die Agri-Photovoltaik festlegen soll.
„Geplant ist, dass Photovoltaikanlagen nur auf Obstanbauflächen mit geringer Hangneigung im Talboden erlaubt werden“, erklärte Andreas Mayr vom Südtiroler Bauernbund. Sensible Flächen sollen ausgenommen bleiben, um die landschaftlichen Auswirkungen gering zu halten.
Energie- und Umweltlandesrat Peter Brunner betonte die Notwendigkeit einer Photovoltaik-Offensive, um die Klimaziele zu erreichen. Dabei sei die Akzeptanz in der Bevölkerung entscheidend. In Zusammenarbeit mit dem Bauernbund soll bald ein Leitfaden mit konkreten Vorgaben entstehen.
Pilotprojekt in Laimburg
Um die Auswirkungen auf die landwirtschaftliche Produktion besser zu verstehen, wird am Versuchszentrum Laimburg eine Pilotanlage errichtet. Landwirtschaftslandesrat Luis Walcher sieht darin einen wichtigen Schritt, um die Wechselwirkungen zwischen Photovoltaikanlagen und Obstbau zu erforschen. „Die Landwirtschaft bleibt im Vordergrund, aber die Energiegewinnung kann eine sinnvolle Ergänzung sein“, so Walcher.
Reinhard Dissertori, Bezirksobmann des Bauernbundes im Unterland, unterstrich die Bedeutung von Innovationen in der Landwirtschaft, mahnte aber auch, dass der wirtschaftliche Mehrwert bei den Grundbesitzern bleiben sollte und nicht bei Investoren.
Potenzial und offene Fragen
Die Agri-Photovoltaik bietet zahlreiche Vorteile: Durch die teilweisen Beschattungseffekte könnten Wasserbedarf und Pflanzenschutzmittelverbrauch reduziert werden. Gleichzeitig bleibt abzuwarten, wie sich die Erträge entwickeln. Erste Studien zeigen eine Bandbreite von kaum merklichen Auswirkungen bis hin zu Ertragseinbußen von bis zu 50 Prozent. „Hier liefert unser Pilotprojekt wertvolle Erkenntnisse“, sagte Martin Thalheimer vom Versuchszentrum Laimburg.
Neben den technischen Fragen stehen auch wirtschaftliche und rechtliche Aspekte im Raum. Pascal Vullo, Energieexperte des Südtiroler Bauernbundes, betonte die Notwendigkeit einer ausgewogenen Abwägung zwischen landwirtschaftlicher Produktion und Klimaschutz. Energiegemeinschaften könnten hier eine Rolle spielen, um eine Win-Win-Situation zu schaffen.
Gemeinsame Vision für die Zukunft
Der Workshop endete mit einer interaktiven Zukunftswerkstatt, bei der die Teilnehmer gemeinsam Visionen für die Agri-Photovoltaik in Südtirol entwickelten. Die Veranstaltung, organisiert vom Südtiroler Bauernbund, Eurac Research und der SBB-Weiterbildungsgenossenschaft, zeigte: Das Interesse ist groß, die Herausforderungen sind bekannt – nun braucht es mutige Entscheidungen für eine nachhaltige Zukunft.






