Tag der Menschen mit Behinderungen: Süd-, Nord- und Osttirol setzen auf Inklusion

Österreichweit einzigartiger Jugendbeirat in Tirol
Petra Flieger, Koordinatorin des Jugendbeirats des Tiroler Monitoringausschusses, betont: „Kinder und Jugendliche mit Behinderungen erleben auf ihrem Bildungs- und Berufsweg immer noch viele, oft unüberwindbare Hürden. Nur wenn Kinder und Jugendliche mit Behinderungen frühzeitig unterstützt und eingebunden werden, schaffen wir die Basis für eine inklusive Gesellschaft.“ Um die Mitsprache und Teilhabe von jungen Menschen beim Tiroler Monitoringausschuss sicherzustellen, wurde vor knapp sechs Jahren der Jugendbeirat des Tiroler Monitoringausschusses eingerichtet – ein Gremium, das ein Sprachrohr für die Perspektiven von Jugendlichen mit Behinderungen darstellt und in dieser Form österreichweit einzigartig ist.
Bei den monatlichen Arbeitstreffen setzen sich die Mitglieder des Jugendbeirats mit zentralen Themen wie Ausbildung und Arbeit sowie Gleichstellung und Barrierefreiheit auseinander. Der Jugendbeirat bearbeitet auch Anfragen des Tiroler Monitoringausschusses und – aufgrund seiner Sonderstellung – immer wieder externe Anfragen. So präsentieren die Mitglieder etwa Themen aus Sicht junger Menschen mit Behinderungen oder wirken bei Studien mit.
Zuletzt fand eine Kooperation mit „bidok“, der Plattform für Informations- und Wissensvermittlung statt, die am Institut für Erziehungswissenschaften der Universität Innsbruck verortet ist. Die Mitglieder des Jugendbeirats absolvierten einen Schreibworkshop von „bidok“. Die dort entstandenen Text wurden in der aktuellen Ausgabe des Hefts „Lesezeichen“ veröffentlicht, das den Titel „Mein Weg in die Arbeits-Welt“ trägt. Dabei setzen sich die Jugendlichen mit den Themen Arbeit und Beschäftigung auseinander und berichten von ihren Erfahrungen in Praktika und bei der Arbeitssuche.
Die Mitglieder des Jugendbeirats des Tiroler Monitoringausschusses beim Schreibworkshop von „bidok“ in einem Seminarraum der Universität Innsbruck. (© bidok/Lukas Kindl)Â
Südtirol: „Teilhabe und Inklusion von Menschen mit Behinderungen stärken“
Auch das Südtirol begleitet Menschen mit Behinderungen, mit psychischen Erkrankungen und Abhängigkeitserkrankungen über ein integriertes, umfassendes System vernetzter Betreuung. „Wir wollen nicht nur punktuelle Hilfe anbieten, sondern in allen Lebensbereichen unterstützend tätig sein“, sagt Landesrätin Rosmarie Pamer. Ihr sei es, nicht nur anlässlich des Internationalen Tages der Menschen mit Behinderung wichtig, das Angebot weiter auszubauen: In den kommenden fünf Jahren werden über 100 neue Wohnplätze dazukommen, 2024 kamen zwei neue Dienste für Arbeitsbeschäftigung dazu und weitere Geldmittel sind für die Förderung der Anstellung von Menschen mit Behinderungen bei öffentlichen Körperschaften vorgesehen.
Menschen mit Behinderungen müssen gleichberechtigt an der Gesellschaft, am Alltag teilhaben, sind sich die Landesrätin und Verena Moser, Direktorin des Amtes für Menschen mit Behinderungen, einig. „2023 wurden 38 Wohngemeinschaften und Wohnhäuser von 337 Nutzern in Anspruch genommen. Das Angebot von Kurzeitpflege wurde von 52 Menschen mit Behinderungen genutzt. Heuer wurden 17 neue Wohnplätze in Bozen und Sterzing geschaffen, in den kommenden Jahren bauen wir dieses Angebot weiter aus“, sagt Moser und ergänzt: „Es geht auch darum, ein eigenständiges, möglichst autonomes Leben in der eigenen Wohnung zu fördern. Dabei unterstützen die sozialpädagogische Wohnbegleitung und die Hauspflege.“
964 Menschen waren 2023 in Diensten zur Arbeitsbeschäftigung und sozialpädagogische Tagesstätten tätig. Diese werden vor allem von öffentlichen Trägerkörperschaften geführt, wie die Werkstatt KIMM in Kardaun in der Gemeinde Karneid. Erfahrungen auf dem Arbeitsmarkt sind auch über individuelle Vereinbarungen zur Arbeitsbeschäftigung möglich.
„Teilhabe und Mitbestimmung sind Messgrößen für die Qualität eines demokratischen Systems. Demokratie lebt von Vielfalt – Entscheidungen aus unterschiedlichen Perspektiven zu treffen, bedeutet, Diskriminierung vorzubeugen und die Lebensqualität für alle zu verbessern. Dies umzusetzen, ist mir ein politisch wichtiges Anliegen“, hebt Landesrätin Pamer hervor.
Die Produkte, die in der Werkstätte KIMM hergestellt werden, kann man im hauseigenen Verkaufsladen erwerben. (Foto: LPA/Hannes Wisthaler)
Arbeitsintegration von Menschen mit Behinderungen in Südtirol: Der Bericht
Über den Stand der Arbeitsintegration von Menschen mit Behinderungen in Südtirol haben Arbeitslandesrätin Magdalena Amhof und Magdalena Oberrauch, Direktorin des Amtes für Arbeitsmarktintegration informiert: Am 31. Dezember 2023 waren 2.125 Menschen mit Behinderung in Südtirol bei privaten und öffentlichen Arbeitgebern beschäftigt; weitere 3.200 Stellen im Rahmen der sogenannten „Pflichtquote“ für Menschen mit Behinderungen sind derzeit unbesetzt. 1.627 Personen wurden in den vergangenen zehn Jahren mithilfe gezielter Maßnahmen des Amtes für Arbeitsmarktintegration vermittelt, davon 209 allein im Jahr 2023.
Während 70 Prozent der angemeldeten Personen direkt vermittelt werden konnten, waren in rund 30 Prozent der Fälle berufliche Eingliederungsmaßnahmen oder Weiter- und Umschulungen nötig.Stand vergangenen August sind 432 Personen in die Listen für eine gezielte Arbeitsvermittlung eingetragen, davon sind knapp die Hälfte über 50 Jahre alt.Â
Insbesondere bei Menschen mit psychischen oder kognitiven Beeinträchtigungen erfolgt die Eingliederung in den Arbeitsmarkt häufig schrittweise und durch Begleitung der Arbeitnehmer und der Betriebe. Dazu werden individuelle Vereinbarungen zur Arbeitseingliederung abgeschlossen. 71 Prozent der so eingestellten Personen sind nach zehn Jahren immer noch beim selben Arbeitgeber beschäftigt. Bei Menschen, die direkt vermittelt wurden, trifft dies nur in 28 Prozent der Fälle zu. Dies belege auch die Wirksamkeit von Arbeitsmarktpolitik, die passgenaue Vermittlung und stabile Arbeitsverhältnisse als Kernaufgabe habe, sind Amhof und Oberrauch überzeugt.






