Zukunft Wohnen in Südtirol

Die Veranstaltung fand im Gebäude der Progress Group in Brixen statt, ein Unternehmen, welches Anlagen, Maschinen und Software für Betonfertigteilwerke produziert. Im großen Konferenzraum hieß Geom. Heinrich Ferretti, Direktor der VSF, dutzende Geometer, Techniker und Immobilienmakler herzlich willkommen. Das zahlreiche Publikum bestätigte, dass das Thema Wohnen in Südtirol aktueller denn je ist. Grund für die Organisation der zweitägigen Tagung ist, das Thema vollumfänglich zu beleuchten und zu diskutieren, da die Anliegen der VSF bei der öffentlichen Verwaltung oft nicht ganz ernst genommen werden. Trotz steter Inputs findet die Vereinigung nicht immer Gehör bei den Verantwortungsträgern.
Grußworte der Organisatoren
Dr. Peter Gliera, der VSF-Präsident, sprach in seinem Grußwort vom leistbaren Wohnen und dass speziell am zweiten Veranstaltungstag Modelle aus dem Ausland präsentiert und diskutiert werden. Er bedankte sich auch beim lvh sowie beim Baukollegium und der Handelskammer Bozen für die Zusammenarbeit bei der Veranstaltung.
Hannes Mussak, der Vize-Präsident des lvh, betonte die Wichtigkeit der Initiative der Tagung, deshalb gibt es auch die Unterstützung des Verbandes, da sich die Handwerker als ein Teil der Lösung im Zusammenhang mit der Wohnproblematik sehen. Zudem ergebe sich ein wichtiger Austausch.
Christian Egartner, Präsident des Baukollegiums Südtirol, erklärte, dass sich das Kollegium das leistbare Wohnen zum Jahresthema gemacht hat.
Dr. Alfred Aberer, Generalsekretär der Handelskammer Bozen, betonte, dass es für ihn zwei ausschlaggebende Themen zu diskutieren gebe und zwar das wirtschaftliche Ungleichgewicht und die Tatsache, dass eine Investition im Privatgebrauch mehr Wert als für die Öffentlichkeit erlangt.
Statistische Daten und Rahmenbedingungen
Im ersten Modul des Nachmittages ging Dr. Georg Lun, der Direktor des WIFO (Institut für Wirtschaftsforschung), auf statistische Daten und Rahmenbedingungen ein. Dabei betonte er, dass nur 28 Prozent der Südtiroler Grundfläche besiedelt ist, was einer Größe von 20.681 Hektar entspricht. Zudem gibt es in Südtirol mehr als 90.000 Einpersonenhaushalte, die in den vergangenen Jahren stark zugenommen haben. Daraus folgt, dass Südtirol im Verhältnis zur steigenden Bevölkerung mehr Wohnraum dafür braucht. Es sei eine Abwanderung von den ländlichen Gebieten in die Peripherie zu beobachten, da die meisten Arbeitsplätze vor allem in den Städten liegen.
Pro Jahr kommen in Südtirol etwa 2.500 Wohnungen dazu, welche im Durchschnitt 85,5 Quadratmeter groß sind und drei Zimmer aufweisen. Tendenziell gibt es in größeren Gemeinden eher kleinere Wohnungen zwischen 70 und 80 Quadratmeter, während im ländlichen Gebiet die Wohnungen zwischen 90 und 110 Quadratmeter groß sind.
Weiters zeigte Dr. Lun auf, dass es seit 2011 eine starke Zunahme von 23 Prozent an Nicht-Erstwohnungen gibt. Dies sei sehr stark auf die Airbnb-Tätigkeiten zurückzuführen. Gab es 2018 noch 3.165 Airbnb-Übernachtungen, so waren es 2022 bereits 8.908.
Wohnungsnot in Südtirol
Anschließend präsentierte Dr. Lun einige Daten im Zusammenhang von Gemeinden mit Wohnungsnot. Erstaunlicherweise leben 51 Prozent der Einwohner Südtirols in einer Gemeinde mit Wohnungsnot. In Bozen ist bereits jede dritte Wohnung eine Mietwohnung. Erschreckend ist das Beispiel der Gadertaler Gemeinde Corvara, wo nur 27 Prozent Erstwohnungen bestehen. Der Rest sind Nicht-Erstwohnungen, welche nochmals in Zweitwohnungen und Wohnungen für touristische Zwecke unterteilt werden.
Am Ende seines Vortrages warf der WIFO-Direktor drei Diskussionspunkte in den Raum: Wohnmöglichkeiten in zentralörtlichen Gemeinden am Standort der Ex-Kasernen oder beim Bozner Bahnhofsareal, Thema Airbnb und mögliche Einschränkung der touristischen Wohnungen und Thema ländlicher Raum mit seinen Arbeitsmöglichkeiten wie Co-Working, Home Office oder auch Ansiedlung von Unternehmen.
Gesetzliche Rahmenbedingungen
Nach einer wohlverdienten Pause nach all den Zahlen des WIFO ging es mit dem zweiten Modul weiter, welches sich mit den gesetzlichen Rahmenbedingungen befasste.
Zunächst referierte Rechtsanwalt und Bürgermeister der Gemeinde Ritten, Dr. Paul Lintner, über die IST-Situation in der Südtiroler Urbanistik. Dabei ging er auf das Landesgesetz Raum und Landschaft ein, welches bereits in kurzer Zeit elf Mal geändert wurde. Lintner erklärte die verschiedenen Bestimmungen fürs Bauen und betonte, dass Wohnbauzonen nicht einfach so erschaffen werden können, da es vorher einer Bedarfserhebung benötigt.
GIS als Instrument der Steuerpolitik
Dr. Christof Brandt, Vize-Präsident des Verbandes der Hauseigentümer (VHE), sprach anschließend über die Gemeindeimmobiliensteuer (GIS) und ihre Möglichkeit als Instrument der Steuerpolitik. Dabei betonte er, dass es sich bei der GIS um eine Vermögenssteuer handelt und dass mit ihren Einnahmen laufende Dienstleistungen der Gemeinde finanziert werden, wie beispielsweise Kindergärten. Mit dem Spielraum der Höhe der GIS habe jede Gemeinde die Möglichkeit, das Verhalten der Leute zu beeinflussen, so Brandt. So könnte man einen Wechsel von Kurzzeit- auf Langzeitmiete herbeiführen.
Preisentwicklungen des Wohnimmobilienmarktes in Südtirol
Am Ende des ersten Tagungstages referierte Dr. Alexander Benedetti von der Südtiroler Maklervereinigung und VSF-Vorstandsmitglied über die Preisentwicklungen des Wohnimmobilienmarktes in Südtirol. Dabei teilte er mit, dass der Durchschnittspreis für eine Immobilie zwischen sieben bis zwölf Euro pro Quadratmeter beträgt, während er in den Städten um die 15 Euro beträgt.
Am 22. November findet die Veranstaltung am selben Ort in Brixen seine Fortsetzung.






