Skifahren: Vom Volkssport zum Privileg der Reichen

Vom Familiensport zur Privatsache der Wohlhabenden
Wer in Südtirol aufgewachsen ist, kennt es: Die Begeisterung für den Winter, die leuchtenden Augen der Kinder beim ersten Schneefall und das gemeinsame Skifahren, das fester Bestandteil der Kindheit und Jugend war. Früher war Skifahren kein Luxus, sondern eine fast selbstverständliche Aktivität, die tief in der Kultur Südtirols verankert ist. Eltern nahmen ihre Kinder mit auf die Piste, Skikurse waren erschwinglich und zugänglich. Doch das Bild hat sich drastisch gewandelt.
Die Ticketpreise für Tageskarten haben eine Dimension erreicht, die für viele unvorstellbar ist. Am Kronplatz kostet eine Tageskarte zur Hauptsaison heute 77 Euro, nachdem der Preis vor nur zwei Jahren noch bei 69 Euro lag – eine Steigerung von über 11 Prozent. Das Skigebiet Reinswald ist ebenfalls teurer geworden, hier stieg der Preis für die Tageskarte von 44 auf 49,50 Euro, was einem Anstieg von über 12 Prozent entspricht. Solche Preissprünge machen das Skifahren für viele Südtiroler Familien schlichtweg unbezahlbar. Vor allem Familien, die finanziell ohnehin mit der Inflation zu kämpfen haben, müssen oft verzichten.
Die neuen Gäste: Touristen statt Einheimische
Die wirtschaftliche Strategie der Skigebiete scheint klar: Der Fokus liegt längst nicht mehr auf den Einheimischen, sondern auf den zahlungskräftigen Touristen aus dem Ausland. Internationale Besucher, die bereit sind, für ein „Winterwunderland-Erlebnis“ tief in die Tasche zu greifen, stehen im Mittelpunkt der Vermarktung. Ein Beispiel: Das Grödner Skigebiet „Dolomites Val Gardena“ lockt mit einer verführerischen Aktion für den frühen Winter. Vom 29. November bis 21. Dezember 2024 gibt es das „4 für 3“-Angebot: 4 Übernachtungen, 4 Tage Skipass und 4 Tage Skiausrüstung zum Preis von 3. Ein toller Deal – allerdings kaum für die Einheimischen gedacht, die immer öfter außen vor bleiben.
Statt Angebote für lokale Familien zu schaffen, investieren die Skigebiete in internationale Marketingkampagnen. Südtirol wird beworben wie eine Luxusdestination, die auf die großen Wintersport-Events und auf wohlhabende Reisende setzt. Die Folge: Südtiroler Familien, die sich einst ein Wochenende auf der Piste gönnten, haben heute kaum mehr eine Chance, sich diesen Traum zu erfüllen.
Verlust einer Kultur
Der kulturelle Verlust, den die Südtiroler durch die Preissteigerungen erleiden, ist tiefgreifend. Skifahren ist mehr als nur ein Sport – es ist Teil der lokalen Identität, ein Erlebnis, das Familien über Generationen hinweg verbindet. Auch heute noch möchten viele Eltern ihren Kindern das Skifahren beibringen oder sie in betreute Skikurse schicken, damit zumindest die Kinder ein Stück dieser Tradition kennenlernen können. Doch was fehlt, ist das gemeinsame Erlebnis als Familie. Skifahren wird zu einer Aktivität, die Kinder oft nur noch allein oder in Kursen erleben, während ein gemeinsamer Skitag kaum mehr finanzierbar ist.
Für die einheimische Bevölkerung fühlt sich die Entwicklung an, als würde die eigene Kultur verkauft und entfremdet – ein Gefühl der Entwurzelung, das viele bitter trifft. Was bleibt, ist die Frage: Gehört der Wintersport in Südtirol noch den Menschen, die hier leben?
Die Frage der Zukunft: Wem gehört der Skisport?
Für die Südtiroler steht viel auf dem Spiel. Die Frage, ob Skifahren künftig nur noch für Touristen und wohlhabende Gäste zugänglich sein wird, ist eine Frage der Identität und der gesellschaftlichen Teilhabe. Will Südtirol das Skifahren als Volkssport erhalten oder es endgültig zum teuren Freizeitvergnügen für wenige werden lassen?
Was bleibt, ist die Hoffnung, dass Politik, Skigebiete und die Bevölkerung gemeinsam Lösungen finden, um den Wintersport wieder für alle zugänglich zu machen. Ein Verlust dieser Tradition wäre mehr als nur ein Verlust eines Sports – es wäre das Ende einer Ära, die tief in der Kultur und im Lebensgefühl der Südtiroler verankert ist.






