Die Zukunft der Philatelie in Südtirol – SPhJ-Obmann Rufin Schullian im UT24-Interview

UnserTirol24: Herr Schullian, Sie stehen als Obmann der Südtiroler Philatelisten Jugend vor. Können Sie uns bitte einen Überblick über die Geschichte und die Hauptzielsetzungen Ihres Vereins geben?
Rufin Schullian: Die Südtiroler Philatelisten Jugend wurde 1988 gegründet, um die jungen Sammler beim Sammeln zu unterstützen. In den Tauschtreffen erhalten die Schüler und Jugendlichen eine Ausbildung, wie Briefmarken gesammelt werden und auch, welche Unterschiede es bei Papier, Zähnung und Wasserzeichen gibt. Auch erwachsene Sammler sind bei uns Mitglied; sie helfen uns bei der Betreuung der Jugendlichen.
Foto: SPhJ Archiv
UT24: Wie hat sich die Mitgliederstruktur Ihres Vereins in den letzten Jahren verändert? Welche Altersgruppen sind besonders vertreten, und wie gewinnen Sie neue Mitglieder?
Schullian: Leider ist das Postaufkommen in den letzten 20 Jahren massiv zurückgegangen. Bei den verbleibenden Postsendungen werden sehr wenige Briefmarken verwendet. Die heutige Jugend kommt gar nicht mehr in Bezug zu Briefmarken und somit nicht auf die Idee, eine Briefmarkensammlung zu beginnen. Unsere neuen, jungen Mitglieder werden meist von Eltern oder Bekannten zum Sammeln animiert. Unter den neuen Mitgliedern sind oft auch junge Rentner, die mit der Pensionierung mehr Zeit für das Hobby finden.
Rufin Schullian, Obmann der Südtiroler Philatelisten Jugend
UT24: Welche besonderen Veranstaltungen oder Aktivitäten organisiert Ihr Verein regelmäßig? Gibt es neben den Tauschtreffen in den unterschiedlichen Dörfern und Städten Südtirols spezielle Höhepunkte im Jahr, die für die Mitglieder außerordentlich bedeutend sind?
Schullian: Als Höhepunkt im Jahr würde ich die Sammlerbörse EppanPhil bezeichnen. Sie findet dieses Jahr am 9. November statt. Weiters werden in unseren Ortsgruppen Tauschtreffen organisiert, wo sich unsere Mitglieder zum Informationsaustausch treffen. Diese versuchen wir, nach Bedarf anzubieten.
UT24: Könnten Sie uns einen Einblick in die Herausforderungen geben, mit denen Ihr Verein konfrontiert ist, und wie Sie diese überwinden? Gibt es abseits der überteuerten Postwertzeichen – das gilt für jemanden, der Italien postfrisch sammelt – spezifische Problemfelder, welche die Briefmarkengemeinschaft gegenwärtig betreffen?
Schullian: Eine Herausforderung ist sicher, neue Mitglieder zu finden, die sich dem Verein anschließen. Das Sammeln von Postwertzeichen ist relativ zufällig entstanden, die Briefmarken waren ja zum Frankieren der Briefe gedacht. Einige „Verrückte“ haben dann mit dem Sammeln dieser Zahlungsbestätigungen begonnen. Heute ist es oft umgekehrt, von der Post werden Marken für die Abonnenten gedruckt, damit Geld in die Kasse der Post fließt. Mit kuriosen Materialien oder mit Krypto-Briefmarken schaffen es Postverwaltungen, auch Aufmerksamkeit in Medien und bei Nichtsammlern zu bekommen. Auch so findet die Post neue Sammler.
Rufin Schullian, Obmann der Südtiroler Philatelisten Jugend
UT24: Wie wichtig sind Ausstellungen und Messen für Ihren Verein, und welche Rolle spielen sie in der Förderung des Briefmarkensammelns? Gibt es zukünftige Veranstaltungen, auf die Sie besonders stolz sind oder die Sie möglicherweise auch empfehlen würden?
Schullian: Mit Ausstellungen und Sammlerbörsen versuchen wir, nicht nur Briefmarken zu zeigen, sondern teilweise Sammler von Karten, Münzen usw. anzusprechen. Hier lernen wir oft auch Sammler kennen, die bisher nur in Internetauktionen ihre Sammlung aufgebaut haben. In den letzten 13 Jahren haben wir mit der Sammlerbörse EppanPhil sehr viele Interessierte nach Eppan gelockt. Wir konnten den Sammlern Informationen geben, Fragen beantworten und Zweifel ausräumen.
Foto: SPhJ Archiv
UT24: Inwiefern engagiert sich die Südtiroler Philatelisten Jugend in, um einen sportlichen Fachbegriff zu verwenden, der Nachwuchsförderung? Welche Maßnahmen werden ergriffen, um junge Menschen möglicherweise weg vom Smartphone zu bringen und für das Sammeln von Postwertzeichen zu begeistern?
Schullian: Zwischendurch schaffen wir es, in Schulklassen die Briefmarke zu erklären. Von dem eigentlichen Verwendungszweck über das Ablösen und das richtige Aufbewahren. Ansonsten ist es für uns schwierig geworden, junge Sammler zu erreichen. Auch das digitale Sammeln von Krypto-Briefmarken wird es nicht schaffen, neue Sammler in unseren Verein zu bekommen.
UT24: Wie sieht die Zusammenarbeit mit anderen philatelistischen Vereinen, etwa in Nord- und Osttirol aus? Gibt es regelmäßige Kooperationen oder gemeinsame Projekte?
Schullian: Wir pflegen bei philatelistischen Veranstaltungen einen regelmäßigen Kontaktaustausch mit den Vereinen in Innsbruck. Mit der Österreichischen Philatelisten Jugend haben wir 2011 das Finale des Austria Junior Cups ausgerichtet. Weiters tauschen wir uns in Onlinesitzungen mit den Vertretern der Deutschen und der Schweizer Philatelisten Jugend aus.
Rufin Schullian, Obmann der Südtiroler Philatelisten Jugend
UT24: Welche Rolle kommt digitalen Medien und Technologien in Ihrem Verein zuteil? Nutzen Sie Online-Plattformen für den Austausch oder die Verwaltung von Sammlungen? Und Hand aufs Herz: Wie stehen Sie zu eBay, Delcampe und anderen Online-Auktionsportalen?
Schullian: Unsere Mitglieder verwenden die digitalen Medien. Im Angebot stehen Onlinekataloge und Portale, um Briefmarken zu bestimmen und als Sammlung zu pflegen, und auch aktuelle Informationen können digital schnell weiter gegeben werden. Fast jede Postverwaltung bietet einen Onlineshop an, um neue Marken zu besorgen.
Ich bin aber überzeugt, dass sich das Sammeln in Südtirol nicht nur auf das Sammeln im Verein beschränkt. Es gibt jede Menge an Sammlern, die sich über eBay oder Delcampe neues Material für ihre Sammlung besorgen und die wir bei Tauschtreffen nicht antreffen. Auch die renommierten Auktionshäuser haben sich verändert. Sie bieten die Möglichkeit, online die Lose zu begutachten, bei ihren Auktionen mitzubieten oder einfach nur dabei zu sein.
UT24: Könnten Sie etwas über die neuesten Trends und Entwicklungen im Bereich der Briefmarken und Philatelie berichten? Was ist, rein briefmarkentechnisch gesehen, der letzte Schrei? Kommen in Ihren Überlegungen die unterschiedlich gefärbten österreichischen Krypto-Briefmarken ins Spiel?
Schullian: Aktuell sind Trends wie digitale Philatelie und nachhaltige Drucktechniken im Fokus. Auch thematische Sammlungen, die aktuelle gesellschaftliche Themen aufgreifen, erfreuen sich wachsender Beliebtheit.
Die österreichischen Krypto-Briefmarken sind ein spannendes Thema. Sie kombinieren Briefmarken mit moderner Technologie und ziehen sowohl Sammler als auch Technikbegeisterte an. Solche innovativen Ansätze bringen frischen Wind in die Philatelie, doch sie sollten nicht Überhand gewinnen. Die Philatelisten tun sich meist schwer, den Sinn der Sammlung im Blockchain zu verstehen.
Rufin Schullian, Obmann der Südtiroler Philatelisten Jugend
UT24: Muss man im Hinblick auf die Ausgabenpolitik der italienischen Postverwaltung, die politisch fragwürdige Figuren wie Silvio Berlusconi oder Giovanni Gentile ehrt, nicht ernsthaft mit dem Gedanken spielen, dass es keine anderen Anlässe gibt, welche die Apenninenhalbinsel zum Druck eines Postwertzeichens bewegt?
Schullian: Wenn die Österreichische Post AG mit dem Werbespruch „Die Post bringt allen was“ die Werbetrommel rührt, muss man sich bei der italienischen Post die Frage stellen: „Welche Überraschung (neben Portoerhöhungen) werden wir bei den nächsten Briefmarken sehen?“ Manchmal muss man den Kopf schütteln, wenn man die Ausgabenprogramme einiger Staaten anschaut. Aber ich bin nicht überrascht, staune aber vielmehr, was die Anlässe überhaupt angeht. Dazu ist alles gesagt. Und wir sind ja ein Freizeitverein und keine politische Bewegung.
UT24: Welche Ratschläge und Tipps würden Sie ganz jungen Sammlern geben? Gibt es bestimmte Fehler, die Anfänger vermeiden sollen, und wie kann man trotz einer unüberschaubaren Angebotspalette an Freizeitbeschäftigungen die Freude an den Briefmarken als kleine Geschichts- und Kulturerzähler nicht verlieren?
Schullian: Jungen Sammlern empfehle ich, sich zunächst auf ein spezifisches Thema oder einen bestimmten Bereich zu konzentrieren, um die Sammlung überschaubar zu halten. Die eigene Sammlung sollte etwas Besonderes sein, etwas sein, was nicht jeder sammelt. Es ist wichtig, sich Zeit zu nehmen, um die Briefmarken zu studieren und deren Geschichten zu entdecken. Denn schon finanziell ist es ein Ding der Unmöglichkeit, die „ganze Welt“ zu sammeln.
Anfänger sollten sich nicht von Trends leiten lassen. Stattdessen ist es sinnvoll, eine klare Sammlungstaktik zu entwickeln. Um die Freude am Sammeln nicht zu verlieren, sollten sie sich regelmäßig mit Gleichgesinnten austauschen und an lokalen Veranstaltungen teilnehmen, um Inspiration und Gemeinschaft zu erleben. Eine Einkehr bei unseren Tauschtreffen zum Einholen von Informationen kann sicher nicht schaden.
Foto: SPhJ Archiv
Rufin Schullian, Obmann der Südtiroler Philatelisten Jugend
UT24: Aus welchem Grund stimmen Sie der Aussage von Johann Wolfgang von Goethe zu, wonach Sammler „glücklichere Menschen“ sind? Sind Sie der Meinung, dass die Leidenschaft für das Sammeln von Briefmarken zu einem erhöhten Wohlbefinden oder einer tieferen Zufriedenheit führt? Haben Sie dazu abschließend persönliche Erfahrungen oder Beobachtungen gemacht, wie sich das auf das Leben Ihrer Vereinsmitglieder auswirkt?
Schullian: Ich stimme Goethe zu, weil das Sammeln Freude bereitet und Sammler oft in ihrer Leidenschaft Erfüllung finden. Die Zeit beim Studieren der Briefmarken und Stempel vergeht oft im Flug. Man beginnt genauere Informationen zu suchen und man entdeckt Geschichte, Kunst und Kulturen.
Persönlich habe ich beobachtet, dass das Sammeln unseren Vereinsmitgliedern eine Möglichkeit bietet, abzuschalten, sich zu fokussieren und in einer Gemeinschaft Gleichgesinnter aufzugehen. Es schafft nicht nur Zufriedenheit, sondern auch einen Sinn für Verbundenheit und Beständigkeit.
Rufin Schullian, Obmann der Südtiroler Philatelisten Jugend
UT24: Danke für das Interview!
Das Interview führte Andreas Raffeiner






