von ag 02.09.2024 10:35 Uhr

Lehrerausbildung: Das Dilemma mit der Lehrbefähigung

Der Lehrerberuf wir zusehends unattraktiver. Lange Ausbildungsdauer, wenig Gehalt und schlechte Aussichten auf eine fixe Stelle sind für viele ein Grund, den Lehrerberuf nicht zu ergreifen. Südtiroler Lehrer mit einem fünfjährigen Masterstudium müssen dennoch einen zusätzlichen Ausbildungslehrgang absolvieren. Vielen bereitet dieser Umstand Kopfzerbrechen und erscheint aufgrund des vorhandenen Lehrermangels als irrsinnig.

APA/dpa

Wenn es um die Lehrerausbildung in Südtirol geht, so scheint die Autonomie nicht wirklich hilfreich zu sein. Wer sich dazu entscheidet Lehrer zu werden, muss viel Zeit in die Hand nehmen und kann später kein gutes Gehalt einfahren. So liegt beispielsweise das Einstiegsgehalt eines Lehrers in Südtirol bei rund 2.000 Euro pro Monat (nach sechs Jahren Studium), während in Österreich und Deutschland die Gehälter weit höher liegen. Wie UT24 im Gespräch mit einem langjährigen Lehrer erfuhr, kommt eine Lehrperson mit etwa 35 Dienstjahren auf knapp 2.500 Euro. In Deutschland hingegen würde man das Doppelte, wenn nicht sogar das Dreifache verdienen. Kein Wunder also, dass sich viele schon aufgrund des Gehalts nicht für den Lehrerberuf entscheiden.

Studienjahre steigen trotz Lehrermangel

Man möchte meinen, dass bei den Entscheidungsträgern der Lehrerausbildung aufgrund des massiven Lehrermangels die Alarmglocken schrillen. Doch weit gefehlt. Stattdessen bleibt die Ausbildungsdauer in Italien und auch in Südtirol weiterhin hoch. Möchte man in Südtirol unterrichten so gibt es einmal den Weg über das Fachstudium. Ein Student absolviert somit den Bachelor und den Master (fünf Jahre), anschließend folgt der zweijährige Ausbildungskurs zum Erlangen der pädagogischen Fähigkeiten und der Lehrbefähigung. Ohne Lehrbefähigung keine Stammrolle.

Problem: Der Ausbildungskurs wird nicht alle Jahre angeboten und ist im Moment sogar ausgesetzt, wie UT24 in Erfahrung bringen konnte. Grund dafür ist, dass Italien in der Lehrerausbildung gesetzliche Änderungen vornimmt, die auch eine Neuregelung der lehrbefähigenden Ausbildung auch für Südtirol nötig machen. Zuletzt wurde nämlich der lehrbefähigende Ausbildungskurs von 24 Kredits auf 60 Kredits erhöht. Heist kurzum, die Studienzeit wird verlängert.

Es ist also keineswegs gesagt, dass nach sage und schreibe sieben Jahren alles unter Dach und Fach ist. Erstens kann sich die Studienzeit in sehr vielen Fällen verzögern und zweitens findet der Kurs zum Erlangen der Lehrbefähigung nicht alle Jahre statt, trotz Lehrermangel. Im Gespräch mit einer Lehrperson an einer Mittelschule heißt es gegenüber UT24: „Eine fundierte Ausbildung unserer Lehrer ist gut und recht, aber langsam ist dann auch mal Schluss. Uns fehlen Lehrer an allen Ecken. Südtirol braucht eine einheitliche und vor allem übersichtliche Lehrerausbildung für diejenigen, die über ein Fachstudium Lehrer werden wollen.“

Eigener Weg für Südtirol?

Das Land Südtirol hat die Kompetenz für eine eigene Durchführungsbestimmung für die lehrbefähigende Ausbildung der Mittel- und Oberschullehrpersonen erhalten. Es besteht also die Möglichkeit den Kurs zum Erhalt der Lehrbefähigung an der Fakultät für Bildungswissenschaften der Freien Universität Bozen zu absolvieren. Doch wo bleibt dieser? Auf Nachfrage bei der Deutschen Bildungsdirektion des Landes heißt es, dass derzeit auf politischer Ebene noch verhandelt wird. Im kommenden Frühjahr sollte man mehr wissen.

Doch warum wird in dieser Angelegenheit noch immer verhandelt. Es ist höchste Eisenbahn, dass ein einheitliches System entsteht und Studenten wissen, wie viel Zeit sie für ihr Studium in Anspruch nehmen müssen.

Keine Lehrbefähigung, keine sichere Stelle

Tatsächlich können Studenten auch ohne Lehrbefähigung über eine sogenannte Direktberufung oder über die Schulranglisten unterrichten. Dies sind jedoch immer befristete Stellen und es herrscht von Jahr zu Jahr Ungewissheit. Vor allem in jetzigen Zeiten, wo ein konstantes und geregeltes Einkommen unverzichtbar ist, können junge Menschen keine Unsicherheiten gebrauchen. Wer will bitte einen Beruf, wo es in den Sternen steht zu welchem Zeitpunkt eine Fixanstellung (Stammrolle) möglich ist. Diese Fixanstellung ist eben nur durch die Lehrbefähigung möglich, doch wie man sieht, ähnelt es einer Odyssee diese zu erhalten.

Noch skandalöser ist die Ausbildung der Musiklehrer im Land Südtirol (UT24 berichtete). Auch hier diskutiert man bereits seit Jahren hin und her und noch immer steht keine handfeste Lösung. Etwas leichter haben es hingegen Südtiroler Studenten, welche sich entscheiden in Österreich zu studieren.

Österreich: Einheitliches System

In Österreich gibt es nämlich das sogenannte Lehramtsstudium mit einer Dauer von sechs Jahren. Dieses soll in den kommenden Jahren laut einem Regierungsbeschluss auf fünf Jahre verkürzt werden. Mit diesem Studium erhalten Studenten gleich nach Abschluss die Lehrbefähigung und können auf eine Stammrolle hoffen. In den kommenden Jahren wird sich jedoch der Mangel an Lehrpersonen in Grund-, Mittel- und Oberschulen derart drastisch verstärken, dass Studenten des Lehramtsstudiums einfach nicht mehr ausreichen, um den Mangel an Lehrpersonen zu decken. Eine geregelte Lehrerausbildung für Studenten mit Fachstudium wird deshalb zwingend notwendig sein. Doch zum jetzigen Zeitpunkt herrscht noch Ungewissheit bzw. der politische Wille scheint nicht vorhanden zu sein.

Generell werfen in letzter Zeit einige Entscheidungen im Bildungswesen Fragen auf. Nicht zuletzt die ablehnende Haltung von Bildungslandesrat Achammer gegenüber dem neuen zukunftsweisenden Projekt an der Goetheschule in Bozen (UT24 berichtete).

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