So denken Südtirols Grüne über Wolf und Bär

UnserTirol24: Gehören Großraubwildtiere wie Wolf und Bär Ihrer Meinung nach zu den Alpen?
Landtagsabgeordnete Brigitte Foppa: Es gab diese Wildtiere in den Alpen, bevor sie ausgerottet wurden. Sie sind also zweifelsfrei Teil der Alpenfauna. Allerdings hat sich die Situation in den letzten Jahrzehnten radikal verändert. Wir sind inzwischen dicht besiedelt, die Wälder sind zu großen Teilen nicht mehr im Urzustand, Straßen durchschneiden die Habitate. Dazu kommen a) Tourismus (der die Bergwelt erschlossen hat und viel mehr Menschen, darunter auch jene, die das Ökosystem Wald nicht richtig kennen, in die Wälder und Wiesenlandschaften bringt als früher) und b) die Landwirtschaft (die durch die Praxis der Almwirtschaft in Konflikt mit Wildtieren gerät). Ursprünglich gehören diese Wildtiere also schon zu den Alpen, heutzutage spitzt sich der Konflikt mit ihnen aber zunehmend zu und die Koexistenz wird immer schwieriger. Und ab einer gewissen Präsenz sind auch Maßnahmen wie Sensibilisierung und Erlernen des Umgangs (wie wir es beispielsweise mit Giftschlangen von klein auf gewohnt sind) nicht genug.
UT24: Ist etwa ein dicht besiedeltes Gebiet wie Südtirol, wo Almwirtschaft betrieben wird, nicht etwa zu klein? In Trentino-Südtirol gibt es um die 300 Wölfe. Dies entspricht dem Wolfsbestand von ganz Finnland.
Foppa: Tatsächlich ist das Gebiet zu eng besiedelt und vor allem auf eine bestimmte Weise bewirtschaftet, sodass es nur für eine begrenzte Menge von Wildtieren tragfähig ist.
UT24: Sollten tödliche Unglücke, wie der Fall von Andrea Papi im Jahr 2023 im Welschtirol, nicht vermieden werden?
Foppa: Natürlich. So ein Unfall ist eine Katastrophe.
UT24: Besorgte Eltern auf Höfen etwas oberhalb der Dörfer, äußern Sorgen um ihre eigenen Kinder, da bereits mehrmals der Wolf nahe der Häuser gesichtet wurden. Wie soll man mit solchen Situationen umgehen, wenn Raubtiere nicht geschossen werden dürfen?
Foppa: Die internationale und staatliche Rechtslage macht das Entnehmen von Wölfen möglich, wenn der Bestand gesichert ist und wenn Herdenschutzmaßnahmen versagen oder nicht möglich sind. Letzteres ist in unserem Land einerseits nicht einfach, es wurde aber auch versäumt, ehrliche Versuche zu starten. Das politische Versprechen der Vorwahlzeit 2018 mit dem Schlachtruf „Wolfsfreies Südtirol“ hat Illusionen geschaffen, die in die falsche Richtung geführt haben. Ich würde mir wünschen, dass man hierzu Politik, Wissenschaft und Landwirtschaft an einen Tisch bringt, und nachhaltige Lösungen findet, um die Menschen zu schützen, die Almwirtschaft aufrecht zu erhalten und einen verträglichen Bestand an Wölfen zu erhalten. Es braucht außerdem kontinuierliches Monitoring, Besenderung der Bären und wissenschaftliche Begleitung.
UT24: Viele Bauern fragen sich, wo der Tierschutz bei gerissenen Schafen, Rindern und Kühen bleibe?
Foppa: Gerissene Tiere verenden oft wirklich auf elendige Weise. Das ist mit Tierschutz nicht vereinbar. Herdenschutz und Entnahme von Problemtieren können dies, wenn schon nicht beenden (wir bewegen uns, ob wir wollen oder nicht, in einem Rechtsrahmen), so zumindest mindern. Wölfe sind Raubtiere und töten daher andere Tiere, Nutz- wie Wildtiere, auf ebenso rücksichtslose Weise. Die Natur (der Mensch ist Teil davon) ist oft sehr grausam.
Tierschutzorganisationen schweigen
UT24 hat sich zudem bei der Organisation für Natur- und Artenschutz Österreich (WWF Österreich) um eine Stellungnahme zur Wolfs- und Bärenproblematik erkundigt. In einer Rückmeldung hieß es jedoch, dass der zuständige Experte derzeit nicht im Hause sei. Man solle sich an das Österreichzentrum Bär Wolf Luchs wenden. Auch dort bekam UT24 nur spärliche Antworten. Das Zentrum habe eigenen Aussagen zufolge anders gelagerte Aufgaben zu erfüllen und habe auch ein anderes Selbstverständnis auf die Problematik rund um den Wolf bzw. Bär. Das Zentrum sei dazu da, Konflikte über die Suche nach Kompromissen zu minimieren bzw. vorbeugende Maßnahmen im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten zu finden, die, wenn sie eine Akzeptanz finden, durch zuständige Stellen umgesetzt werden können.






