von gk 27.05.2024 18:29 Uhr

Die Schikanen hören nicht auf

Nachdem italienische Faschisten in den Südtiroler Ortschaften bereits nach und nach die deutschen Schulen geschlossen hatten, ging man nun daran, die deutschen Priester aus ihren Gemeinden zu entfernen.

Historische Postkarte von Latsch, in der Zeit des Faschismus überdruckt mit "Laces" (Bild: Effekt Verlag).

Am 27. April 1920 richtete Lucello Merci, der italienische Direktor der Volksschule von Branzoll, ein Schreiben an das zivile Generalkommissariat für die Venezia Tridentina in Trient, in welchem er sich über die von „Don Giuseppe Cagliari“ geführte „Antipropaganda zum Schaden der italienischen Schule“ beschwerte. Dieser habe Kindern den Besuch der deutschen anstelle der italienischen Schule empfohlen, weil sie dort mehr lernen würden.

Am 31. Mai reichte das Generalkommissariat die Beschwerde über „don Cagliari“ in „Bronzollo“ an die Fürstbischöfliche Kurie in Trient weiter und bat darum, die „Möglichkeit der Entfernung aus dieser Gemeinde“ zu prüfen. Bei dem als „Cagliari“ benannten Geistlichen in der Ortschaft „Bronzollo“ handelte es sich um den deutschen Kooperator Josef Calliari in Branzoll.

  • Branzoll (Foto: Effekt Verlag).

Am 4. Juli 1920 richtete das Zivilkommissariat in Schlanders ein gleichartiges Begehren an das Fürstbischöfliche Ordinariat in Trient und forderte die Entfernung von „Don Ottone Michaeler“ aus seiner Gemeinde Latsch. Hier handelte es sich um den deutschen Hilfspriester Otto Michaeler.

Dieser habe aus Anlass des Festes „Corpus Domini“ eine Büste des verstorbenen Kaisers Franz Josef aufstellen und rotweiße Fahne hissen lassen. Zudem sei öffentlich das Andreas-Hofer-Lied gesungen worden. Deshalb sei der Priester auch von den Königlichen Carabinieri bei den Justizbehörden angezeigt worden. Am 15. Juli 1920 wies Otto Michaeler in einem Schreiben an das Fürstbischöfliche Ordinariat die Anschuldigungen als unwahr zurück. Wahr sei nur, dass er selbst an seinem eigenen Haus in Unkenntnis des diesbezüglichen Verbotes am Fronleichnamstag die rot-weiße Fahne gehisst habe.

  • Priester Otto Michaeler (Foto: Effekt Verlag).

Das Zivile Generalkommissariat verlangte Maßregeln gegen einen unliebsamen Priester

Am 24. Oktober 1920 richtete der Oberstleutnant Guerri von den Königlichen Carabinieri in Bozen ein Schreiben an das „Zivile Generalkommissariat für die Venezia Tridentina“ in Trient, in welchem er sich über die „politische Tätigkeit des Pfarrers von Montan Johann Dosser“ („Attività politica del parrocco di Montan Don Dosser Giovanni“) beschwerte. Dieser habe den Gemeinderat dazu bewogen, einen Protest gegen die eventuelle Angliederung der Distrikte von Neumarkt und Kaltern an die künftige Provinz Trient zu verfassen.

„Es geht überdies hervor, dass dieser Pfarrer sich nicht zum ersten Mal in politische Dinge einmischt, nachdem er selbst auch in den letzten Tagen des vergangenen Jahres 1919 einen Protest gegen die Annexion des Alto Adige an Italien verfasste, welcher, mit dem Poststempel versehen, persönlich an den Präsidenten Vilson gesandt wurde. So viel berichtet man, um die unwillkommene politische Aktivität dieses Hochwürden aufzuzeigen.“

  • Pfarrer Johann Dosser von Montan im Unterland (Bild: Effekt Verlag).
  • Die Pfarrkirche zum Hl. Apostel Bartolomäus in Montan, in welcher er seine Gottesdienste hielt (Bild: Effekt Verlag).

Der obige Auszug stammt aus dem Buch „An der Seite des Volkes. Südtirols Geistliche unter dem Faschismus 1918–1939“ von Helmut Golowitsch.

Golowitsch, Helmut: An der Seite des Volkes. Südtirols Geistliche unter dem Faschismus 1918–1939: Neumarkt a.d. Etsch: Effekt!. 2022. ISBN: 978-88-97053-95-8

Jetzt
,
oder
oder mit versenden.

Es gibt neue Nachrichten auf der Startseite