Die Schikanen hören nicht auf

Am 27. April 1920 richtete Lucello Merci, der italienische Direktor der Volksschule von Branzoll, ein Schreiben an das zivile Generalkommissariat für die Venezia Tridentina in Trient, in welchem er sich über die von „Don Giuseppe Cagliari“ geführte „Antipropaganda zum Schaden der italienischen Schule“ beschwerte. Dieser habe Kindern den Besuch der deutschen anstelle der italienischen Schule empfohlen, weil sie dort mehr lernen würden.
Am 31. Mai reichte das Generalkommissariat die Beschwerde über „don Cagliari“ in „Bronzollo“ an die Fürstbischöfliche Kurie in Trient weiter und bat darum, die „Möglichkeit der Entfernung aus dieser Gemeinde“ zu prüfen. Bei dem als „Cagliari“ benannten Geistlichen in der Ortschaft „Bronzollo“ handelte es sich um den deutschen Kooperator Josef Calliari in Branzoll.
Am 4. Juli 1920 richtete das Zivilkommissariat in Schlanders ein gleichartiges Begehren an das Fürstbischöfliche Ordinariat in Trient und forderte die Entfernung von „Don Ottone Michaeler“ aus seiner Gemeinde Latsch. Hier handelte es sich um den deutschen Hilfspriester Otto Michaeler.
Dieser habe aus Anlass des Festes „Corpus Domini“ eine Büste des verstorbenen Kaisers Franz Josef aufstellen und rotweiße Fahne hissen lassen. Zudem sei öffentlich das Andreas-Hofer-Lied gesungen worden. Deshalb sei der Priester auch von den Königlichen Carabinieri bei den Justizbehörden angezeigt worden. Am 15. Juli 1920 wies Otto Michaeler in einem Schreiben an das Fürstbischöfliche Ordinariat die Anschuldigungen als unwahr zurück. Wahr sei nur, dass er selbst an seinem eigenen Haus in Unkenntnis des diesbezüglichen Verbotes am Fronleichnamstag die rot-weiße Fahne gehisst habe.
Das Zivile Generalkommissariat verlangte Maßregeln gegen einen unliebsamen Priester
Am 24. Oktober 1920 richtete der Oberstleutnant Guerri von den Königlichen Carabinieri in Bozen ein Schreiben an das „Zivile Generalkommissariat für die Venezia Tridentina“ in Trient, in welchem er sich über die „politische Tätigkeit des Pfarrers von Montan Johann Dosser“ („Attività politica del parrocco di Montan Don Dosser Giovanni“) beschwerte. Dieser habe den Gemeinderat dazu bewogen, einen Protest gegen die eventuelle Angliederung der Distrikte von Neumarkt und Kaltern an die künftige Provinz Trient zu verfassen.
Der obige Auszug stammt aus dem Buch „An der Seite des Volkes. Südtirols Geistliche unter dem Faschismus 1918–1939“ von Helmut Golowitsch.
Golowitsch, Helmut: An der Seite des Volkes. Südtirols Geistliche unter dem Faschismus 1918–1939: Neumarkt a.d. Etsch: Effekt!. 2022. ISBN: 978-88-97053-95-8
