von gk 06.05.2024 09:17 Uhr

„…Daß man mich bis zum Hotel Elefant schreien hörte!“

Am 20. Juli 1961 holten die Carabinieri Anton Gostners Bruder Engelbert aus St. Leonhard bei Brixen und lieferten ihn in die Brixner Carabinierikaserne ein. Am 25. August 1961 schrieb er aus dem Bozner Gefängnis einen offiziellen Brief an seinen Rechtsanwalt, den die Zensoren nicht zu beschlagnahmen wagten.

Gesprengter Strommasten in der Feuernacht (Bild: Effekt Verlag).

Sehr geherter Herr Doktor!

Möchte Ihnen berichten, daß mir meine Frau geschrieben hat daß bei meiner Hausdurchsuchung ein sehr wichtiges Dokument vohanden gekommen ist ich weiß natürlich nicht woh es hin kam in dem daß ich nicht bei der Untersuchung nicht zu Hause wahr. Und mein Zimmer aufgebrochen wurde. Ich möchte Sie bitten um auskunft, ob mahn sich das alles gefalen lasen muß oder ob wihr noch zuhr Mänscheit gehören oder nicht.

In dem ich Ihnen berichten muß daß man mich so schon auf der Miserablichsten und Prutalsten Weiße mißhandelt hat. Mann hat mich volle 5 Tage und Nächte an einer Mauer hin gestelt ohne was zu Essen und natürlich zu Schlafen. Sie können Ihnen ja vorstelen wie daß einen Mäntschen fertig macht. Und dazu hat man mich häftig geschlagen mann hat mir auf den Kopf geschlagen in den Magen geboxt und in die Rippen von allen seiten ich glaub es ist im ganzen Körber nicht mehr eine stele die was one hib davon gekommen ist.

Ich weiß auch nicht alles weil ich ab und zu nicht mehr beisinen war. Ich wußte noch daß man gesagt hatte daß man mir Salzwaser geben würde und ich Sah es noch wie mann es bereitet hat. Und dan weiß ich wieder eine Zeitlang nicht aber das Salzwaser bekamnte ich Gott sei dank nicht mehr.

Die Frau hat mir gesagt daß man mich bis Hotel Ellefand schreihen gehört hat und man hat mich genau an der Stime erkant. Und so ist es weitergegangen bis ich in Gefängnis kamnte.

Mit den besten Grüßen
Gostner Engel

(Wörtliche Wiedergabe des Originalbriefes)

  • Brief von Engelbert Gostner an seinen Anwalt. Er trägt den Stempel des Gefängnisses (Bild: Edition Südtiroler Zeitgeschichte).

Als Engelbert Gostner in Mailand vor Gericht stand, kam es am 6. Februar 1964 zu einem Zwischenfall. Engelbert Gostner kam auf die Folterung seines in der Haft verstorbenen Bruders zu sprechen. Er berichtete dem Gericht, dass er nach Eppan gebracht und dort in der Carabinierikaserne seinem Bruder gegenübergestellt worden sei. Er habe Brandspuren in dessen Gesicht gesehen. Hier unterbrach ihn der Gerichtspräsident und erklärte, dies stünde hier nicht zur Debatte.

Engelbert Gostner wurde in Mailand zu 7 Jahren und 4 Monaten Haft verurteilt.

Der obige Auszug stammt aus dem Buch „Für die Heimat kein Opfer zu schwer“ von Dr. Helmut Golowitsch.

Golowitsch, Helmut: Für die Heimat kein Opfer zu schwer. Folter-Tod-Erniedrigung. Südtirol 1961-1969. Edition Südtiroler Zeitgeschichte: Deutschland: Druckerei Brunner. 2009. ISBN: 978-3-941682-00-9

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