Claudia Nista im UT24-Interview: „Badminton ist mein Leben!“

Frau Nista, können Sie sich bitte kurz vorstellen und uns einen Einblick in Ihre Rolle als Sportfunktionärin im Bereich Badminton geben?
Claudia Nista: Mein Name ist Claudia Nista. Ich bin 57 Jahre alt, komme aus Mals und bin seit meinem zwölften Lebensjahr eng mit dem Badmintonsport verbunden. Mit zwölf Jahren habe ich in Mals begonnen, Badminton zu spielen und in relativ jungen Jahren– ich war 16 Jahre alt – wurde ich ins Vereinsleben als Trainingsassistentin miteingebunden. Vor allem das Kindertraining hat mich immer fasziniert, so auch das Zusammensein mit den Kindern und Jugendlichen.
Neben meiner Laufbahn als aktive Athletin (21 Staatsmeistertitel in der allgemeinen Klasse) begann auch meine Karriere als Badmintoncoach und Vereinsfunktionärin. Anfangs war ich im Verein im Ausschuss tätig als Vertreterin der Spieler in Mals. Ich bildete mich zur Trainerin aus und 2008 wurde ich in den nationalen Verband (FIBa) als Funktionärin gewählt.
Zudem übe ich seit acht Jahren auch das Amt der Vizepräsidentin neben Präsident Carlo Benninati aus.
Was hat Sie persönlich dazu inspiriert, sich dieser faszinierenden Sportart zu widmen und was ist für Sie das Fesselnde an dieser Disziplin?
Inspiriert wurde ich als Zwölfjährige zum ersten Mal, als ich bei einem Badmintontraining in Mals dabei war. Waldner Lorenz (der Badmintonvater des ASV Mals) und seine Frau Annelies Veith hatten da einen Kurs für Jugendliche und Kinder lanciert, und ich war dabei und von da an hat mich diese Sportart gefesselt.
Das Fesselnde an dieser Sportart selbst ist, dass sie eine Sportart ist, die von allen Alterskategorien gespielt werden kann, dass Jungs und Mädchen zusammen spielen können und dass man es auch als Team spielen kann. Für mich war das wie „ein bisschen eingebettet sein“, viele Freunde dabei zu haben und wie eine Familie unterwegs zu sein. Badminton ist bei uns zwar immer noch eine Randsportart, aber gerade das hat mich animiert weiterzumachen und unseren Sport bekannter zu machen. Badminton ist ein Sport der viel miteinander verbindet: Ausdauer, Schnelligkeit, Geschmeidigkeit, Taktik, Kraft und mentale Stärke.
Wie haben Sie die Entwicklungen des Badmintonsports hierzulande erlebt? Mit Judith Mair, Katharina Fink und Yasmine Hamza gibt es drei Ausnahmeathleten, die auch auf Staatsebene den Ton angeben.
Eigentlich bin ich seit den Anfängen des Badmintonsports in Südtirol dabei, also seit Mitte der 1970er-Jahren. Damals haben sich mit Mals und Meran die ersten Vereine gebildet. Bald darauf kam auch Bozen dazu; und der nationale Verband ist gestartet. In den Anfängen war es wirklich eine Sportart, die niemand gekannt hat. Es war Paul Walzl, der in Mals gewohnt hat und der die ersten Schläger aus England nach Mals und Meran gebracht hat, und von dort hat sich der Badmintonsport bei uns so langsam entwickelt.
Ja, die Südtiroler Vereine waren auf Staatsebene tonangebend und maßgeblich beteiligt, dass sich der Breitensport vor etwa 50 Jahren entwickelt hat. Immer wieder gab es gute Badmintonspieler, wie Klaus Raffeiner und Petra Schrott aus Meran, die auch über die Grenzen gespielt haben und somit aufhorchen ließen. In den letzten Jahren waren und sind es Katharina Fink und Yasmine Hamza (Bozen) und Judith Mair (Mals), die nicht nur im nationalen Umfeld, sondern auch auf internationalem Parkett mitgemischt habe – das hilft natürlich, dass Badminton auf sich aufmerksam macht und so dazu beiträgt, auf unsere tolle Sportart aufmerksam zu machen.
Welche Länder gelten derzeit als besonders erfolgreich im Badminton, und welche Faktoren tragen zu ihrem Erfolg bei?
Die Länder, die im Badminton besonders erfolgreich sind, sind nach wie vor die asiatischen Länder, in denen Badminton Volkssport ist. Dazu zählen China, Korea, Malaysia und Indonesien. Jeder kennt es dort; die guten Spieler sind Helden der Nation, und das rückt Badminton an vorderster Front. Das sind Faktoren, die helfen, den Sport lebendig zu halten. Äußerst erfolgreich ist bei uns in Europa Dänemark, Frankreich und auch Deutschland.
In diesen Ländern ist Badminton an den Schulen bestens vertreten, in Frankreich z. B., wo sie bis vor 15 Jahren genauso schwach aufgestellt waren, wie wir auf nationaler Ebene, hat die Regierung Geld investiert und tut es noch, um Badminton zum Schulsport Nr. 1 der Nation zu machen, zudem gibt es viele Zentren im ganzen Land verteilt, die alle miteinander verbunden sind, aber trotzdem selbstverantwortlich arbeiten. Dazu kommt dass in Dänemark, Frankreich, Deutschland sehr viele Menschen Badminton spielen, und so können sie aus der Masse schöpfen und die Möglichkeiten gute Spieler zu entwickeln sind viel größer.
Welche Programme werden ergriffen, um den Badmintonsport auf breiterer Ebene zu fördern und den Nachwuchs noch mehr zu fördern?
Es gibt Projekte, die vom Verband gefördert werden, leider zieht der Breitensport nicht so viele Spieler wie in anderen Ländern an. Inzwischen ist der Sport, rein national gesehen, gut an den Schulen präsent, es fehlt aber an Vereinen, zu denen die Kinder und Jugendliche anschließend gehen können, nachdem sie mit dem Sport in Berührung gekommen sind. Auch wir in Südtirol sind in so mancher Schule vertreten – es könnte aber noch besser und intensiver gefördert werden! Â
Für die Förderung des Nachwuchs gibt es in Südtirol vielleicht mehr als im restlichen Staatsgebiet – da gibt es den „Centro tecnico territoriale“ in Mals, der vom azurblauen Verband und dem Sport-Oberschulzentrum „Claudia von Medici“ unterstützt wird, und wo die besten Nachwuchsspieler trainieren können (es sind dies hauptsächlich Vinschger Jugendlichen), zum zweiten gibt es die SBS (Südtiroler Badminton School in Bozen, Anm. d. Red.), die vom Land mitfinanziert wird, und wo vor allem Spieler aus dem Südtiroler Unterland gefördert werden.
Wie haben sich technologische Innovationen, wie etwa fortschrittliche Ausrüstung oder Datenanalyse auf die Disziplin ausgewirkt? Oder stecken diese Entwicklungen noch in den Kinderschuhen?
Technologische Innovationen haben dazu beigetragen, dass die Disziplin weiterentwickelt wird, so werden die Badmintonschläger immer besser, leichter und flexibler. Ich glaube auch, dass die Videoanalysen im Badminton sehr dazu beitragen die Disziplin zu verbessern, da die Bewegungen archiviert sind und die Schlagsicherheit noch besser aufgezeichnet wird. Dies hilft Spieler wie Trainer gleichermaßen.
Welche Herausforderungen sehen Sie aktuell für den Badmintonsport, sei es auf organisatorischer, technischer oder gesellschaftlicher Ebene?
Auf nationaler Ebene fehlt sicherlich der Breitensport – wir brauchen viel mehr aktive Spieler – es sind nicht besonders viele, vielleicht ca. 1.000, die Turniere bestreiten, und wenn man nur aus wenigen schöpfen kann, ist die Gefahr groß, dass an der Spitze nur wenige landen, und das Risiko durch Verletzung oder „drop out“, auch diese zu verlieren, ist groß. Zudem gibt es in auf lokaler und auf staatlicher Ebene nur wenige gute Trainer – auch hier besteht Aufholbedarf.
Wie wird im Sport im Allgemeinen und im Badminton im Besonderen die Inklusion gefördert, und welche Programme gibt es, um Menschen mit unterschiedlichen Begabungen einzubeziehen?
Para-Badminton hat seit Jahren dazu beigetragen, dass auch Badminton im Behindertensport verankert ist. Ich muss sagen, dass es nicht viele davon gibt. Aber wir haben doch einige Paraathleten, die vom Verband aus unterstützt und gefördert werden, die um einen Platz bei Olympia kämpfen.
Ich muss sagen, da wird viel investiert, vor allem der CIP (Comitato italiano Paraolimpico, Anm. d. Red.) In Südtirol gibt einige Vereine, die ihre Fühler nach Para-Athleten ausstrecken. Es ist aber nicht so leicht und da es nicht besonders viele sind, ist es deshalb ein bisschen schwieriger.
Welche Kooperationen bestehen mit Schulen und Bildungseinrichtungen, um die Sportart in den Leibeserziehungslehrplan einzubinden?
Es gibt Kooperationen mit Bildungseinrichtungen vor allem in Südtirol – da sind wir den anderen Regionen voraus – einige Oberschulen (die Sportoberschule in Mals) bieten sogar an, dass während dem Unterricht die Möglichkeit besteht, Badminton zu trainieren – die Stunden müssen nachgearbeitet werden, aber diese Fehlstunden sind keine Absenzen , sowie auch die Teilnahme an Turnieren keine Absenz mit sich bringt. Zudem wird an manchen Grund- und Mittelschulen das Projekt „Shuttle Time“ eingegliedert, ein weltweites Badmintonprojekt, das vor allem für Schulen konzipiert wurde.
Welche Maßnahmen werden ergriffen, um die Gesundheit und das Wohlbefinden der Badmintonspieler zu fördern, sowohl auf mentaler als auch auf psychischer Ebene?
Es wurde in den letzten Jahren immer wichtiger, auch Mentaltraining, Physiotherapie und spezielles Krafttraining, sowie Ernährungsberatung zum eigentlichen Technik Training dazu zu nehmen. Dies haben Vereine mit guter Jugendarbeit erkannt, und in die richtige Richtung gelenkt – bei uns in Südtirol arbeiten einige Vereine eng mit Athletiktrainer, Mentalcoaches und Ernährungsberater zusammen.
Welche persönlichen Höhepunkte oder gesammelten Erfahrungswerte in Ihrer Funktion als Sportfunktionärin sind Ihnen besonders im Gedächtnis geblieben? Warum?
Höhepunkte gab es viele, zuerst meine eigenen Siege, an die ich mich immer noch gut erinnern kann – aber nachher sind und waren meine Höhepunkte die Arbeit mit den Kindern, vor allem den Jüngsten – jedes Training kann ein Höhepunkt werden. Das Zusammensein mit Kinder und Jugendlichen erfüllt mich mit viel Freude – und wenn dann daraus Erfolgserlebnisse und Geschichten folgen, ist es umso schöner.
Mein Verein, der ASV Mals, hat nunmehr viele Jahre hintereinander bei den Jugendstaatsmeisterschaften auch den Pokal für den besten Nachwuchsverein geholt – das freut natürlich sehr, auch weil es ein tolles Ergebnis für unsere Funktionärsarbeit um den Malser Sektionsleiter Stefan De March mit Team ist.
Durch meine beiden Kinder, Lukas Osele und Judith Mair, durfte ich auch einige tolle Höhepunkte durch ihre Siege erfahren, das macht eine Mama natürlich viel Freude und all dies zusammen motiviert zum Weitermachen und den Badmintonsport zu leben!
Vielen Dank für das Interview!
Das Interview führte Andreas Raffeiner.






