von lif 01.12.2023 18:57 Uhr

Lohnwachstum in Österreich, Stillstand in Südtirol

Nach der Metalltechnischen Industrie, der Bergbau/Stahlindustrie und der Nichteisen-Metallindustrie haben nun auch die Gas- und Wärmeversorgungsunternehmen sowie die Gießereiindustrie und Fahrzeugindustrie ihren Kollektivvertrag für die Jahre 2024 und 2025 (gültig ab 1. November 2023) abgeschlossen. Zur Zufriedenheit der Gewerkschaften PRO-GE und GPA alle auf dem gleichen Niveau – im Durchschnitt plus 8,6 Prozent, wobei die unteren Einkommensschichten zehn Prozent erhalten. Im Kontrast dazu verharrt Südtirol in einem Zustand der Lohnstagnation, geprägt durch die Abhängigkeit von Italiens Kollektivverträgen und den damit verbundenen Herausforderungen.

Foto: APA

„Schon zum zwölften Mal in Folge ist es den Gewerkschaften seit der Spaltung der Arbeitgeberverhandlungsgemeinschaft gelungen, idente Lohn- und Gehaltsabschlüsse für alle 200.000 Beschäftigten und Lehrlinge der Metallindustrie zu erreichen“, so die Arbeitnehmervertreter am Freitag in einer Aussendung.

Zufrieden mit der Einigung in der Metallindustrie zeigte sich heute Vormittag auch Wirtschafts- und Arbeitsminister Martin Kocher (ÖVP). Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) wiederum verteidigte den Lohnabschluss bei den Beamten, den zuvor der Metaller-Arbeitgeberobmann Christian Knill als nicht hilfreich bezeichnet hatte. Knill bemängelte, dass die Regierung Einmalzahlungen forciert hatte, aber selbst davon keinen Gebrauch machte.

Keine Deckelung, Metallindustrie mit Begrenzung

Die Gehälter im öffentlichen Dienst steigen mit 1. Jänner 2024 um 9,15 Prozent, eine Deckelung oder Einmalzahlungen gibt es nicht. Gegen letzteres hatten sich die Gewerkschaften auch bei den Metallerverhandlungen bis zuletzt gewehrt. Knill räumte ein, dass der Wunsch der Industrie danach bei diesem „Umfeld“ nicht umsetzbar gewesen sei. Sehr wohl gibt es aber eine Deckelung in der Metallindustrie, sie liegt bei 400 Euro brutto monatlich.

Vizekanzler Kogler ließ die Kritik der Industrie heute nicht gelten. Ein rascher Abschluss bei den Beamtinnen und Beamten ohne großes Getöse sei „richtig und wichtig gewesen“. Die Regierung habe die rollierende Inflation abgedeckt, man stehe am Arbeitsmarkt in Konkurrenz zur Privatwirtschaft, sagte Kogler im „Ö1-Mittagsjournal“.

Erfreut über den Abschluss der Metallindustrie zeigte sich Wirtschaftsminister Kocher (ÖVP). Die Einigung sei ein Zeichen dafür, dass das „System der Lohnfindung in Österreich funktioniert“, sagte er am Rande einer Pressekonferenz. Trotz der schwierigen Rahmenbedingungen hätten die Sozialpartner demonstriert, zu Lösungen fähig zu sein. Inhaltlich wollte er den Abschluss jedoch nicht kommentieren.

Positive Reaktionen auf Metallindustrie-Kollektivvertrag

Lob für die Sozialpartner in der Metallindustrie, in welcher der neue KV rückwirkend mit 1. November gilt, kam von Wifo-Direktor Gabriel Felbermayr. Er meinte gestern in der „ZIB2“: „Das ist wirklich ein guter Abschluss.“ Beide Seiten hätten sich auf Neues eingelassen. „Das war ein ganz wichtiges Signal, dass unsere Sozialpartnerschaft noch funktioniert“, so der Ökonom. Von der Industriellenvereinigung hieß es: „Insgesamt ist mit der Einigung eine tragbare und kreative Lösung gelungen, die zu weiten Teilen Rücksicht auf aktuelle Herausforderungen nimmt.“

Die Einigung gestern, Donnerstagabend, in der Metalltechnischen Industrie, der Bergbau/Stahlindustrie und der Nichteisen-Metallindustrie kam nach acht Verhandlungsrunden und Streiks. Sie sieht eine durchschnittliche Erhöhung der Löhne und Gehälter um brutto 8,6 Prozent vor. Durch eine Staffelung bekommen die unteren Einkommensbezieher zehn Prozent mehr. Die Vereinbarung gilt für zwei Jahre, wobei im zweiten Jahr ein Prozent auf die rollierende Inflation drauf geschlagen wird.

Der neue Brutto-Mindestlohn bzw. das Mindestgrundgehalt liegt nun bei 2.426,23 Euro. Bis zu einem Bruttoeinkommen von nunmehr Рab 1. November 2023 Рknapp 4.200 Euro gilt die Erh̦hung von 10 Prozent, danach schmilzt sie ab auf ein maximales Plus von 400 Euro pro Monat. Bei knapp 8.000 Euro liegt das Einkommensplus bei 5,5 Prozent brutto. Im ersten Lehrjahr steigt das Einkommen mit den neuen Kollektivvertrag auf 1.000 Euro.

Noch ausstehende Details

Einen kleinen Schönheitsfehler hat die Einigung noch. Offiziell ist der Abschluss noch nicht wirksam, er gilt vorbehaltlich der konkreten Ausgestaltung der neuen, sogenannten Wettbewerbssicherungsklausel. Sie soll für Betriebe mit hoher Personalkostenbelastung gelten und ermögliche die Reduktion der IST-Erhöhung – etwa gegen mehr Freizeit. Darüber wird nun weiter verhandelt, beide Seiten zeigten sich aber zuversichtlich dass sie sich hier Anfang nächster Woche finden werden. Weiterhin offen ist der KV-Abschluss im Handel, hier finden heute Warnstreiks statt.

Die Löhne in Südtirol stagnieren währenddessen

Von solchen Kollektivvertragsabschlüssen kann Südtirol nur träumen. Vor allem deshalb, weil es am Gängelband Italiens hängt und damit auch staatliche Kollektivverträge angewandt werden. So sind beispielsweise viele Kollektivverträge in Italien bereits seit Jahren verfallen. Jegliche Verhandlungsversuche verlaufen im Sand. Für die Beschäftigten in Südtirol ist das besonders bitter: Die Lebenshaltungskosten sind weit höher als im Süden Italiens und die Inflation hat in den vergangenen Jahren ihr Übriges getan – viele Bürger tun sich immer schwerer über die Runden zu kommen.

Um explizit auf die Situation in Südtirol reagieren zu können, haben die lokalen Gewerkschaftsorganisationen bereits im Jänner dieses Jahres die Einführung eines provinzialen Lohnelementes gefordert. Dieses ist am Veto der Arbeitgeberverbände gescheitert.

Ein Blick nach Österreich reicht: In sozialpartnerschaftlicher Manier ist es durchaus möglich, spürbare Lohnerhöhungen durchzusetzen. Anders in Italien: Dort wird viel geschrien, aber Resultate gibt es kaum.

APA/UT24

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