von gk 08.04.2023 10:00 Uhr

„Feindselige Akte gegen die Regierung“

Im April vor 102 Jahren wurde in Laag ein deutscher Kindergarten geschlossen und ein Verbot des deutschen Vorbetens bei sonstiger Strafe aufgrund des „Zweifelns am Staat Italien“ verhängt.

Der Ortsteil Laag im Gemeindegebiet von Neumarkt (Foto: Effekt Verlag).

„Am 19. April 1921 berichtete die Zeitung „Der Tiroler“, dass vor kurzem der deutsche Kindergarten in Laag eröffnet, aber bald wieder über behördliche Verfügung geschlossen worden sei. Kurze Zeit später sei ein italienischer Kindergarten unter der Leitung zweier italienischer Ordensschwestern eröffnet worden, der aber nur von sechs Kindern besucht werde. Über dieses Geschehen liegt im Diözesanarchiv Brixen ein Bericht der Königlichen Carabinieri in Bozen vom 17. Februar 1921 über „feindselige Akte gegen unsere Regierung“ auf. Demnach habe der Kurat Emanuel Zia zusammen mit dem Dekan von Neumarkt, Martin Tumler, die Eröffnung des deutschen Kindergartens betrieben, um die Einrichtung eines italienischen Kindergartens zu verhindern. Es seien umgehend 37 Kinder eingeschrieben worden. Daraufhin sei der Schulinspektor Bonatta eingeschritten und habe den Kindergarten geschlossen.

In dem Bericht hieß es abschließend: „Dies dient neuerlich dazu, die pangermanistische Feindseligkeit des Klerus in diesen Landstrichen zu demonstrieren.“

  • Schlusssatz des Berichtes der Carabinieri von Bozen (Foto: Effekt Verlag).

Wie die Zeitung „Der Tiroler“ am 19. April 1921 weiter berichtete, hätten früher die deutschen Schulschwestern in der Kirche den Rosenkranz vorgebetet, „was seit einiger Zeit nicht mehr geschehen darf. Auf unsere Erkundigungen hin erfuhren wir über den Grund dieser Maßregel, dass der Schulinspektor den Schwestern das deutsche Vorbeten in der Kirche verboten habe.“

  • Der bestrafte Pfarrer Rudolf Corradini (Foto: Effekt Verlag).
  • Historische Postkarte von Cortina d'Ampezzo aus der altösterreichischen Zeit (Bild: Effekt Verlag).

Im ladinischen Cortina d’Ampezzo wurde im Frühjahr 1921 der Kooperator Rudolf Corradini von einem Gemeindemitglied gefragt, wie lange seiner Meinung nach die Italiener in Ampezzo verbleiben würden. Der Kooperator sagte, er glaube den Zusammenbruch Italiens noch erleben zu können. Diese Äußerung kam dem Zivilkommissär Carlo Trenner zu Ohren, welcher über den Priester eine nicht geringe Geldstrafe verhängte.

Der Kooperator sollte allerdings keinen Abzug der Italiener erleben, denn Ampezzo wurde infolge der Annexion Südtirols durch Italien 1923 von Tirol abgetrennt und der Provinz Belluno angeschlossen.“

Der obige Auszug stammt aus dem Buch „An der Seite des Volkes. Südtirols Geistliche unter dem Faschismus 1918–1939“ von Helmut Golowitsch.

Golowitsch, Helmut: An der Seite des Volkes. Südtirols Geistliche unter dem Faschismus 1918–1939: Neumarkt a.d. Etsch: Effekt!. 2022.
ISBN: 978-88-97053-95-8

Der Verfasser hat seinem Buch ein Verzeichnis beigefügt, in welchem Ereignisse, dokumentierte Übergriffe und Gewalttaten nach Daten von 1918 bis Mai 1943 dokumentiert und kartografisch abgebildet sind.

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