von gk 09.03.2023 16:24 Uhr

Der Terror der Nachkriegs-„Partisanen“

Mit dem Einmarsch der amerikanischen Truppen in Südtirol im Mai 1945 kam es zu einer wundersamen Wiederauferstehung des zuvor zerschlagenen „Bozner Befreiungskomitees“ CLN. In Archiven finden sich zahlreiche Berichte über Gewalttaten sogenannter Nachkriegs-„Partisanen“ sowie italienischer Militärpersonen 1945 in Südtirol.

In Räuberzivil oder zusammengestückelten deutschen und italienischen Uniformen präsentierten sich in zahlreichen oberitalienischen Städten die "Partisanen der letzten Stunde". Viele von ihnen wurden nun im Auftrag des CLN Bozen nach Südtirol gekarrt und dabei gut entlohnt. (Bild: Effekt Verlag)

„Diese Berichte und Protokolle wurden meist von Vertrauensleuten der SVP oder örtlichen Pfarrern niedergeschrieben und heimlich an die „Landesstelle für Südtirol“ in Innsbruck weitergeleitet. Da Reisen über den Brenner nicht ohne Genehmigungen der alliierten Militärbehörden waren, mussten die meisten dieser Berichte im Fußmarsch über die Berge nach Nordtirol geschmuggelt werden. In dieser Dokumentation werden sie nun zusammen mit anderen Dokumenten der Öffentlichkeit zugänglich gemacht.

Das wundersam wiederauferstandene Bozner Befreiungskomitee CLN stand ab 1945 unter der Leitung von De Angeli und unterstand damit der Kontrolle des oberitalienischen CLNAI in Mailand. Ein amerikanischer Offizier namens George Brehm, welcher in Bruneck Dienst tat, schrieb einen Bericht, in welchem er festhielt, dass das CLN in der Umgebung von Bruneck bis Kriegsende nicht existiert habe, dann seien ihm aber schlagartig alle Italiener beigetreten. Letztendlich seien nach einiger Zeit einige aufrührerische Elemente als CLN-Vertreter übrig geblieben. Aus dem CLN-Hauptquartier in Bozen kämen immer wieder aufwieglerische Anweisungen. Er bitte darum, die CLN-Führung in Bozen zur Ordnung zu rufen, damit die öffentliche Ordnung nicht weiter gefährdet werde. Obwohl die Alliierte Militärregierung Mitte Mai 1945 aufgrund gehäufter Klagen die Zusammenarbeit mit dem CLN einstellte, kam es auch in der Folge immer wieder zu Übergriffen gegenüber der einheimischen Bevölkerung durch solche Nachkriegs-„Partisanen“.

Die Verhaftungswelle gegen die Deutschen und die „Freiwilligen für 14 Lire“

Dr. Wolfgang Steinacker, der Südtirol-Berater des französischen Oberbefehlshabers in Nordtirol, General Bethouart, führte im Auftrag der französischen Besatzungsmacht Erkundungsreisen in Südtirol durch, verfasste Lageberichte und gab auch Informationen an die neue „Landesstelle für Südtirol“ weiter. In einem Bericht hat Steinacker am 12. Juni 1945 Übergriffe sogenannter Partisanen unter Anleitung des italienischen CLN in Bozen geschildert: Es habe eine „große Verhaftungswelle“ gegen alle Südtiroler eingesetzt, die in der deutschen Volksgruppenorganisation eine Rolle gespielt hatten.

„In Bozen sprach man bis zu meiner Abreise zu Pfingsten von etwa 200 Verhaftungen, darunter auch vollkommen harmloser alter Leute. Es genügte scheints, die geringste Verdächtigung seitens des Comitato, der und der sei ein Nazi, um ihn für Wochen ins Loch zu bringen. […] Niederdrückend war der Anblick der großen Lastkraftwagen, die aus Brescia, Verona, Vicenza Tag für Tag in Bozen eintrafen und ganze Scharen italienischen Gesindels wieder nach Südtirol heraufbrachten. Wie ich aus einem Gespräch auf der Straße entnehmen konnte, wurden diese Leute alle vom Comitato di liberazione bezahlt. ‚Faccio il volontario per 14 Lire all‘ ora!‘ (‚Ich spiele für 14 Lire in den Stunde den Freiwilligen“‘), erzählte ein solcher Strolch einem Bekannten. Die Entlohnung für einen durchschnittlichen Fabrikarbeiter betrug damals 10 bis 12 Lire die Stunde.“

Schutzlos einem Terror-Regime ausgeliefert

In einem Bericht eines damaligen Zeitzeugen heißt es, „dass die mit der Binde des CLN geschmückten Leute, insbesondere junge in der Schule des Faschismus aufgewachsene Burschen, vielfach eine absolute Willkürherrschaft gegen die Südtiroler Bevölkerung ausübten, Beamte und Bürgermeister ab- und einsetzten, Verhaftungen, Hausdurchsuchungen, Plünderungen und Requisitionen von Privateigentum, insbesondere von Automobilen vornahmen, sich in jeder Hinsicht in die Verwaltung einmischten, so dass die Südtiroler Bevölkerung vieler Orts besonders in Bozen das Empfinden hatte, schutzlos einem Terrorregime ausgeliefert zu sein.“

Die Historikerin Eva Pfanzelter dokumentiert in ihrem Buch „Südtirol unterm Sternenbanner“ das „unerhörte Verhalter der Freiheitskämpfer“. In einem ihr übersandten Manuskript berichtet ein US-Colonel Bill Healey, dass die Partisanen zumeist Kommunisten gewesen seien und „soweit ich mich auskenne, niemals gekämpft haben. […] Sie versteckten sich in den Bergen, tranken Wein, spielten Haushaltsführung mit ihren Freundinnen und warteten, bis wir die Krauts loswurden.“

Colonel Healey berichtet, dass eine ziemlich betrunkene „große Gruppe gut bewaffneter junger Männer und Frauen“ den Jeep, in welchem er saß, angehalten hätte. „Der Führer bot mir einen Schluck aus seiner Flasche an […] und sprach mich in passablem Englisch darauf an, dass er die Amerikaner willkommen hieße und wir nun gemeinsam alle Tedeski (Deuschen) töten würden. Wie ich mich erinnere, sagte er: ‚Tenente (Anm.: Leutnant), Sie können sie nun alle entwaffnen und dann töten wir sie alle. Sie brauchen sie dann gar nicht in Lager zu stecken. Es ist sehr einfach. Trinken Sie noch einmal und dann geben Sie uns ein Zeichen, wenn Sie die Waffen von denen haben. Wir tun dann den Rest. […]“

Aus radikalen Faschisten wurden „Partisanen“

In einem von Eva Pfanzelter aus US-Akten zitierten Bericht eines deutschen Einheimischen heißt es: „Bis zum 2. Mai hat man in der gesamten Provinz Bozen sehr ruhig und ungestört gelebt. Das Treiben der Partisanen war uns vollkommen unbekannt. Am 3. Mai wurden dann alle Partisanen und zwar diejenigen, die bis dahin radikale Faschisten waren.“ Diese Partisanen hätten Einbrüche in Zivilhäuser und Raub von Wehrmachtsgut begangen hätten, weshalb die Amerikaner dazu übergegangen seien, „in Südtirol die deutschen Truppen nicht mehr zu entwaffnen, damit sie sich gegebenenfalls selbst gegen Angriffe der Partisanen verteidigen konnten.“

Als sich die Klagen über das Verhalten der Partisanen gehäuft hatten, ordnete das alliierte Hauptquartier Mitte Mai 1945 an, dass die Zusammenarbeit der alliierten Militärregierung mit dem CLN eingestellt werde.

  • Aus Mailand wurden Nachkriegs-"Partisanen" nach Bozen gekarrt, um die Position De Angelis zu sichern und die deutsche Bevölkerung unter Druck zu halten. (Bild: Effekt Verlag)

Zeigen, wer der Herr im Haus ist

Neben Plünderungen und Raub, vielfach zum persönlichen Vorteil der Täter, kam es auch zu Gewalttaten bis hin zum Mord. Es ging wohl darum, der einheimischen Bevölkerung zu zeigen, wer in Südtirol der Herr im Haus war und wer sich dieser Herrschaft widerspruchslos zu fügen hatte. Wohl aus diesem Grund sahen die italienischen Behörden tatenlos zu. Den „Partisanen“ des Bozner CLN standen zusätzlich „camerati“ zur Seite, die aus den benachbarten Provinzen nach Südtirol einfielen und zumindest unter Duldung ihrer Untaten durch das Mailänder CLNAI handelten.

Berichte über Übergriffe auf die deutsche Bevölkerung: Tramin und Kurtatsch: Raub und Erpressungen

In einem der im Tiroler Landesarchiv aufliegenden Berichte, welcher undatiert ist, aber vom Mai 1945 stammen dürfte, heißt es: „Die polizia partigiana in Tramin, die letzthin von den Engländern aufgelöst worden ist, hat auch in Kurtatsch zahlreiche Willkürakte (Hausdurchsuchungen, Beschlagnahmen und Erpressungen) vorgenommen. So wurde beim Besitzer Carli ein Revolver in einem Heustock ‚hineinpraktiziert‘, wofür die polizia partigiana als Schweigegeld einen Beitrag von Lire 20.000.- erpresste. Desgleichen wurde bei einer Frau Gruber ein Betrag von L. 9.000.- erpresst.“ […]

  • In dem malerischen Weinort Kurtatsch übte die sogenannte "Partisanen-Polizei" aus Tramin eine verbrecherische Tätigkeit aus. (Bild: Effekt Verlag)
  • Dokument aus dem Tiroler Landesarchiv (Bild: Effekt Verlag)

Der obige Auszug stammt aus dem Buch „Repression. Band 1. Wie Südtirol 1945/46 wieder unter das Joch gezwungen wurde“ von Helmut Golowitsch.

Golowitsch, Helmut: Repression. Band 1. Wie Südtirol 1945/46 wieder unter das Joch gezwungen wurde: Neumarkt a.d. Etsch: Effekt!. 2020. ISBN: 978-88-97053-68-2

Der Verfasser hat seinem Buch ein Verzeichnis beigefügt, in welchem dokumentierte Übergriffe und Gewalttaten nach Daten von Mai 1945 bis Mai 1946 dokumentiert und kartografisch abgebildet sind.

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