von ak 10.12.2022 08:30 Uhr

Fußball-WM: Die ersten Viertelfinal-Ergebnisse

Kroatien besiegt Brasilien beim Elfmeterschießen und steht wie vor vier Jahren im WM-Halbfinale. Die Mannschaft setzte sich am Freitag im Viertelfinale gegen den fünffachen Weltmeister mit 4:2 durch. Ebenfalls im Elfmeterschießen gelang es Argentinien den Einzug ins Halbfinale gegen die Niederlande mit einem 4:3 für sich zu entscheiden. Am Dienstag trifft Argentinien im Halbfinale der WM auf Vize-Weltmeister Kroatien.

APA/AFP; Collage UT24

Kroatien 4:2 Brasilien

In der Elfer-Entscheidung scheiterte Rodrygo an Dominik Livakovic, Marquinhos schoss an die Stange. Für Kroatien trafen alle vier angetretenen Akteure. Neymar schien die Partie vor knapp 44.000 Zuschauern davor scheinbar entschieden zu haben. Brasiliens Superstar überwand nach zweifachem Doppelpass den zuvor glänzend haltenden Livakovic. Mit seinem 77. Treffer im Nationalteam-Trikot zog Neymar mit Brasiliens derzeit im Krankenhaus liegender Fußball-Legende Pelé (82) gleich. Es war zu wenig, da Kroatien noch den Ausgleich schaffte. Im Halbfinale trifft das Team von Zlatko Dalic am Dienstag auf Argentinien, das gegen die Niederlande ebenfalls erst im Elferschießen weiterkam.

Brasilien hatte am Ende ausgetanzt, nachdem der Mitfavorit selbstbewusst ins achte WM-Viertelfinale in Folge gegangen war. Trainer Tite sah nach dem 4:1 gegen Südkorea keinen Grund, seine Formation zu wechseln. „Jogo bonito“, das schöne Spiel, blieb diesmal aber aus. Die Kroaten machten schon in den ersten Minuten klar, dass man einen anderen Gegner abgeben würde. Nach dem Elferkrimi gegen Japan standen mit dem wieder fitten Linksverteidiger Borna Sosa und Rechtsaußen Mario Pasalic zwei Neue in der Startelf.

Luka Modric und Co. nutzten ihre Vorteile im Mittelfeld zunächst und versuchten den Spielaufbau der Südamerikaner früh zu stören. Bei einer Pasalic-Hereingabe verpasste Ivan Perisic den Abschluss (13.). Brasiliens Defensive ließ aber sonst nichts zu. Das galt auch für die kroatische Abwehr, die ihre physischen Stärken einsetzte. Richarlison, Neymar oder Vinicius Jr. fanden kaum Raum für Kombinationen. Neymar ließ sich oft zurückfallen, um den Einfädler zu geben, die zündende Idee blieb vorerst aus.

Brasiliens Poster-Boy bot sich kurz vor der Pause noch eine Chance per Freistoß. Der leicht abgefälschte Versuch war leichte Beute für Livakovic. Vor den Augen von ehemaligen brasilianischen Größen wie Ronaldo, Roberto Carlos oder Rivaldo zeigte die Selecao mit Pausenpfiff noch viel Luft nach oben.

Die Pause zeigte Wirkung, Brasilien nahm danach Fahrt auf. Bei einer Hereingabe von Vinicius Jr. prüfte Josko Gvardiol bei einer Rettungsaktion den eigenen Schlussmann (47.), eine Minute später sprang Josip Juranovic der Ball im Strafraum unglücklich an die Hand. Der VAR-Check ergab zu Recht keinen Elfmeter. Neymar tauchte nach idealer Vorarbeit von Richarlison vor Livakovic auf, konnte diesen aus spitzem Winkel aber nicht überwinden (55.).

Kroatien wankte, und versuchte, Tempo aus dem Spiel zu nehmen. Tite brachte mit Antony und Rodrygo für Raphinha und Vinicius Jr. indes frische Offensivkräfte. Der aufgerückte Lucas Paqueta stand mit etwas Ballglück erneut vor Livakovic, der Dinamo-Zagreb-Keeper blieb ebenso Sieger (66.) wie gegen Neymar (76.). Auch Dalic versuchte, den Angriff mit frischen Akteuren zu beleben. Brasilien drückte im Finish der regulären Spielzeit noch einmal, konnte das Tor aber nicht erzwingen.

Kroatien musste erneut in die Verlängerung. Einmal bot sich die Chance, das Spielgeschehen auf den Kopf zu stellen. Petkovic düpierte zwei Brasilianer, Marcelo Brozovic schoss jedoch deutlich übers Tor (103.). Noch vor dem Abpfiff der ersten Hälfte der Verlängerung brandete dann Jubel auf. Neymar kombinierte mit Rodrygo, dann mit Paqueta, stand wieder alleine vor Livakovic und ließ den Kroaten dieses Mal aussteigen. Der 30-Jährige ist nun einer von nur drei brasilianischen Spielern, die bei drei verschiedenen Weltmeisterschaften getroffen haben. Vor ihm war dies nur Pelé und Ronaldo gelungen.

Während sich Brasilien sicher fühlte, musste Kroatien reagieren. Ein Zagreb-Gespann rettete das Team in die Entscheidung. Der ebenfalls eingewechselte Mislav Orsic war links durch und fand Petkovic, dessen abgefälschte Direktübernahme Alisson nicht bändigen konnte. Es war der einzige Schuss auf das brasilianische Gehäuse im gesamten Spiel. Wieder musste Kroatien in die Elfer-Entscheidung, wieder wurde Livakovic zum Helden. Er parierte gegen Rodrygo zunächst den vierten Elfer bei dieser WM in Folge. Während alle Kroaten trafen, schoss Marquinhos als fünfter Brasilianer dann an die Stange.

Kroatien verlängerte damit auch eine unglaubliche Serie. Bei den jüngsten beiden Weltmeisterschaften gelang in den K.o.-Phasen fünfmal der Aufstieg nach 120 Minuten und mehr. Gegen Dänemark (i.E.), Russland (i.E.) und England (n.V.) zogen die Südosteuropäer vor vier Jahren ins Finale vor. In Katar kam sie nun gegen Japan und Brasilien zweimal im Elferschießen weiter. Auch bei Brasilien geht eine Serie weiter: Auch im fünften Anlauf wurde ein K.o.-Duell gegen ein europäisches Team verloren. Davor war gegen Frankreich (2006), die Niederlande (2010), gegen Deutschland (2014) und Belgien (2018) Endstation.

Argentinien 4:3 Niederlande

Argentinien durfte sich bei Messi und Torhüter Emiliano Martinez bedanken, dass die Reise in Katar weitergeht. Messi bereitete mit einem genialen Pass das Führungstor von Nahuel Molina (35.) vor und traf in der 73. Minute per Foulelfmeter souverän zum 2:0. Doch die bis dahin harmlosen Niederländer kamen durch einen Joker zurück. Wout Weghorst verkürzte fünf Minuten nach seiner Einwechslung per Kopf auf 1:2 (83.) und glich die Partie nach einem Freistoß-Trick in der 11. Minute der Nachspielzeit aus. Im Elfmeterschießen wurde Martinez mit zwei gehaltenen Elfmetern zum Matchwinner.

Eine gute halbe Stunde tat sich wenig im Lusail Stadium. Vorsicht reagierte bei beiden Mannschaften, das Geschehen spielte sich fast nur im Niemandsland ab. Für eine erste Schrecksekunde im niederländischen Strafraum sorgte Torhüter Andries Noppert, dessen Pass von Julian Alvarez beinahe abgefangen worden wäre (7.).

Messi bekam besondere Aufmerksamkeit von Nathan Ake, konnte sich in der 22. Minute aber erstmals durchsetzen. Sein Schuss ging klar über das Tor. Mit seinem zweiten gelungenen Spielzug leitete er aber die Führung ein. Nach einer typischen Aktion mit perfekter Ball-Annahme und kurzem Haken behielt er am Sechzehner den Überblick und setzte Molina ideal ein, der mit seinem ersten Länderspieltor zum 1:0 traf.

Teamchef Louis van Gaal, der sich mit dem Oranje-Team nach den drei Finalniederlagen 1974, 1978 und 2010 den Titel zum Ziel gesetzt hatte, brachte nach der Pause mit Steven Berghuis und Teun Koopmeiners zwei neue Kräfte. Die Niederländer mussten offensiver werden, hatten aber zu wenig Tempo und Präzision im Spiel, um mit ihren Ballstafetten die stabile argentinische Defensive in Bedrängnis zu bringen.

Für Messi gab es nun etwas mehr Raum, mit Standards wurde der sechsfache Weltfußballer auch gefährlich. Ein Freistoß ging knapp über das Tor (63.), zehn Minuten später durfte er auch jubeln. Nach einem Foul von Denzel Dumfries an Marcos Acuna trat Messi zum Elfmeter an und ließ Noppert keine Chance. Mit seinem vierten Turniertor schloss Messi mit nun insgesamt zehn WM-Treffern zum argentinischen Rekordler Gabriel Batistuta auf.

Nach einer kurzen Unterbrechung wegen eines Flitzers und aus dem Nichts kamen die Niederländer aber zurück ins Spiel. Eine Flanke von Berghuis verkürzte der ebenfalls eingewechselte Weghorst per Kopf und hauchte seinem Team wieder Leben ein. Berghuis traf danach nur das Außennetz (85.), sein wuchtiger Freistoß landete in der Mauer (93.), doch in der Nachspielzeit schockte Weghorst die zehntausenden blau-weißen Fans im Stadion. Nach einem unnötigen Foul an der Strafraumgrenze traf der Stürmer von Besiktas Istanbul nach einem überraschend kurz gespielten Freistoß von Koopmeiners.

In der Verlängerung hatten die Niederlande durch Luuk de Jong (113.) die große Chance, danach drängte aber Argentinien. Lautaro Martinez (114., 115.), German Pezzella (116.) und Enzo Fernandes mit einem Schuss an die Stange (121.) scheiterten. Die Südamerikaner nahmen das Momentum ins Elfmeterschießen mit. Martinez parierte die Schüsse von Virgil van Dijk und Berghuis, Messi und Leandro Paredes brachten Argentinien mit 2:0 in Führung. Doch die Niederländer kamen auch im Elferschießen noch einmal zurück und stellen auf 3:3, ehe Lautaro Martinez zum letztlich verdienten Aufstieg traf.

Argentinien ist damit weiter im Rennen um den dritten WM-Titel nach 1978 und 1986, für Messi wäre es eine Premiere. Aus dem vermeintlichen Halbfinalschlager gegen den Erzrivalen Brasilien wurde es aber nichts, weil der Rekordweltmeister am Nachmittag im ersten Viertelfinale an Kroatien gescheitert war. Für Messi wird damit das Duell mit dem Vize-Weltmeister ein Rekordspiel, schließt der 35-Jährige doch mit seinem 25. WM-Einsatz zu Rekordspieler Lothar Matthäus auf.

APA/UT24

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