„Kreatives Spendensystem“ und Vetternwirtschaft: Hat Kompatscher gelogen?

Kompatscher soll, so die Süd-Tiroler Freiheit, über die Agentur „Zukunvt“ einen zusätzlichen Parallel-Wahlkampf im Wert von über 60.000 Euro geführt haben, den nicht die SVP, sondern er persönlich in Auftrag gegeben haben soll. Aus Unterlagen gehe ebenfalls hervor, wie bestimmten Personen gezielt öffentliche Aufträge zugeschanzt wurden.
„Wenn das alles so stimmt, wäre dies nicht nur eine eklatante und gesetzeswidrige Überschreitung der Wahlkampfkostenobergrenze sowie ein Missbrauch von Steuergeldern, sondern brächte Landeshauptmann Kompatscher auch in erhebliche Erklärungsnot, denn dann hätte er die Bevölkerung bewusst belogen“, schlussfolgert der STF-Landtagsabgeordnete Sven Knoll.
Neue Spenden-Liste über 5.000 Euro bestätigt Echtheit der geheimen Liste
In den neuen Unterlagen, die der Süd-Tiroler Freiheit aus der SVP zugespielt wurden, befinden sich auch ein offizielles SVP-Dokument, in welchem alle Spender über 5.000 Euro aufgelistet sind. Der Inhalt dieses Dokuments decke sich mit den Großspendern aus der geheimen Liste, die die Süd-Tiroler Freiheit dem Untersuchungsausschuss übergeben hat.
Zudem befinde sich in den Unterlagen eine detaillierte Auflistung, welche Personen in den jeweiligen Unternehmen kontaktiert wurden und über welche E-Mailadresse diese Kontaktaufnahme erfolgte. Auch diese Auflistung deckt sich mit der geheimen Spenderliste. SVP-Funktionäre hätten der Süd-Tiroler Freiheit zudem bestätigt, dass die Liste mit den Spendern unter 5.000 Euro echt sei. Die Schutzbehauptung der SVP, dass die Liste ein „Fake“ sei, sei damit für die STF widerlegt.
Eine Viertelmillion für Kompatschers Wahlkampf
Der Süd-Tiroler Freiheit liegt nun auch die SVP-interne Kommunikation zu den Wahlkampfspenden vor, in welcher die SVP selbst von einem „kreativen Spendensystem mit Direktspenden für Kandidaten“ spricht, womit ebenfalls bestätigt werde, dass es Direktspenden an Kandidaten gegeben habe.
Zudem werde aus der SVP-Korrespondenz ersichtlich, dass mit den Spendern ausdrücklich vereinbart worden sei, dass die Spenden nach einem Schlüssel verteilt werden. Landeshauptmann Kompatscher erhielt demnach für seinen Wahlkampf eine Viertelmillion (250.000) Euro. Zur Erinnerung: die gesetzlich erlaubte Obergrenze liegt bei 30.000 Euro.
„Wie kann Kompatscher also behaupten, dass er keine Spenden für den Wahlkampf erhalten und verwendet hat, wenn aus den SVP-Unterlagen klar hervorgeht, dass er mehr als die Hälfte aller SVP-Spenden erhalten hat? Hat er die Bevölkerung belogen?“, fragen sich Sven Knoll und Myriam Atz Tammerle von der Süd-Tiroler Freiheit.
Parallel-Wahlkampf für Kompatscher
Betrachtet man die Auflistung der Direktausgaben für Landeshauptmann Kompatscher, so falle auf, dass über 60.000 Euro an die Agentur „Zukunvt“ gegangen seien, über die Kompatscher einen persönlichen Parallel-Wahlkampf geführt haben soll. Die Rechnung hierfür wurde laut den SVP-internen Informationen jedoch der SVP angelastet.
Brisant dabei sei, dass die SVP mit der Agentur „Zukunvt“ nie einen Vertrag über den Kompatscher-Wahlkampf abgeschlossen haben soll. Diesen Auftrag soll Kompatscher persönlich erteilt haben. Auch wenn die SVP aus den Spenden die Rechnung bezahlt hat, bliebe Kompatscher dennoch der Auftraggeber und hätte ─ zusätzlich zur Viertelmillion Euro an Spenden ─ allein schon damit die gesetzlich erlaubte Wahlkampfkostengrenze von 30.000 Euro überschritten.
Vetternwirtschaft mit Wahlkampfagentur von Kompatscher
Besonders schwer wiegen die Vorwürfe gegen Kompatscher in Bezug auf das Zuschanzen öffentlicher Aufträge an seine Wahlkampfagentur. Bereits 2013 und dann nochmals 2018 hat die Agentur „Zukunvt“ für Arno Kompatscher den persönlichen Wahlkampf betreut. Der Mitinhaber der Agentur wurde in der Folge als Teilzeit-Mitarbeiter der SVP-Fraktion im Landtag angestellt und wird somit seit bald zehn Jahren mit öffentlichen Geldern bezahlt.
Es bestehe sohin der Verdacht, dass ein Teil der Abrechnung einfach „kreativ“ durch die Teilzeitanstellung in der SVP-Fraktion mit Steuergeldern bezahlt worden sei. Dass die Ressourcen des Landtages und somit Steuergelder für den Wahlkampf von Kompatscher und der SVP missbraucht wurden, konnte laut Angaben der STF nämlich schon 2018 nachgewiesen werden, denn im Drucker des Landtages wurde das Wahlkampfstrategiepapier der Agentur vergessen.
Alles gezahlt mit Steuergeld
Doch damit nicht genug! Die Wahlkampfagentur von Kompatscher ─ deren Inhaber von der SVP-Landtagsfraktion angestellt und mit Steuergeldern bezahlt wird ─ bekommt seit Jahren zusätzlich lukrative öffentliche Aufträge von der Landesregierung zugeschanzt. Die allermeisten davon einfach in Direktvergabe und „zufälligerweise“ gehäuft aus dem Ressort von Kompatscher.
Die Wahlkampfagentur von Kompatscher werde dabei scheinbar für alles angestellt. Von der Betreuung der privaten Homepage von Arno Kompatscher, über Sensibilisierungskampagnen im Straßendienst, Werbekampagnen für Kultur, Jobbörsen und Mehrsprachigkeit, bis hin zur Verbreitung von Corona-Verhaltensregeln. Dabei handelt es sich um Aufträge von bis zu 50.000 Euro, so die Süd-Tiroler Freiheit.
Vom Ressort des Landeshauptmannes erhält die Werbeagentur sogar einen Direktauftrag im Wert von 46.000 Euro als „Kommunikation Grafik- und Digitalagentur“. Auch für die Umsetzung der Kampagne „#NeustartSüdtirol“ bekommt die Agentur von Kompatscher einen Auftrag von insgesamt 42.456 Euro.
Ebenso lukrativ scheint das Betätigungsfeld für die Werbeagentur von Kompatscher bei der wiederum von Kompatscher geschaffenen IDM zu sein, die ebenfalls unzählige Direktaufträge an die Agentur Zukunvt vergibt. Auch an der Dach- und Qualitätsmarke arbeitet die Wahlkampfagentur von Kompatscher mit.
In den letzten Jahren wurden so über 50 Aufträge direkt an die Werbeagentur von Kompatscher vergeben, alles gezahlt mit Steuergeldern.
Sven Knoll und Myriam Atz Tammerle, Süd-Tiroler Freiheit






