Zahlungsunfähigkeit im Jahr 2023

Die Kleine Zeitung zitierte in ihrer Dienstags-Ausgabe aus einem Schreiben von Stadtrechnungshofdirektor Hans-Georg Windhaber an die Rathauskoalition aus KPÖ, Grünen und SPÖ. Darin werde angesichts des wackeligen Doppelbudgets für 2022/23 vor der Zahlungsunfähigkeit schon 2023 gewarnt. Laut Kronen Zeitung soll Windhaber schon mehrmals darauf hingewiesen haben. Nach dem Budgetbeschluss im Juni sei es nun so, dass die mittelfristige Finanzplanung schon nächstes Jahr aus dem Ruder laufen könne.
Die Liquidität der Stadt – einschließlich der Auszahlungen zur planmäßigen Tilgung von Darlehen – sei nicht sichergestellt, so die Kleine Zeitung. Anders als zugesagt hätten Finanzstadtrat Manfred Eber von der KPÖ und Finanzdirektor Stefan Tschikof weder im September noch mit Ende Oktober eine überarbeitete Planung vorgelegt, die der Gemeinderat beschließen müsste. Laut ORF Steiermark hätte eine für den Stadtrechnungshof nachvollziehbare, neue Mittelfristplanung bis Ende Oktober vorgelegt werden sollen.
Finanzstadtrat Eber, der in vergangenen Monaten laufend von ÖVP, FPÖ und NEOS kritisiert worden war, räumte ein, dass die Finanzsituation nicht rosig sei. Dies treffe aber alle Kommunen, die wegen der massiven Teuerungen budgetär unter Druck stünden. Über das Schreiben des Stadtrechnungshofs zeigte er sich erstaunt, denn am Mittwoch würden den Prüfern die neuen Budgetzahlen ohnehin vorgelegt. Man verhandle auch über Konsolidierungsmaßnahmen.
Schlechtes Krisenmanagement
Eber sah eine Mitverantwortung bei der bis Herbst 2021 regierenden Stadt-ÖVP, die mit Günter Riegler auch den Finanzstadtrat stellte. Dies wies Riegler wiederum zurück, denn er habe schon seit Monaten davor gewarnt, dass sich das Budget der aktuellen Rathauskoalition unmöglich ausgehen könne. Die Zeiten seien schwierig, so Riegler laut Kleine, aber das Krisenmanagement sei „schlichtweg schlecht“.
Die grüne Vizebürgermeisterin Judith Schwentner – in Gemeinderatskoalition mit KPÖ und SPÖ – reagierte gegen Mittag schriftlich: „Die Stadt ist konfrontiert mit einem massiven Schuldenberg als Erbe der schwarz-blauen Koalition: Die Pro-Kopf-Verschuldung stieg unter Schwarz-Blau um zusätzliche 1.232 Euro, von 3.561 Euro in 2017 auf 4.793 Euro im Jahr 2021. Dazu kommt die multiple weltweite Krisensituation: Krieg, Energiekosten, Inflation, etc. Das ist tatsächlich eine sehr große Herausforderung.“ Die politische und fachliche Gestaltung des Budgets der Stadt Graz liege bei der KPÖ. Bürgermeisterin, Finanzstadtrat und Finanzdirektion seien am Zug.
Auf die dringliche Vorlage einer Mittelfristplanung hätten die Grünen mehrfach hingewiesen. Man habe von den Verantwortlichen ein Maßnahmenpaket eingefordert, um die finanzielle Handlungsfähigkeit für die derzeitige Situation zu sichern, wie Expertenrat, Optimierung in der Finanzdirektion usw. sowie Konsolidierungsmaßnahmen im gesamten Haus Graz. „Wir sind davon überzeugt, dass die herausfordernde Budget-Lage unter Einbeziehung von Experten erfolgreich gemeistert werden kann“, so Schwentner.
Regierungskommissär noch unrealistisch
Aus Sicht des Landes war Dienstagmittag Beruhigung angesagt: Seitens der Gemeindeaufsicht sei die Auflösung des Gemeinderates und die Einsetzung eines Regierungskommissärs derzeit noch kein realistisches Szenario. Die beiden Gemeindereferenten, Landeshauptmann Christopher Drexler (ÖVP) und Landeshauptmann Stellvertreter Anton Lang (SPÖ) zeigten sich allerdings besorgt über die dargestellten Entwicklungen: Für die Stadt Graz müssten dieselben Regeln wie für alle anderen Städte und Gemeinden in der Steiermark gelten, so Drexler und Lang in einer Stellungnahme.
Der aus der FPÖ ausgeschlossene „(Korruptions-) Freie Gemeinderatsklub“ riet am Dienstag, externe Experten zur Bewältigung der Krise zu holen und die Genese der Schuldenentwicklung aufzuarbeiten. Stadträtin Claudia Schönbacher sprach sich für eine Sondersitzung des Gemeinderates aus. Klubobmann Alexis Pascuttini sah den Ruf der Stadt Graz „massiv beschädigt“ und kritisierte Finanzdirektor Tschikof.
Für die FPÖ – durch die Parteiausschlüsse und eine Finanzaffäre geschwächt – kritisierte der einzig im Gemeinderat übrige blaue Mandatar Hermann Wagner: „Der zuständige KPÖ-Finanzstadtrat Manfred Eber und der schwarze Ex-Finanzstadtrat Günter Riegler üben sich derzeit in gegenseitigen Schuldzuweisungen.“ Es brauche fünf Sofortmaßnahmen, nämlich die sofortige Einleitung einer Prüfung des Landes Steiermark, die Einberufung eines Budgetgipfels unter Teilnahme des Stadt- und Landesrechnungshofes sowie von Vertretern aus Gemeinderat und Landtag sowie die Einsetzung eines längerfristig agierenden Budgetkonsolidierungsteams mit externen Experten und Vertretern des Stadt- und Landesrechnungshofes. Ferner sollten alle Förderungsmaßnahmen durchforstet sowie sämtliche Projekte evaluiert werden.
NEOS-Kontrollausschussvorsitzender Philipp Pointner sah die Stadtregierung „auf den unverantwortlichen Spuren“ des früheren ÖVP-Bürgermeisters Siegfried Nagl wandeln: „Statt wirklich ein mutiges Sanierungskonzept vorzulegen, bleibt die Stadtregierung seit ihrem Antritt apathisch. Es braucht endlich einen ehrlichen Kassasturz.“ NEOS hätten bereits im Sommer mehrfach auf die Liquiditätsprobleme und die mangelnde Mittelfristplanung hingewiesen. Man fordere eine Sondersitzung des Gemeinderates, sagte Pointner.
APA






