von at 29.01.2022 18:03 Uhr

Strompreise: Nordtirol top, Südtirol flop

„Warum kostet der Strom bei uns mehr als doppelt so viel wie beispielsweise in Innsbruck? 46 Cent bei uns, gegenüber 21 Cent pro kWh in Innsbruck, wie kann das sein?“, postete Paul Köllensperger, Chef des Team K, kürzlich auf seiner Facebook-Seite.

Foto: pixabay.com

Tatsächlich sind die Strompreise in Südtirol innerhalb eines Jahres explodiert und um satte 129 Prozent gestiegen, wie der Verbraucherschutzverein Robin in seiner jüngsten Presseaussendung aufzeigte (UT24 berichtete). Laut der Regulierungsbehörde für Energie, Netze und Umwelt ARERA beträgt seit 1.1.2022 der Referenzpreis für den typischen Kunden (Jahresverbrauch 2.700 kWh, Anschluss 3 kW) 46,03 Cent je kWh, einschließlich aller Steuern. Allein im ersten Trimester 2022 seien die Kosten gegenüber dem letzten Trimester 2021 um 55 Prozent gestiegen: Vor einem Jahr kostete 1 kWh noch 20,06 Cent (Steigerung + 129 Prozent). „Sollte sich am Strompreis nichts ändern, so hat der durchschnittliche Südtiroler Haushalt mit einem Verbrauch von 3.300 kWh mit Jahreskosten von über 1.500 Euro zu rechnen“, kritisiert der Verbraucherschutzverein und verweist auf die Situation in Österreich. In Innsbruck werden beispielsweise auf dem freien Markt von den günstigen Innsbrucker Komunalbetrieben bei einem Jahresverbrauch von 3.300 kWh Ökostrom zum aktuellen Strompreis 696 Euro, also 21,09 Cent/kWh, berechnet. In Wien (Ökostrom ausgenommen) bezahlt man beim Vertreiber Wien Energie 870 Euro, also 26,36 Cent/kWh (Quelle: Tarifkalkulator. E-Control, Preise ohne Neukundenrabatte).

 

Nicht nur Verbraucherschützer und Politiker wurden auf das Problem der exorbitanten Preissteigerung aufmerksam, auch die hiesige Medienlandschaft beschäftigte sich mit dieser Thematik. In einem vielbeachteten Artikel in der Neuen Südtiroler Tageszeitung ging der Journalist Heinrich Schwarz der Frage nach, weshalb trotz eigener Wasserkraft Südtirol dermaßen von explodierenden Strompreisen betroffen ist. Dazu hat er sich mit dem Direktor des Südtiroler Energieverbandes, Rudi Rienzner, zu einem Gespräch getroffen. Dieser erklärte, dass Südtirol den Regeln der nationalen Regulierungsbehörde für Energie unterworfen sei. Die Landesenergiegesellschaft Alperia könnte ihren mit Wasserkraft produzierten Strom nicht direkt an die Kunden verkaufen, sondern müsste ihn in das nationale Netz einspeisen. Von der staatlichen Regulierungsbehörde wird der Preis für den Strom vorgegeben, der aus diesem nationalen Markt an die Kunden weitergegeben wird. Rienzner betonte im Rahmen dieses Gesprächs aber auch die Möglichkeit für Stromgenossenschaften, die bereits vor 2010 bestanden haben, sich von diesem nationalen System abzukoppeln. Sie könnten ihren Strom direkt an die Mitglieder verkaufen. Auch die Fernheizwerke seien vom nationalen System abgekoppelt, deren Kunden seien somit nicht den allgemeinen Preiserhöhungen bei Wärme aus Heizöl und Gas unterworfen, so Rienzner, der von der Politik forderte, dass die Autonomiegesetze auch im Stromsektor umgesetzt werden sollen.

Weshalb die Verantwortlichen in der Politik nie daran gedacht haben, die Befugnisse, die das Autonomiestatut Südtirol in diesem Bereich der Stromerzeugung einräumt, zum Nutzen von Familien und Unternehmen zu gestalten, fragt sich im bereits erwähnten Facebook-Post auch Paul Köllensperger, der ankündigt, dieses Thema demnächst in den Landtag einzubringen.

Österreichs Maßnahmenpaket gegen die Verteuerung

Nicht nur Italien hat mit hohen Strompreisen zu kämpfen, ganz Europa ist aktuell mit den höchsten Preissteigerungen seit Jahren konfrontiert. Sie machen auch vor Österreich und Tirol nicht Halt. Am Freitag kündigte Landeshauptmann Günther Platter an, alles in seiner Macht stehende zu tun, um den Strompreis in Tirol weiter günstig zu halten. Im gleichen Atemzug begrüßt er die von der Bundesregierung ergriffenen Sofortmaßnahmen gegen die Teuerung. Diese sehen u. a. eine Aussetzung der Ökostrompauschale und des Ökostromförderbeitrags für 2022 vor, weiters einen Teuerungsausgleich für besonders vulnerable Gruppen. „Ich habe in den vergangenen Tagen laufend mit dem Landesenergieunternehmen TIWAG (Tiroler Wasserkraft AG) über die Auswirkungen der Aussetzung von Ökostrompauschale und Ökostromförderbeitrag diskutiert und das in Verhältnis zu den in Tirol erwartbaren Preissteigerungen gestellt“, so Platter. Das Ergebnis sei eine maßvoll gestaltete Preispolitik, derzufolge die Erhöhung weniger ausmachen wird als die Aussetzung von Ökostrompauschale und Ökostromförderbeitrag. Dadurch würde es zu keiner Mehrbelastung für den privaten Tiroler Durchschnittshaushalt kommen, bekräftigte LH Platter.

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