von hz 04.11.2021 09:51 Uhr

„Österreichische Bundesregierung hat kein Interesse an Südtirol“

Die Wahl zur laufenden Legislaturperiode des österreichischen Nationalrates hat vor über zwei Jahren stattgefunden. Ein Jahr später wurde wiederum der Südtirol-Unterausschuss eingerichtet. UT24 hat bei Peter Wurm, dem Nationalratsabgeordneten und Südtirol-Sprecher der FPÖ, nachgefragt, wie es um die Südtirol-Thematik im Hohen Haus in Wien aktuell bestellt ist.

FPÖ-Südtirol-Sprecher Peter Wurm

UT24: Herr Nationalratsabgeordneter Peter Wurm, Sie sind nun in der laufenden Legislatur seit über einem Jahr Mitglied und Obmann-Stellvertreter im Südtirol-Unterausschuss des Österreichischen Nationalrates. Was ist in diesem Gremium bisher geschehen?

Die türkis-grüne Bundesregierung hat überhaupt kein Interesse an Südtirol, was sich unter anderem darin manifestiert, dass der Südtirol-Unterausschuss in dieser Legislaturperiode noch kein einziges Mal zusammengetroffen ist. Lediglich zweimal fanden sich bei einer Sitzung des Unterausschusses des Außenpolitischen Ausschusses südtirolbezogene Themen auf der Tagesordnung und Hermann Gahr (ÖVP) hat sich einzig bei der Causa rund um das Rapvideo des ehemaligen Landeskommandanten des Südtiroler Schützenbundes Wirth-Anderlan zu Südtirol zu Wort gemeldet. Ihm würde es auch als Obmann des Südtirol-Unterausschusses obliegen, eine Sitzung einzuberufen. Alles in allem ist es ein unwürdiges Trauerspiel, welches die ÖVP hier veranstaltet. Von den Grünen hat man hierzu ohnehin nichts zu erwarten.

UT24: Wie ist der Stand der Dinge in Bezug auf die Doppelstaatsbürgerschaft für Südtiroler, die ja bereits im September 2019 im Nationalrat beschlossen wurde?

Diesbezüglich geht leider ebenfalls überhaupt nichts weiter. Obwohl es einen Mehrheitsbeschluss des Nationalrates gibt, wird dieser sowohl vom Außenminister als auch vom Innenminister ignoriert. Der Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft für die Nachkommen geflohener und vertriebener jüdischer Staatsangehöriger wurde indes realisiert. Das haben auch bereits mehr als 10.000 in Anspruch genommen. Geplant war ja, dies gemeinsam mit der österreichischen Staatsbürgerschaft für Südtiroler zu verwirklichen. Mit dem Ausscheiden der FPÖ aus der Bundesregierung ist dies aber leider auf Eis gelegt worden. Die Staatsbürgerschaft für Südtiroler bleibt aber natürlich weiterhin als Ziel in unserem Programm und vielleicht öffnet sich bald ein historisches Fenster.

Vielleicht öffnet sich bald ein historisches Fenster

Nationalratsabgeordneter Peter Wurm in Bezug auf die doppelte Staatsbürgerschaft für Südtiroler

UT24: So wie derzeit der Ruf nach Selbstbestimmung in Bezug auf die Corona-Regelungen wahrgenommen wird, so ist dieser Begriff auch seit Jahren für viele Südtiroler ein großer Wunsch in Bezug auf die Staatsangehörigkeit. Wie stehen Sie zum Selbstbestimmungs-Gedanken der Südtiroler?

Natürlich ist das Selbstbestimmungsrecht auch in Bezug auf Staatsbürgerschaft anzuwenden. Das heißt konkret, dass jedem Südtiroler die Möglichkeit gegeben werden solle und dieser frei entscheiden können soll, ob er sie wahrnehmen will. Es soll also keine Zwangsbeglückung sein. So verhält es sich auch mit dem Selbstbestimmungsrecht der Völker, welches den Südtirolern bis heute verwehrt wurde. Es ist kein Geheimnis, dass sich die FPÖ und auch ich eine Wiedervereinigung aller Landesteile im Heimatland Österreich wünscht. Auch mit der Eigenstaatlichkeit könnten wir leben, solange dies als mittelfristiger Zwischenschritt zur Wiedervereinigung dient. Alles in allem jedoch müssen diese Entscheidung selbstbestimmt die Südtiroler treffen. Unsere Position ist klar und unverrückbar.

UT24: Bereits des Öfteren wurde über die Zukunft der letzten Südtiroler Freiheitskämpfer diskutiert. Im vergangenen Sommer traf der österreichische Staatspräsident Alexander Van der Bellen mit dem italienischen Außenminister Luigi di Maio zusammen. Viele Südtiroler waren enttäuscht, dass dabei die Begnadigung der im Exil lebenden Südtirol-Aktivisten der 1960er Jahre nicht zur Sprache gekommen ist. Wie ist diesbezüglich der aktuelle Stand?

Leider gibt es auch hier keinerlei Bewegung. Van der Bellen hat diesbezüglich überhaupt kein Interesse erkennen lassen und bislang haben auch keine Begnadigungen/Amnestien stattgefunden. Meines Wissens nach, hat er bisher bei keinem Treffen diese Thematik angesprochen.

UT24: Herr Wurm, Sie sind seit knapp acht Jahren Abgeordneter zum Nationalrat, haben in dieser Zeit bereits sechs verschiedene Bundeskanzler erlebt. Welcher von denen hat/hatte Ihrer Meinung nach am meisten für die „Südtirol-Thematik“ übrig?

Leider muss meine Antwort da wie folgt ausfallen: keiner.

UT24: Eine Einschätzung Ihrerseits: Was findet wohl früher statt? Die nächste Südtirol-Unterausschuss-Sitzung oder Nationalratswahlen?

Ich bin davon überzeugt, dass wir vorher wieder zur Urne schreiten werden. Dann werden die Karten neu gemischt. Aktuell ist in der österreichischen Innenpolitik sehr viel in Bewegung. Wer weiß, welche neuen Chancen sich dadurch ergeben. Wir bleiben auf jeden Fall den Südtirolern treu.

Eher kommt es zu Neuwahlen als zu einer Sitzung des Südtirol-Unterausschusses

Peter Wurm, Mitglied des Südtirol-Unterausschusses im österreichischen Nationalrat und FPÖ-Südtirolsprecher

UT24: Was plant die FPÖ weiterhin in Bezug auf Südtirolpolitik?

Unsere Programmatik hat sich nicht geändert und Südtirol bleibt uns ein Herzensanliegen. Wir wollen den Südtirolern weiterhin die Doppelstaatsbürgerschaft ermöglichen und zur Durchsetzung des Selbstbestimmungsrechts verhelfen. Darüber hinaus soll es endlich eine Amnestie/Begnadigung für die Südtiroler Freiheitskämpfer geben und die Schutzmachtfunktion Österreichs in der Verfassung verankert werden. In der Corona-Krise wurde klar, dass Sonntagsreden zur Europaregion Schall und Rauch sind und diese nur als Beruhigungspille für die Bevölkerung dienen. In letzter Konsequenz sind Staaten eben Staaten und auch am Brenner können die Grenzbalken jederzeit wieder fallen. Uns wird ein potemkinsches Dorf vorgegaukelt. Für mich ist klar, dass eine Entscheidung nicht ewig aufschiebbar ist. Die Letztentscheidung liegt aber selbstverständlich bei der Südtiroler Bevölkerung. Wir können sie dabei nur unterstützen und das werden wir auch weiterhin mit aller Kraft machen.

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  1. MartinB
    04.11.2021

    Die ÖVP und die SVP haben gewisse V-Werte nur mehr in den Statuten. Sie sollten sie streichen, damit diejenigen darin die noch daran glauben, eine neue bürgerliche Gruppierung gründen. In Österreich kann man gespannt sein was Kickl erreicht, denn er ist eindeutig der talentiertere “Staatsmann” als seine Vorgänger. Da ich die prinzipiellen Verweigerer von unpersönlicher Schulmedizin mehrheitlich dem linksgrünen Spektrum zuordne, wird es m.M. nach bei den nächsten Wahlen in AT spannend, auch da der Bundespräsident wie anderswo nicht wahrnehmbar ausgleichend einwirkt.
    Und übrigens: ja manchmal bin ich Romantiker – mit Hoffnung.

  2. Elsa
    04.11.2021

    Jetzt versteht ihr hoffnungslosen Romantiker auf diesem Portal endlich, dass ihr eurem Vaterland so egal wie ein umgefallener Sack Reis in China seid.

  3. FranzK
    04.11.2021

    …und die Grünen!

  4. FranzK
    04.11.2021

    Mit dieser Ansiedelungspolitik der SVP(essevupi) wird es Südtirol so bald nicht mehr geben. Die deutsch und ladinisch sprachigen Menschen sind bald im eigenen Land eine Minderheit, dank SVP(essevupi).

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