von hz 23.10.2021 18:09 Uhr

Das Pusterer Insta-Girl

Sie ist 23 Jahre jung, Mama von zwei kleinen Kindern und wohnt gemeinsam mit ihrem Freund im 350-Seelendorf Rein in Taufers. Doch seit dem gestrigen Freitag sind es mehr als 100.000 Menschen, die ihr tägliches Leben mitverfolgen. Sophie ist Influencerin – ein in Südtirol zwar bekannter Begriff, doch bisher nur von wenigen in Südtirol ausgeführter Beruf. UT24 hat sich mit der Pusterer Persönlichkeit getroffen.

Bild: Sophie Fischnaller

Sophie ist gelernte Kosmetikerin. Nach Abschluss der Berufsschule arbeitete sie im elterlichen 4-Sterne-Betrieb in Rein in Taufers mit. Dort bringt sie nach wie vor nicht nur ihr Wissen und ihre Erfahrung im Bereich der Schönheitspflege ein, sondern ist auch ab und zu im Service-Bereich tätig. Nebenbei nutze sie die Corona-Zeit dafür, sich im Bereich Ernährung und Gesundheit weiterzubilden und begann 2020 ein Fernstudium zum Ernährungscoach.

„so.lebt.sophie“

„so.lebt.sophie“ heißt ihr Instagram-Profil. Was ursprünglich aus reinem Spaß entstanden ist, ist heute ihr täglicher Wegbegleiter. Als Sophie vor vier Jahren zum ersten Mal Mama geworden ist, beschäftigte sie sich kurze Zeit mit der sozialen Plattform Instagram. Damals hatte sie ungefähr 200 „Follower“, ließ es dann aber wieder bleiben. Ende vergangenen Jahres beschloss sie, ihren Account „wiederzubeleben“. Mit Erfolg. Heute sind es mehr als 100.000 und daher ein Grund für UT24, die Pustererin näher kennenzulernen.

UT24: Seit wann bist du Influencerin?

Sophie: Eigentlich bezeichne ich mich selbst gar nicht als Influencerin, aber ich verstehe, was du meinst. Also ursprünglich war mein Wunsch durch das Fernstudium zum Ernährungscoach gesunde Ernährung sowie Tipps und Ratschläge rund um die Gesundheit den Menschen näherzubringen. Doch das hat mir bald keine Freude mehr bereitet, denn zum einen bin ich immer wieder in den normalen Alltag reingerutscht und zum anderen mochte ich es nicht, wenn ich für andere ‚besserwisserisch‘ wirkte. In der ersten Corona-Zeit gab es dann im vergangenen Jahr einen Hype um TikTok-Videos. Mein Bruder hat mich dem irgendwie näher gebracht und gemeinsam machten wir aus reinem Spaß ein paar Videos. Zuerst gemeinsam und dann begann ich alleine. Ich fand daran ganz schnell Gefallen und als ich das Erste davon vor rund einem halben Jahr auf Instagram hochgeladen hatte, „folgten“ mir plötzlich immer mehr Menschen.

UT24: Wie fühlt man sich, wenn man plötzlich im sozialen Netzwerk einen solchen Erfolg zu verzeichnen hat?

Sophie: Ich war und bin immer noch total überrascht! Was mir im letzten Jahr alles widerfahren ist, ist unvorstellbar. Niemals hätte ich damit gerechnet, denn wenn ich zurückdenke, dass ich im März dieses Jahres 2.000 „Follower“ hatte und nun über 100.000, so ist dies für mich immer noch unbegreiflich.

UT24: Das heißt, seit einigen Monaten ist dein Handy dein Rund-um-die-Uhr-Arbeitsgerät, oder?

Sophie: So kann man es sagen, ja. Anfangs musste ich erstmal lernen, mein Handy ständig irgendwo mitzunehmen, vor allem auch dann, wenn ich unterwegs war. Und erst da wurde mir klar, dass ich kaum bis keine Hosen mit Taschen besitze (lacht).

Sophie bei ihrer Arbeit – Foto: UT24/hz

UT24: Du lebst nun also seit einigen Monaten ein Leben in der Öffentlichkeit.

Sophie: Auch wenn das viele nicht glauben mögen, bin ich eigentlich ein sehr zurückhaltender und meist schüchterner Mensch. Mit Instagram wachse ich tagtäglich über mich hinaus, indem ich dort meine „Followers“ in meinem Alltag mitnehme. Dabei habe ich mit der Zeit gelernt, dass es einem egal sein muss, was andere über einen denken.

UT24: Der Beruf des Influencers...für viele noch eine unerklärliche Tätigkeit oder oft sogar verhöhnt...

Sophie: Was in den Großstädten bereits zur Normalität wurde, ist in kleineren Orten noch sehr fremd. Auch bei uns in Südtirol ist es „nicht normal“, wenn jemand mit seinem Handy sozusagen „spricht“. Alleine die Vorstellung, wie einen die Leute in der Brunecker Stadtgasse oder Umgebung anschauen würden. Deshalb bin ich ganz froh, in einem kleinen Dorf zu leben, wo ich bei meinen Aufnahmen ab und zu ein stilles Örtchen für mich finde (lacht).

Foto: Sophie Fischnaller

UT24: Wie hat dein näheres Umfeld auf deine neue Tätigkeit reagiert?

Sophie: Meine Eltern – vor allem meine Mama – konnten anfangs damit kaum etwas anfangen. Auch mein Freund, glaube ich, realisierte das Ganze am Beginn genauso wenig wie ich selbst. Es ist für uns nichts Weiteres als eine Zahl, die mich als Person nicht verändern wird bzw. bin ich immer noch dieselbe Sophie, die ich vorher schon war und daran hat sich mit der stetigen Veränderung der „Followerzahl“ auch nichts geändert. Ansonsten habe ich den Anschein, sieht mein Freund an meiner Tätigkeit keine Probleme, auch nicht im Bewusstsein, dass seine Kollegen das Leben von mir sehen. Vor den wenigen Nachbarn, die ich in Rein habe, waren mir anfangs meine Videos schon peinlich, muss ich zugeben. Doch dann dachte ich mir einfach, dass es auch bei denen Zuhause und in ihrer Umgebung bestimmt manchmal genauso chaotisch und verrückt zugehen wird, wie bei mir und jedem anderen. Warum sich dann dafür schämen? Diese Rückmeldung bekomme ich auch von meinen Freundinnen, dass es absolut normal ist, wenn in der Wohnung mal nicht ganz aufgeräumt ist und die Wäscheberge sich häufen (lacht).

Es ist ganz normal, wenn die Wäscheberge sich häufen

Sophie

UT24: Mit der größeren Reichweite und dem Bekanntheitsgrad bist du wahrscheinlich auch als Werbeträgerin für Firmen interessant geworden, oder?

Sophie: Genau. Plötzlich haben mich unterschiedliche Unternehmen kontaktiert und ich habe verschiedene Angebote bekommen. Natürlich wusste ich seit Beginn meiner Postings auf Instagram, dass man damit auch Geld verdienen kann. Klar… wenn man mit Kindern zu Hause ist und sich nebenher etwas verdienen lässt, klingt das schon ganz gut und verlockend. Aber mit der Zeit musste ich dann ganz schnell feststellen, dass es nicht ganz so einfach ist wie gedacht. In diesem „Tun“ steckt wirklich viel mehr Arbeit dahinter als bislang ausgemalt. Und je mehr „Follower“ du hast, desto mehr Arbeit bleibt dir, vor allem wenn du sie gut machen willst bzw. auch den sozialen Kontakt zu deiner Community pflegen möchtest – was mir persönlich bis dato immer noch eine absolute Herzensangelegenheit ist. So werden manche Nächte oftmals zu sehr kurzen Nächten (lacht).

UT24: Kannst du mittlerweile von deiner Tätigkeit als „Influencerin“ leben?

Sophie: Hmm… Ich würde behaupten Ja, wobei ich dennoch meiner Familie im Hotel helfe. Ich muss allerdings sagen, dass es hier bei uns in Südtirol nicht ganz so einfach ist. Viele Südtiroler Unternehmen arbeiten (noch) kaum bis gar nicht mit dem Influencer-Marketing. Nebenbei kommt der Großteil meiner „Follower“ aus Deutschland. Und dort beginnt auch das – nennen wir es mal „Problem“, nämlich die Schnittstelle zwischen Deutschland und Südtirol/Italien. Davon abgesehen, dass der Versand oftmals leider nicht möglich ist, musste ich zu Beginn alles selbst in die Hand nehmen und Firmen anschreiben, damit ich als Südtirolerin auch im deutschen Bereich sichtbar werde. Natürlich sind Kooperationen kein Muss, jedoch war es mein Wunsch, dass sich jene Zeit, die ich in diese App intensiv investiere, auch ein bisschen für meine Familie lohnt.

Bild: Sophie Fischnaller

UT24: Wie schaut eine solche Kooperation mit einer Firma beispielsweise aus?

Sophie: Es gibt ganz unterschiedliche Angebote bzw. Anforderungen. Zum Großteil reicht es aus, ein Produkt zu präsentieren, manchmal werden aber auch ganze Sätze vorgeschrieben, die man sagen sollte. Solche Art von Kooperationen lehne ich persönlich aber immer ab, weil „Das“ nicht ich bin. Ich nehme nur jene Angebote an, mit denen ich mich auch identifizieren kann und inspiriere meine Community nur mit Produkten, die ich im Alltag auch selbst verwende.

UT24: Auf deinen Videos sind manchmal ansatzweise deine Kinder zu sehen. Denkst du auch manchmal daran, wie sie wohl später deine Tätigkeit sehen oder beurteilen?

Sophie: Klar.. Jedoch halte ich das Gesicht meiner Kinder stets aus den sozialen Medien raus. Das ist mir sehr wichtig. Tatsächlich denke ich sehr oft darüber nach. Meine größte Angst ist es, dass sie die Mama nur mit Handy in der Hand in Erinnerung behalten. Aus diesem Grund versuche ich bewusst immer mehr das Handy wegzulegen, vor allem wenn wir in der Natur sind. Das ist aber auch für mich noch ein großer Lernprozess, immer wieder das Handy wegzulegen, Kopf auszuschalten und tief durchzuatmen, denn Instagram ist ein 24-Stunden-Job.

UT24: Was ist deine spezielle Stärke, die dich zu über 100.000 „Followern“ gebracht hat?

Sophie: Dem Feedback zufolge, werde ich immer wieder durch meine Reels, also mit kurzen unterhaltsamen Videos, entdeckt. Meine Mimik dabei ist großteils dafür verantwortlich, dass die Menschen mehr über „die Person“ dahinter erfahren möchten. Der entscheidende Punkt, mich täglich in den sogenannten Storys zu begleiten, sollen mein Sinn für Humor, meine Lebensfreude und mein authentisches Auftreten sein – so lese ich es jedenfalls aus 99 Prozent meiner Nachrichten, die ich täglich erhalte.

Bild: Sophie Fischnaller

UT24: Wie schaffst du es, jeden Tag Freude auszustrahlen und zu vermitteln?

Sophie: Ich darf sagen, dass ich einen starken Rückhalt in meiner Familie habe. Meine Mama hat mir mal erzählt, dass ich bereits als kleines Kind immer fröhlich war. Sie meinte, im Haus habe etwas gefehlt, wenn ich in der Schule oder mal unterwegs war. Wenn ich zu Hause war, war plötzlich Licht und Leben im Haus. Aber natürlich habe auch ich mal einen nicht so guten Tag. Das ist vollkommen menschlich. Dies hänge ich aber auf Instagram nie auf die große Glocke, da es auf der Welt sonst schon viel zu viel negative Energie und Einflüsse gibt. Da mache ich lieber mal einen Tag Pause.

Sie war immer schon ein fröhliches Kind. Im Haus hat etwas gefehlt, wenn sie in der Schule oder unterwegs war. Wenn sie Zuhause war, war plötzlich Licht und Leben im Haus.

Mama von Sophie über Sophie

UT24: Spürst du auch einen gewissen Druck, jeden Tag „liefern“ zu müssen?

Sophie: Ehrlich gesagt ja, aber den mache ich mir selbst. Mir ist bewusst, dass wenn ich weiterhin Erfolg garantieren möchte, ich am besten täglich weitermachen muss. Es würde aber auch keine Welt untergehen, wenn ich mich mal nicht melden würde. Das – ich sage mal – „Problem“ liegt alleine bei mir. Meine allergrößte Schwäche ist mein Perfektionismus. Was ich aber im Laufe meiner Jahre gelernt habe ist zu fallen, wieder aufzustehen und weiterzukämpfen. Ganz egal wofür. Es braucht Hindernisse und Hürden, in allen Bereichen des Lebens. Es soll manchmal drunter und drüber gehen. Dabei sollten wir aber nie vergessen zu kämpfen und es muss uns bewusst sein, dass wir im Leben so unendlich viel schaffen können, wenn wir nicht aufgeben und an uns selber glauben. Das Kämpfen lohnt sich jedes Mal.

UT24: Kannst du dich an eine besonders spannende Geschichte erinnern im Zusammenhang mit deiner Influencer-Karriere?

Sophie: Oh ja! Dank Instagram durfte ich schon einige tolle Menschen „aus meinem Handy“ kennenlernen. Unter anderem wurde Nadine Berneis (Miss Germany 2019) auf mich aufmerksam. Die schöne Umgebung auf meinen Fotos und Videos hatte sie fasziniert. So kommunizierten wir schriftlich ein paar Mal miteinander und eines Tages stand sie bei uns im Hotel. Ich war total überrascht und minimal überfordert (lacht). Jetzt darf ich aber sagen, dass wir mittlerweile sehr gut befreundet sind und einige tolle gemeinsame Erlebnisse hatten. Wir hören fast täglich voneinander und um ein bisschen aus dem Nähkästchen zu plaudern, planen wir aktuell im Hintergrund eine kleine-große Überraschung für unsere Community.

Foto: Sophie Fischnaller

UT24: Wie siehst du die kurz- bis mittelfristige Zukunft als Influencerin?

Sophie: Was mir persönlich wirklich eine Herzensangelegenheit ist, allen „Followern“ weiterhin versuchen zu antworten, auch wenn das langsam schwierig werden kann. Ich bemühe mich auch sehr auf alle Kommentare zu reagieren. Im Durchschnitt bekomme ich 200 persönliche Nachrichten am Tag. Sehr oft auch mehr. Das ist natürlich viel Arbeit, aber das Schöne daran ist, sie wird geschätzt, auch wenn ich manchmal erst nach Tagen die Zeit finde zu antworten. Ich freue mich aber auf alles Weitere, was mich in meiner Zukunft erwartet und lasse mich treiben, ganz ohne jegliche Erwartungen und versuche die Zeit zu genießen. Ganz nebenbei hoffe ich, dass ich mit diesem Interview dem ein oder anderen Mut machen kann, Träume wahr werden zu lassen. Vielleicht erreichen meine Zeilen sogar jemanden, vielleicht auch aus Südtirol, der schon lange den Traum als Influencer anstrebt, es aber allein aus Schamgefühl noch nicht umgesetzt bzw. ausprobiert hat. Das wichtigste dabei ist sich selbst zu zeigen. Denn nur das „Anderssein“ macht einen erfolgreich. Dabei ist jeder Anfang schwierig, aber mit viel Fleiß machbar. Das alles gilt natürlich für alle Träume. Mein Geheimrezept lautet: Niemals aufgeben! Träume manifestieren, fallen, aufstehen, kämpfen und dabei immer an sich selbst glauben!

Wir sollten nie vergessen zu kämpfen und es muss uns bewusst sein, dass wir im Leben so unendlich viel schaffen können, wenn wir nicht aufgeben und an uns selber glauben.

Sophie

UT24: Was wären deine Zukunftswünsche hinsichtlich auf Instagram bzw. gibt es etwas, was du erreichen möchtest?

Sophie: Mein Wunsch mit Instagram ist es, Menschen zu inspirieren, mit meinem Sein und mit meinem Tun, und dadurch vielleicht irgendwann ein kleines Vorbild für den ein oder anderen sein zu dürfen.

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