von ca 04.02.2021 13:31 Uhr

„Kein Almdorf, sondern ein Tourismusghetto“

Im hinteren Schnalstal soll eine neue Tourismuszone von „gigantischen Ausmaßen“ entstehen. 33.685 Quadratmeter Grundfläche und 70.000 Kubikmetern Baukubatur sollen mit bis zu 27 Meter über dem heutigen Niveau hohen Hotelgebäuden verbaut werden. „Dieser Eingriff wird die äußerst wertvolle bäuerliche Siedlungslandschaft und die landschaftliche Vielfalt im Schnalser Talschluss nachhaltig und irreversibel schädigen und zunichte machen“, kritisiert der Heimatpflegeverband Südtirol.

Entwurf „Almdorf Schnals“ (Bürgernetz Südtirol).

„Bereits in den 1970er Jahren wurde mit der Errichtung von überdimensionierten Baukörpern für Tourismusbauten ein massiver Eingriff in das Landschaftsbild des Schnalser Talschlusses gemacht. Knapp 50 Jahre später sollen nun die damaligen Fehler wiederholt und sogar noch potenziert werden“, sagt der Heimatpflegeverband Südtirol in seiner Aussendung.

„Die geplante Verbauung von sage und schreibe 33.685 Quadratmetern Grundfläche und 70.000 Kubikmetern Baukubatur stehen in keinerlei Verhältnis zur kleinstrukturierten Siedlungsstruktur im Schnalstal”

Das geplante Projekt sei „für diesen sensiblen Ort nicht geeignet“

Der Landesbeirat für Baukultur beschreibt das Projekt folgerichtig als „inhomogen und sehr stark und auf verschiedene Arten auf den eigenen Ausdruck ausgerichtet, obwohl der besondere Ort des Talschlusses eine einfachere Antwort verlangt.“

„Das geplante Projekt ist also weder in seinen gigantomanischen Ausmaßen noch in der vorliegenden chaotischen architektonischen Formensprache für die Siedlungslandschaft im hinteren Schnalstal geeignet“, betont der Heimatpflegeverband.

„Kein Almdorf, sondern ein Tourismusghetto“

Die Projektwerber bezeichnen ihr Bauvorhaben in den technischen Unterlagen als „Almdorf“. „Doch mit einem historischen Almdorf, wie sie im Alpenraum über Jahrhunderte entstanden sind und die alpine Landschaft auf markante Weise prägen, hat das geplante Projekt gar nichts zu tun“, kritisiert der Verband.

Der Alpenforscher Werner Bätzing spricht in diesem Zusammenhang von neuen „Tourismusghettos“.

Kein Mehrwert für das Schnalstal

In Kurzras bestehen derzeit 350 Gästezimmer (700 Betten) und weiters viele Personalzimmer. Neben den 600 neu geplanten Gästebetten braucht es zusätzlich bis zu 170 neue Betten für Mitarbeiter. Diese sollen in bestehenden oder neuen Strukturen untergebracht werden, welche aber gar nicht Teil des vorliegenden Projektes sein sollen.

Die Projektwerber sprechen in ihren technischen Unterlagen davon, dass ihr Bauvorhaben einen „Mehrwert für das gesamte Schnalstal“ biete, dass Arbeitsplätze zu erwarten seien und die Abwanderung der Bevölkerung aus dem Tal zurückginge. Doch die Erfahrungen aus anderen – ähnlich angelegten Tourismusgemieten – sollen was anderes aufzeigen. So soll Sölden zum Beispiel in den vergangenen zehn Jahren fast ein Viertel seiner Einwohner verloren haben.

Ökologische Bedenken

Das Moorgebiet, das direkt an die geplante Tourismuszone angrenzt ist „sowohl in pflanzensoziologischer als auch in ökologischer Hinsicht eine äußerst vielfältige Fläche“ (zit. nach Umweltverträglichkeitsstudie „Almdorf Schnals“).

„Angesichts des Ausmaßes an Zerstörung von unberührter Landschaft erscheinen die vorgelegten ökologischen Ausgleichsmaßnahmen lächerlich gering und teils zweifelhaft“, meint der Verband in seiner Stellungnahme.

Die Anzahl der Skifahrer gehe europa- und weltweit zurück

„Gemeinden und Landesregierung sollten verstärkt einen nachhaltigen, umwelt- und sozialverträglichen Tourismus fördern und nicht auf einzelne Großprojekte setzen, die das überaus wertvolle Kapital der landschaftstypischen Eigenheit und einmaligen Siedlungslandschaft nachhaltig schädigen. Das vorliegende Projekt ist tatsächlich mit dem Natur- und Kulturraum im hinteren Schnalstal unvereinbar“, betont der Heimatpflegeverband Südtirol abschließend.

  • Bild 3: Kurzras heute (Google Streetview)
  • Bild 4: Die äußerst wertvolle bäuerliche Siedlungslandschaft von Schnals ist besonders schutzwürdig und sollte daher vor negativen Eingriffen bewahrt werden. (Google Streetview)
  • Entwurf „Almdorf Schnals“ (Bürgernetz Südtirol).
  • Bild 2: Problematisches 2. Baulos: Die bestehende gewachsene Kulturlandschaft am westlichen Hang wird durch die geplante weitere Verbauung im Baulos 2 völlig umgestaltet und zerstört. Dieser Bereich oberhalb des Skiweges sollte unbedingt unberührt und unverbaut bleiben (Google Streetview)
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  1. swiss-austrianer
    06.02.2021

    Die haben wohl “den Schuss nicht gehört”. Mit der “Touristen-Intensivhaltung” ist es – gottseidank – vorbei. Diese profitgierigen “Wirtschaftsromantiker” aus Politik und “Wirtschaft” schrecken aus Profitgier vor weiterem Naturfrevel nicht zurück. JETZT HAT ES FERTIG MIT DER MASSLOSEN AUSBEUTUNG VON NATUR UND MENSCHEN – solche “Projekte” gehen meist auch mit “Mitarbeiter-Intensivhaltung” einher -.

  2. peterpfendt
    04.02.2021

    aber da stecken die Ebner dahinter und unsere Politiker können ihm das nicht verweigern….Geld stinkt nicht, was wohl auch für die Gemeinde gilt, immerhin kassiert die da einen schönen Brocken mit.

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