von ih 29.12.2020 12:38 Uhr

Brüder rappen über Jesus statt Sex und Gewalt – Interview

Der deutsche Hip-Hop ist nicht gerade für seine sanften Texte bekannt. Ganz im Gegenteil: Gewaltverherrlichung und Beleidigungen gehören quasi zum Geschäft. Einen vollkommen anderen Weg gehen hier zwei Brüder aus München. Sie nennen sich die „O’Bros“ und machen christlichen, deutschen Rap. Und so geht es auch in ihren Raps hauptsächlich um ihren Glauben. UT24 hat mit Alexander, einem der beiden Brüder darüber gesprochen, wie sie auf diese ungewöhnliche Idee kamen.

Die O'Bros polarisieren mit ihren christlichen Rap-Texten. - Foto: O'Bros

Hallo Alexander, danke für deine Zeit! Zu allererst eine Frage, die sich wohl viele stellen, die das erste Mal von euch hören. Wie kommt man eigentlich dazu, ein Rap-Duo zu gründen, das seinen Schwerpunkt auf christliche Texte gelegt hat?

 
O’Bros: Das ist eine gute Frage (lacht). Ja, das interessante daran ist sicher die Tatsache, dass Hip-Hop und der christliche Glaube für viele Menschen auf den ersten Blick zwei gegensätzliche Dinge sind. Für meinen Bruder, Maxi, und mich, war das jedoch nie so wirklich der Fall.

Wir sind in einer gläubigen Familie aufgewachsen und waren auch von Anfang an musikalisch unterwegs. Wir haben schon mit sechs Jahren unsere ersten Songs geschrieben und schon damals drehten sich diese um unseren christlichen Glauben. Für uns war das also etwas ganz natürliches. Und so kam auch die Fusion von diesen scheinbar gegensätzlichen Bereichen zustande. Denn Musik und Glaube sind einfach zwei so wichtige Säulen in unserem Leben, dass wir diese einfach verbinden wollten.

Und wir haben dann schnell gemerkt, dass es mehr Leute gibt, die das gut finden als man vielleicht glauben mag. Und dadurch leben wir gerade einfach unseren Traum, dass wir das ganze mittlerweile auf einer so professionellen Ebene machen dürfen.

Nun ist der Hip-Hop ja nicht gerade bekannt dafür, christliche Werte zu vertreten. Warum habt ihr also ausgerechnet dieses Genre für eure Musik gewählt?

 
Es ist so, dass wir immer schon einen Hang zu Lyrik hatten. Auch als Kinder haben wir schon unsere ersten Gedichte geschrieben. Und Hip-Hop ist einfach etwas, das wir als Genre extrem lieben. Weil es wohl kein anderes Stilmittel gibt, in dem du in nur drei Minuten so viel Text verpacken kannst, was natürlich geil ist.

Und letztendlich lebt Hip-Hop ja auch so ein bisschen vom Stilbruch. Denn das, was wir machen – nämlich Hip-Hop mit christlichen Texten zu vermischen – ist ganz klar ein solch extrem krasser Stilbruch. Also eigentlich voll im Sinne von Hip-Hop.

Natürlich ist es aber so, dass wenn wir uns die gängige Hip-Hop-Szene ansehen, man sagen muss: Ja, diese ist gefüllt von frauenverachtenden Texten, die von Drogen, Straßen und Gewalt handeln. Wir aber wollen da bewusst ein Ausrufezeichen setzen, und sozusagen ein Gegenpol dazu sein. Um nämlich unsere Werte zu vermitteln. Die ganz klar auf Nächstenliebe und Toleranz basieren.

Wenn ihr eurer Musik ein eigenes Genre geben müsstet. Welches wäre es dann?

 
Also in einem unserer Songs sagen wir, dass das, was wir machen, so etwas wie eine „lyrische Predigt“ ist. Das ist denke ich ein Begriff, der das Ganze ganz gut auf den Punkt bringt.

Was sind das eigentlich für Leute, die auf eure Konzerte kommen? Sind das alles überzeugte Christen, neugierige Hip-Hop-Leute oder einfach Normalos?

 
Ich würde sagen es ist ein guter Mix daraus, was du da gerade aufgezählt hast.  Aber man muss schon sagen, dass ein Großteil unserer Community natürlich schon christlich geprägt ist. Weil das sind dann auch die Leute, die sich mit unserer Inhalten auch extrem identifizieren können.

Denn man muss einfach wissen, dass das, was wir machen, es auf diese Weise so nicht noch einmal gibt. Denn ein junger Mann, der heutzutage gläubig aufwächst und gleichzeitig Hip-Hop feiert, findet eigentlich in der deutschsprachigen Landschaft nichts anderes – außer das, was wir machen. Dadurch haben wir natürlich eine sehr treue Fanbase.

Aber man muss auch klar sagen, dass es auch sehr viele Leute gibt, die unsere Beats feiern. Obwohl sie mit unserem Glauben überhaupt nichts anfangen können.

Also würdest du sagen, dass ihr mit eurer Musik die junge Leute wieder zurück in die Kirche bringt?

 
Das ist ganz klar, dass wir in einer Zeit leben, in der immer weniger junge Leute in die Kirche gehen. Weil sie sich von der Art der Kommunikation nicht verstanden fühlen.

Gerade für solche Leute ist Musik das wahrscheinlich kraftvollste Medium, womit wir es offensichtlich schaffen, Menschen neu für den Glauben zu begeistern.

Denn christlicher Glaube muss nichts altes Verstaubtes sein, sondern kann auch für junge Menschen extrem attraktiv sein. Um eben diesen Jesus Christus in ihrem Leben zu erfahren.

Mit eurer Musik habt ihr in Deutschland bereits erste Charterfolge gefeiert. Nun ist es ja so, dass gerade die Leute aus der Hip-Hop-Welt euch gegenüber nicht gerade wohl gesonnen sind. Wie geht ihr persönlich mit dem Gegenwind um, den ihr wegen eurer Musik zu spüren bekommt?

 
Also, es ist heutzutage ja so: Sobald du einen festen Standpunkt in unserer Gesellschaft vertrittst, musst du gewissermaßen mit Gegenwind rechnen. Und unsere Musik – das ist uns durchaus bewusst – ist natürlich auch polarisierend.

Besonders hart zu spüren bekommen haben wir das Anfang letzten Jahres, als ein Video von uns viral gegangen ist und einen regelrechten Shitstorm ausgelöst hat. Leute wie Klaas Heufer-Umlauf haben sogar darauf reagiert. Darauf haben wir sehr feindselige Kommentare erhalten, die bis hin zu Morddrohungen gingen. Die meisten aber haben sich einfach nur über uns lustig gemacht, was auch auf eine gewisse Art voll verständlich ist.

Für uns ist diese Art des Gegenwindes aber einfach etwas, das zum Job dazugehört. Wir haben auf unsere Art und Weise damit gelernt, umzugehen. Denn ein Kernpunkt des Christentums ist ja auch, ich nenne es mal, die „Feindesliebe“. So versuchen wir auch stets offen und freundlich auf die Gegenseite zuzugehen und und den Dialog zu treten. Denn manchmal gibt es doch mehr Überschneidungen und Verständnis füreinander, als man anfangs oft denken mag.

Beschränkt sich dieser Gegendwind aber hauptsächlich auf die Hip-Hop-Welt? Oder gibt es auch innerhalb der christlichen Gemeinschaft Leute, die euch gegenüber negativ gestimmt sind?

 
Definitiv gibt es auch unter den Christen Leute, denen wir nicht in den Kram passen. Weil wir einigen davon vielleicht etwas zu liberal oder zu konservativ sind. Oft hören wir auch, der Hip-Hop hätte im Christentum nichts verloren.

Aber ich muss auch ganz klar sagen, dass der Gegenwind dort in der klaren Unterzahl ist. So haben wir es erlebt, dass ein ganz entscheidender Großteil der christlich geprägten Menschen das super cool finden, was wir machen.

Denn wir erreichen mit unserer Musik in erster Linie junge Menschen, die sich sonst wahrscheinlich nie so intensiv mitt ihrem Glauben auseinandersetzen würden.

Würdest du dir denn wünschen, dass die Christen wieder mehr zu ihrem Glauben stehen?

 
Viele junge Christen wachsen in Europa heutzutage in der Überzeugung auf, ihr Glaube sei nicht unbedingt etwas, womit man offen nach außen tritt. Schon am Pausenhof ist der Glaube da etwas, was viele lieber für sich behalten.

Ich bin aber der Überzeugung, wir Christen sollten endlich unseren Opferkomplex ablegen.  Auch sollten wir endlich damit aufhören, unseren Glauben so zu betrachten, als wäre es eine Krankheit. Denn es wäre viel besser, wenn wir selbstbewusster und offener damit umgehen würden. Das ist auch eines der Herzensanliegen, das wir haben mit unserer Musik.

Nämlich junge Christen dazu ermutigen, zu ihrem Glauben offen zu stehen. Und gerade in diesem Punkt merken wir, dass wir mit unserer Musik die größte Wirkung erzielen. Weil die Leute uns sehen und dann erkennen, dass es überhaupt nicht sein muss, sich für seinen eigenen Glauben zu schämen.

Was würdet ihr euch abschließend unseren Lesern in kurzen Worten vorstellen, die bislang von euch noch nichts gehört haben?

 
Ich denke, man kann uns als O’Bros zusammenfassend so erklären: Wir machen etwas, das es so bisher noch nicht gegeben hat. Und für alle, die neugierig geworden sind: Hört es euch an, denn es könnte auch euer Leben verändern.

Vielen Dank für das Gespräch!

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