von su 23.11.2020 10:07 Uhr

„Südtirol testet“: Warum so wenige Infizierte?

Nach Vorliegen der Ergebnisse des dreitägigen Corona-Breitentests in Südtirol, fragen sich viele, warum es im Verhältnis sehr wenige Infizierte gibt. Dr. Alfons Haller, Arzt in Kurtinig, erklärt für UT24 anhand einer umfangreichen Rechnung, warum aus den erwarteten 5-10 Prozent, nicht einmal ein Prozent geworden sind.

Bis Freitag (20. November) um 18 Uhr wurden bei der landesweiten Testaktion "Südtirol testet" 103.580 Personen getestet. (Foto: LPA/Ivo Corrà)

Mehr Fälle als erwartet gefunden

Dr. Haller geht davon aus, dass geschätzt quer durch die Altersgruppen 60 Prozent der Fälle asymptomatisch (ohne Symptome) verlaufen.

„Was kommt also rechnerisch heraus, wenn ich die bisher im Schnitt symptomatischen Fälle von 700 am Tag vergleiche, fragt der Mediziner.
Dr. Haller rechnet vor: „Bei 500-700 symptomatischen Fällen (mit Symptomen) am Tag, also im Schnitt 600 (40 Prozent) ist also mit (60 Prozent) 900 asymptomatischen Fällen täglich zu rechnen, x 3 Tage: 2700 asymptomatische Fälle in drei Tagen“.

„Es wurden also sogar mehr Fälle gefunden, als zu erwarten waren“, ist Dr. Haller überzeugt. Somit, so der Arzt, habe man die Dunkelziffer (der symptomatischen Fälle) anteilsmäßig dazu die asymptomatischen Fälle mit erwischt.

Erwartete Zahl von 5-10 Prozent absurd

„Um es besser zu verstehen, dass die erwartete Zahl von 5-10 Prozent absurd wäre, mache ich die Gegenrechnung mit der geringst angenommenen Zahl“, so Dr. Haller.

Hätte man 5 Prozent asymptomatische Fälle (bleiben ca. 1 Woche infektiös) gefunden, hieße das bei einer jetzigen Replikationszahl von 1,5, also ein Mensch steckt 1,5 Menschen an folgendes Szenario:
– Replikationszahl 1,5
– asymptomatische Fälle 5 Prozent (also die niedrigste erwartete Zahl)
– + symptomatische Fälle (40 Prozent): 3,3 Prozent
– Summe der Infizierten: 8,3 Prozent

Also, 8,3 Prozent, so Dr. Haller weiter, stecken 12,45 Prozent der Menschen an, das wären in einer Woche 12,45+8,3 = 20,75 Menschen mit Corona. „…uups“, kommentiert der Mediziner.

1 Woche später stecken die neu Infizierten 12,45 Prozent (lassen wir die länger-als-eine-Woche-Infektiösen mal weg) 18,75 Prozent der Menschen an. Summe der Infizierten: 20,75+18,75=39,4 Prozent „……sapperlot“

1 Woche später (Woche 3) stecken die neu Infizierten 18,75 Prozent ganze 28,1 Prozent an. Summe: 39,4+28,1 = 67,5 Prozent „…..allerhand“

1 Woche später (Woche 4) stecken die neu Infizierten 28,1 Prozent ganze 42,15 Prozent der Menschen an (immer bei einer Replikationszahl von 1,5). „Folglich haben wir nun in der Woche 4, 67,5 Prozent + 42,15 Prozent, macht 109,65 Prozent Infizierte „…..armer Virus, Du bist am Ende!“

0,9 Prozent ist genau richtig

Vorschlussfolgerung von Dr. Haller: „hätte man 5 Prozent asymptomatische Virusträger gefunden, würde das folgern: lass es laufen, denn in einem Monat haben wir ohnedies eine über 100-prozentige Herdenimmunität….und das wohlgemerkt mit Maske! In den Müll mit der Maske und in 2 – 3 Wochen hätten wir bei dieser Annahme das Virus eliminiert. Da könnte man schon fast die Luft anhalten. So ein Blödsinn also mit den 5 Prozent!“

Schlussfolgerung von Dr. Haller:

1) so ist es aber nicht, die gefundene Zahl von 0,9 Prozent ist genau jene zu Erwartende, auch verglichen mit den anteiligen symptomatischen Fällen.

2) wir sehen, was bei einer so geringen aktiven Zahl mit dem Gesundheitssystem passiert. Würde die Anzahl auf nur 3 Prozent steigen, wäre das der sichere Kollaps.

Die Grippe, so Dr. Haller, zog bisher durch die ganze Bevölkerung, mit einem wesentlich höheren Prozentanteil und in 2-3 Monaten waren wir komplett durchseucht. Durch die gezielte Impfung der Risikogruppen und des Sanitätspersonals lief bisher alles gut.

Würde Corona, so Dr. Haller weiter, so durch die Bevölkerung fegen, na dann gute Nacht! Das ist kein Hirngespinst, aber……..Corona ist am Ende: „mit der Impfung im Jänner werden als erstes Sanitätspersonal aber vor allem die Risikogruppe geimpft und ich schätze, mit einem Schlag fallen über 90% der Intensivbetten weg. Das heißt, mit der Impfung einer kleinen Bevölkerungsgruppe erzielt man schon den Sieg. Der normale Krankenhausbetrieb kann weitergehen, Schulen, Kindergärten, Wirtschaft….alles kann durchstarten, wir haben ‚kein Problem‘ mehr, sicherlich werden wir aber wieder welche finden, wir suchen einfach zu intensiv danach“.

Der Appell des Arztes

Dr. Haller appelliert gegenüber UT24: „Lasst Euch nicht irritieren von Ausnahmefällen, die breitgetreten werden, als wäre das die Regel, so wie behauptet wurde, es gäbe vielleicht keine Immunität, also keine wirksamen Impfstoffe. Allein der Hausverstand sagt mir: würde es keine Immunität geben, wären alle Infizierten gestorben! Im Gegenteil verläuft der Großteil der Infektionen sogar asymptomatisch, was hausverstandsmäßig die Immunität beweist! Und Ausnahmen bestätigen die Regel, wie ein altes und passendes Sprichwort besagt“.

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  1. Crisu
    24.11.2020

    Theorie und Praxis weichen oft auseinander. Im Leben sind 1+ 1 nicht immer 2, somit liegt eine reine Formelberechnung oft weit weg von der Realität. Eine Mischung aus Theorie, Praxis und Hausverstand ist somit oft besser. Zumindest erscheinen mir die gefundenen 0,9% realistisch. Vielleicht liegt die Zahl auch zwischen 0,5 und 0,9%, wer weiß. Beides liegt aber in einem Bereich der weit weg vom den offiziell erwarteten 5-10% ist! 5-10% ist auf jeden Fall falsch! Dazu braucht man nur einmal kurz nachdenken.

  2. EmilEmil
    23.11.2020

    0,5 Prozent ist genau richtig !

    Laut Haller ist mit 900 Fällen täglich zu rechnen -> Die zu erwartende Prävalenz nach 3 Tagen beträgt: 2700 Fälle/500.000 Einwohner = 0,54%

    Die Testergebnisse lieferten unter Berücksichtigung von Sensitivität (95%) und Spezifität (99,6%) der eingesetzten Tests eine Prävalenz von P = 0,58%

    Man erhält P aus folgender Gleichung: (0,95*P + ((1-0,95)*P)) = 0,00927 (Vierfeldertafel zur Veranschaulichung)

  3. swiss-austrianer
    23.11.2020

    Diese Zahlen sprechen auch zugunsten der Anfangssituation. Auch das Durchtesten in der Slowakei hat einen ähnlichen Wert ergeben. Bei der Testung von Risikogruppen oder in Clustern gibt es natürlich andere und wesentlich höhere Werte. Umso wichtiger ist es, mal die gesamte Bevölkerung durchzutesten, um der Wahrheit näher zu kommen. Das mit dem Contact-Tracing funktioniert ja sowieso noch kaum.

  4. hel
    23.11.2020

    Immun ist man entweder nach überstandener Krankheit mit einhergehender Bildung von Antikörpern oder nach einer erfolgreichen Impfung.


  5. 23.11.2020

    Die “Immunität” ist bei jeden Menschen individuell, es kommt darauf an, wo man lebt, auf den Land oder in einer Stadt, und auch eine
    gesunde Ernährungsweise spielt eine grosse Rolle, wurde schon auch in Talks wie auf Servus-TV.thematisiert.
    Wir müssen besonders auf Menschen mit Vorerkrankungen
    Rücksicht nehmen und Schützen. Es ist wissenschaftlich erwiesen ,
    daß Stadtbewohner mehr an Lungenerkrankungen leiden,
    wie Landbewohner, und weniger Immunität haben.

  6. hel
    23.11.2020

    Na also, warum werden die Menschen mit Antikörpern dann nicht statistisch erfasst und als immun aus dem Corona Chaos entlassen?

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