von ih 26.09.2020 10:11 Uhr

„Die Wahrheit ist, dass sich die meisten einfach nicht auskennen“

Am Dienstag ist in der ZDF-Sendung „Frontal 21“ ein minutenlanger Bericht über ein angebliches Pestizid-Problem in Südtirol ausgestrahlt worden. Die Grundauslegung des von vielen als sehr einseitig empfundenen Sendebeitrages war dabei klar: Spritzmittel sind schlecht und der Südtiroler Apfel ist deshalb Gift. UT24 hat hierzu mit Georg Gallmetzer, Präsident der Arbeitsgruppe Zukunft Landwirtschaft, gesprochen.

APA (Archiv/Gindl)

Alexander Schiebel, das Münchner Umweltinstitut sowie zahlreiche Vertreter der Biolobby haben es am Dienstag wieder einmal getan. In einem ZDF-Beitrag krisierten sie den Pestizideinsatz in Südtirol und bezeichneten diesen gar als gemeingefährlich.

Schiebel geht dabei sogar einen Schritt weiter und unterstellt den Südtiroler Bauern „Tötung durch vorsätzliches Ignorieren von Tatsachen“. Dass es sich bei den Kritikern allesamt um keine Experten auf dem Gebiet der Pflanzenschutzmittel handelt, werde dabei aber wohl ganz bewusst außen vor gelassen, wie Georg Gallmetzer von der Arbeitsgruppe Zukunft Landwirtschaft im Gespräch mit UT24 kritisiert.

„Die Biobauern spritzen teilweise 50 Mal pro Jahr“

„Was ich ganz stark vermisse in diesen Diskussionen sind die Wissenschaftler. Da meint jeder gleich mitzureden, aber es kommen nie jene zu Wort, die auch etwas von der Materie verstehen. Etwa Mykotoxikologen oder Phytomediziner – einfach Experten, die sich seit Jahren mit diesem Thema auseinandersetzen. Denn es ist leicht etwas zu kritisieren, wenn man von der Materie versteht. Denn die Wahrheit ist, dass sich die meisten von denen die zu Wort gekommen sind, einfach nicht auskennen“, meint Gallmetzer.

Doch der Landwirtschaftsvertreter nennt hierbei auch ein Beispiel, in dem sich selbst die Kritiker widersprechen: So habe Toni Riegler vom Bioland-Verband in dem ZDF-Beitrag gemeint, dass im Bioanbau weniger gespritzt werde. „Das stimmt absolut nicht!“, erwidert Gallmetzer. „Denn wenn man sich die Daten des Pflanzenschutzmittel-Verbrauches genauer anschaut, sieht man das auch. Etwa 62 Prozent der Mengen sind Biomittel. Also wie können bitteschön zehn Prozent der Obstbaufläche verantwortlich sein für 62 Prozent des Verbrauchs? Wenn man weiß, dass 90 Prozent integrierte Landwirtschaft nur etwa 30 Prozent der Mengen verbraucht?“, fragt sich der Präsident der Arbeitsgruppe Zukunft Landwirtschaft. „Die Biobauern spritzen teilweise 50 Mal pro Jahr. Das geht in der ganzen Diskussion aber einfach unter“.

  • Georg Gallmetzer, Präsident der Arbeitsgruppe Zukunft Landwirtschaft - Bild: Privat

Alles redet von 'Pestiziden'

Auch werde in der gesamten Diskussion, die in der ZDF-Sendung wieder losgetreten wurde, immer nur von ‚Pestiziden‘ gesprochen. Das sei laut Gallmetzer ebenfalls „sehr verkürzt dargestellt“, da es sich in erster Linie um Pflanzenschutzmittel handle.

„Und viele der angewandten Mittel finden sogar in den allgemeinen Humanmedizin ihre Anwendung. Es ist unglaublich, wenn man bedenkt, dass viele dieser Mittel auch gegen Scheidenpilz zum Beispiel verwendet werden. Nur davon spricht keiner“, erklärt Georg Gallmetzer.

„Lügen haben kurze Beine“

„Ein Teil der Biobauern nutzt diese Diskussionen einfach zur Diskreditierung der integrierten Landwirtschaft. Dabei geht es ihnen letztes Ende nur darum, die eigenen Produkte gut dastehen zu lassen. Sie nutzen dabei diesen Bio-Hype, um ihre Produkte unter den Mann zu bringen. Das ist ein großer Kritikpunkt, den wir als Arbeitsgruppe vorbringen. Und diese Kritik ist hauptsächlich adressiert an den Obmann des Biolandes, Toni Riegler. Da nehme ich mir auch keinen Blatt vor dem Mund“.

Auch störe Gallmetzer, dass in dem gesamten Beitrag immer nur von der „konventionellen Landwirtschaft“ gesprochen werde: „Aber die ist ja eigentlich in Europa schon seit mehreren Jahren verboten. Es gibt nur mehr die integrierte Landwirtschaft. Aber Lügen haben kurze Beine und irgendwann kommt das alles auf“. Und so habe die Frontal-21-Geschichte laut Georg Gallmetzer auch etwas Gutes gehabt: nämlich, dass viele Menschen dieses ständige Anpatzen mittlerweile auch als solches verstanden hätten.

„Es ist trotzdem traurig, dass ein Verband wie ‚Bioland‘ in dieser Thematik so dermaßen vorprescht. Denn ich bin der Meinung, man sollte diese Diskussion nicht so breittreten. Und für mich ist es augenscheinlich, dass es hier nur darum geht, die integrierte Landwirtschaft zu diskreditieren. Und das finde ich äußerst lächerlich“, so das Fazit des Landwirtschaftsvertreters.

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