von fe 29.06.2020 06:41 Uhr

Freiheitskämpfer Hans Stampfl ist tot

Der am 11. August 1933 in Gries-Bozen geborene Weinbauer Johann Stampfl ist in der Nacht auf Samstag verstorben. Stampfl war verheiratet mit Theresia Amplatz, der Schwester des Freiheitskämpfers Luis Amplatz. Nach der Herz-Jesu-Nacht des Jahres 1961 wurden er und seine Frau verhaftet. Sie musste bald wieder entlassen werden, während er seit dem 15. Juli 1961 in Haft blieb.

Verhör und Misshandlung von Hans Stampfl

Theresia Stampfl hat am 9. August 1961 dem SVP-Bezirksobmann Josef Rössler und dem Bezirkssekretär Luzian Klun einen Bericht erstattet, welcher protokolliert wurde und in dem es hieß: „Von meiner Schwester, die mit dem Häftling Prantner Donat, wohnhaft in Walten i. Pass. (bei Klotz Jörg), verheiratet ist, erfuhr ich, dass mein Mann und Prantner in einer gemeinsamen Zelle untergebracht sind, und dass mein Mann schwerstens misshandelt worden war und stark geschwollene Beine hat.“

Auszüge aus dem Protokoll, welches auch der Österreichischen Bundesregierung übermittelt wurde und sich heute im Österreichischen Staatsarchiv befindet. (ÖStA/AdR/BMfAA / Pol Südtirol / Akten Kreisky / Südtirol-Panzer 1967-1969 Karton 150)

Im Ersten Mailänder Südtirol-Prozess wurde Hans Stampfl zusammen mit den anderen Angeklagten mit schweren Ketten gefesselt dem Schwurgericht vorgeführt.

Vor dem Gericht sagte Hans Stampfl am 7. Februar 1964 aus, dass er beim Verhör geprügelt worden sei. Sein Ersuchen, das Protokoll in die deutsche Sprache zu übersetzen, sei abgelehnt worden.

Der Staatsanwalt verlangte für Hans Stampfl eine Haftstrafe von 9 Jahren und 4 Monaten, weil die Carabinieri auf seinem Weingut verborgenen Sprengstoff gefunden hatten.

Das Urteil von Mailand

Das Gericht verhängte am 16. Juli 1964 über 64 Angeklagte insgesamt 431 Jahre Haft.
Hans Stampfl erhielt eine Strafe von 2 Jahren, welche durch die Untersuchungshaft bereits mehr als verbüßt war. In der Berufung sollte die Strafe dann sogar noch auf 8 Monate Haft herabgesetzt werden.

Umjubelte Heimkehr

In sieben Bussen verließen die freigelassenen Häftlinge mit ihren Angehörigen Mailand um in ihre Heimatorte zurückzukehren. Die Fahrt gestaltete sich zu einem Triumphzug. In Salurn war die Dorfbevölkerung mit ihrer Musikkapelle versammelt, um die Freiheitskämpfer auf heimatlichem, deutschen Boden zu begrüßen, Kurz vor Ankunft der Busse verbot der Carabinieri-Kommandant jede Feierlichkeit und forderte Verstärkung an. Trotz schussbereiter Schnellfeuergewehre kümmerten sich weder die Bevölkerung noch die Häftlinge um die Anordnung der Besatzer. Bekannte und Unbekannte fielen sich in die Arme.

In Neumarkt versuchten 50 Carabinieri die Busse an der Weiterfahrt zu hindern.
„Obwohl die Carabinieri selbst gegen Frauen und Kinder vorgingen, gelang es der Bevölkerung, die Absperrung zu durchbrechen und die Heimkehrer zu begrüßen“, teilt der Süd-Tiroler Heimatbund mit.

Auf der Straße nach Bozen patrouillierten Überfallwagen und schwerbewaffnete Militäreinheiten. Bozen glich einer belagerten Stadt. An den Straßenecken sah man Doppelposten mit Maschinenpistolen und vor dem Landhaus standen 15 Jeeps mit aufmontierten Maschinengewehren.

Die Freiheitskämpfer, die jahrelang unter menschenunwürdigen Bedingungen eingekerkert und zum Teil schwer gefoltert worden waren, erlebten die Freude, den Jubel und die Begeisterung ihrer Landsleute. In manchen kleinen Orten zwangen Carabinieri einzelne Heimkehrer, vor dem Ort den Bus zu verlassen und über Hinterhöfe ihr Haus zu betreten. Trotz solch unwürdiger Begleiterscheinungen zeigte der Empfang in Südtirol eine menschliche und politische Einstellung der Bevölkerung, die wohl nicht den Wünschen Roms entsprochen hat.

Hans Stampfl blieb sich selbst und der Heimat treu

Nach seiner Entlassung aus der Haft blieben Hans Stampfl und seine Frau Theresia in Kontakt mit den weiterhin inhaftierten Kameraden und vor allem mit Sepp Kerschbaumer, welcher ihnen auch aus dem Gefängnis schrieb.

„Südtirol verliert mit Hans Stampfl einen aufrechten und mutigen Patrioten, der sich stets für das Allgemeinwohl eingesetzt hat. Der Südtiroler Heimatbund (SHB) verliert einen treuen Kameraden und Freund, der am 9. Februar 1974 Gründungsmitglied gewesen war. Er war dann langjähriges Bundesausschussmitglied und Landeskassier gewesen.

Zusammen mit anderen politischen Häftlingen hat er die Sepp- Kerschbaumer-Gedenkfeier in St. Pauls ins Leben gerufen, die heute neben der Andreas-Hofer-Feier in Meran zu den größten Tiroler Gedenkfeiern in Südtirol zählt“, schreibt der Süd-Tiroler Heimatbund.

Kerschbaumer-Gedenkfeier in St. Pauls

Die erste Gedenkfeier an Sepp Kerschbaumer wurde von dessen Mithäftling Hans Stampfl aus Gries im Jahr 1966 ins Leben gerufen. Ab 1967 half Otto Petermair aus Frangart, ebenfalls Mithäftling und Freund von Kerschbaumer, die Gedenkfeier zu organisieren. Seit 1972 ist der Südtiroler Heimatbund, gegründet von den Freiheitskämpfern, mit der Organisation der Veranstaltung betraut. 1983 schloss sich auch der Südtiroler Schützenbund an.

Die Schützenkameraden hatten in schwerer Zeit zu ihm und seiner Familie gehalten

Hans Stampfl war im Jahre 1959 Gründungsmitglied der Schützenkompanie Gries gewesen.
Seine Schützenkameraden bewiesen in der schweren Zeit seiner Haft Haltung und Treue. Sie kümmerten sich mehrere Jahre lang um den Fortbestand seines bäuerlichen Anwesens sowie des Anwesens von Luis Amplatz und sandten Geschenkpakete mit Lebensmitteln in die Haftanstalt.
In einem Brief aus dem Gefängnis vom 9. Juli 1962 an Heinrich „Heinl“ Lintner, Mitglied der Schützenkompanie Gries, bedankte sich Hans Stampfl auch im Namen anderer Häftlinge für diese Hilfe:

„Lieber Heinl!
Endlich komm’ ich dazu Dir ein Briefl zu schreiben. … Von mir kann ich berichten, dass es halbwegs geht und wenn es so weiter geht, lassen wir den Mut nicht sinken. … Nun, lieber Heinl, jetzt muss ich Dir noch danken für die Spende, die mir die Frau gebracht hat, ich danke für die anderen auch, sie sagten, ich kenn’ Dich am besten und so soll ich es auch für ihnen machen.
Nun, lieber Heinl so werde ich mein Gekratzl beenden und hoffentlich bleibt ihr draußen der Heimat weiterhin treu, dass wir nicht ganz umsonst in dem Loch sitzen müssen. Möchte noch gerne weiter schreiben, aber ich komme nur in Wut, wenn ich über der Ungerechtigkeit im Lande nachdenke.
Grüß’ mir alle Kameraden und vielleicht kann mir einer einmal eine Karte schreiben. Ich danke Dir, im Namen der ganzen Zelle.
Stampfl Hans“

Ausschnitt aus dem Brief von Hans Stampfl. (Zur Verfügung gestellt von Lorenz Puff, Bezirksmajor des Schützenbezirks Bozen)

Die Schützenkompanie Gries hat im Jahre 2014 anlässlich seines 50. Todestages ihres ermordeten Schützenkameraden und Freiheitskämpfers Luis Amplatz mit einer Gedenkschrift gedacht und darin auch den selbstlosen Einsatz von Hans Stampfl gewürdigt.

„So wie seine Schützenkameraden gedenken auch wir, seine Freunde vom Südtiroler Heimatbund, dieses aufrichtigen und selbstlosen Freundes und Patrioten in Trauer und drücken den Angehörigen unser tiefempfundenes Beileid aus“, heißt es in einer Presseaussendung des Südtiroler Heimatbunds.

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  1. 29.06.2020

    @ Swiss-A. war nicht auf Sie genünzt, sondern an die BRD-Sprachwissenschaftler, wenn Sie das anders aufgefasst haben, entschuldige ich mich hier bei Ihnen

  2. swiss-austrianer
    29.06.2020

    Ich bin eben noch vom “alten Schlag” und verwende daher generell diese Schreibweise und ich denke, dass es – zumindest die Meisten – im richtigen Sinne erfassen werden.


  3. 29.06.2020

    “Südtirolerinnen” wenn schon richtig Gendern mit “Südtiroler*innen”
    Es ginge auch Anders, die Südtiroler Frauen….ansonsten stimmt Alles

  4. swiss-austrianer
    29.06.2020

    Die damaligen “Behandlungen” der SüdtirolerInnen – und vor allem der Freiheitskämpfer – durch die “italienische” Polizei- und Justizorgane würden meines Erachtens rechtfertigen, die Loslösung Südtirols von Italien zu betreiben und hartnäckig zu verfolgen. Wobei nunmehr hinzukommt, dass durch “Italien” der Autonomiestatut unterlaufen und die wirtschaftliche Weiterentwicklung Südtirols behindert wird.

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