Wo die österreichische Doppelstaatsbürgerschaft bereits heute funktioniert!

UT24: Frau Mlinar, wie ist es dazu gekommen, dass sie nun in Slowenien ein Ministeramt bekleiden?
Angelika Mlinar: Da muss ich ausführen. Ich bin Kärntner Slowenin und habe während der EU-Osterweiterung in Slowenien gelebt und für die europäische Kommission gearbeitet. Ich war vom Jahr 1998 bis zum Jahr 2008 durchgehend in Slowenien. Ich habe aber die slowenische Staatsbürgerschaft nie beantragt, auch weil dies von österreichischer Seite her schwierig ist. Später bin ich dann politisch aktiv gewesen. Als ich 2013 in den österreichischen Nationalrat gewählt worden bin, hat mich die damalige slowenische Premierministerin Alenka BratuÅ¡ek eingeladen. Von dem Zeitpunkt an war ich immer in Kontakt mit ihr und ihrer Parteichefin, aber auch mit anderen politisch relevanten Persönlichkeiten in Slowenien. Im vergangenen Jahr im Frühjahr hat BratuÅ¡ek mich gefragt, ob ich für ihre Partei für die EU-Wahl antreten würde. Das habe ich gemacht, konnte jedoch kein Mandat, gewinnen, für das in Slowenien rund 8 Prozent nötig sind. Letztes Jahr im Herbst ist der Minister für strategische Planung und Kohäsion zurückgetreten. Daraufhin hat mich Frau BratuÅ¡ek zu einem Essen eingeladen und mir mitgeteilt, sie wolle mir dieses Ministeramt übertragen. Ich fragte dann, ‚wie soll das gehen, ich habe ja keine slowenische Staatsbürgerschaft?‘. Die Slowenen haben mir dann aus nationalem Interesse die slowenische Staatsbürgerschaft verliehen. Auf österreichischer Seite haben wir es nach einigen Mühen hingekriegt, dass ich die österreichische Staatsbürgerschaft behalten durfte. Am 19. Dezember bin ich mit einer knappen Mehrheit als Ministerin bestätigt worden. Dazu muss gesagt werden, dass es in Slowenien eine Minderheitsregierung gibt.
Mit der doppelten Staatsbürgerschaft auf österreichischer Seite ist es bekanntermaßen nicht ganz einfach. Wie haben Sie es trotzdem geschafft, die österreichische Staatsbürgeschaft zu behalten?
Es war tatsächlich nicht klar, was passieren wird. Ich habe auch nicht gewusst, wie das Prozedere ist. Wer weiß das schon? Es ist etwas, was im Gesetz steht, aber wie dies dann tatsächlich abläuft, ist etwas anderes. Nachdem ich mich entschieden hatte, bin ich im Herbst zum Kabinettschef gegangen und habe ihm erklärt, dass mir eine hohe Position in Slowenien in Aussicht gestellt worden ist, die aber an eine slowenische Staatsbürgerschaft erfordert. Dann habe ich gefragt, wie gut meine Chancen stehen, dass Österreich aufgrund von nationalem Interesse mir erlaubt die Staatsbürgerschaft zu behalten. Schließlich bin Volksgruppenangehörige, war im europäischen Parlament für Österreich und Abgeordnete im Nationalrat. Die Chancen stünden nicht sehr gut, aber mir wurde geraten es zu probieren. In meinem Fall musste das Bundesland Wien über meine Anfrage entscheiden. Ich musste bei der MA35 einen Antrag stellen und Befürwortungsschreiben einholen. Letztendlich hat Österreich sich dafür entschieden, mir das zu genehmigen. Die Medienberichte waren sehr auf meiner Seite.
Gab es auch Widerstände auf slowenischer oder österreichischer Seite?Â
Es gab auf österreichischer Seite Widerstand seitens des dritten Nationalratspräsidenten Norbert Hofer. Auf der slowenischen Seite gab es im Vorfeld kaum Medienberichte. Bei meiner Anhörung im (slowenischen) Parlament war der Widerstand von der Opposition dann aber sehr stark.
Was wurde Ihnen vorgeworfen?
Zum Beispiel, dass ich österreichische Spionin bin.
Hat Ihr neues Amt auch Auswirkungen auf die Kärntner Slowenen?
Ja, durchaus. Für die Volksgruppen, sowohl für die Slowenen in Österreich, Italien und anderen Ländern der Welt, ist es ein sehr starkes Symbol. Es ist ein europäischer Schritt, sowohl der Regierung, mich als Kandidatin aufzustellen, als auch des Parlaments, mich mit einer Mehrheit anzunehmen. Aufgrund des Widerstandes, weil dadurch nationale Grenzen überschritten worden sind, ist es ein unglaublich mutiger Schritt. Ich hatte ein vier Augen Gespräch mit dem Premierminister und habe mich nochmals bedankt. Ich habe vielen Leute wie den Kärntner Slowenen eine Perspektive eröffnet. Die Südtiroler werden sich als Österreicher in Italien vielleicht ähnlich fühlen, wenn es darum geht, sich in Tirol oder in Wien politisch in Szene setzen zu können.
Sie würden also gut finden, wenn die Südtiroler z.B. eine aktive Vertretung im österreichischen Nationalrat hätten?
Aber natürlich, wir sind als Kärntner Slowenen engstens verbunden mit den Südtirolern. Die österreichische Volksgruppe in Südtirol ist für uns ein großes Idol. Wir haben engste Verbindungen zur SVP und anderen Parteien gehabt. Die Südtiroler haben sich immer sehr stark für die Kärntner Slowenen eingesetzt.
Der stellvertretende Neos-Bundesvorsitzende, Niki Scherak, hat gesagt „dass jemand in mehreren europäischen Ländern politisch aktiv ist, ist genau unsere liberale Vorstellung von den Vereinigten Staaten von Europa". In Südtirol ist die doppelte Staatsbürgerschaft großes Thema. Würden Sie diese befürworten?
Als ich von österreichischen Journalisten dazu befragt worden bin, habe ich die österreichische Staatsbürgerschaft für Südtiroler immer befürwortet. Ich habe aber auch klar gesagt, dass ich als Kärntner Slowenen auch das Recht haben sollte, die slowenische Staatsbürgerschaft zusätzlich zur österreichischen erwerben zu dürfen. Das sind nationalstaatliche Anachronismen. Italien hat den Italienern in Slowenien die Staatsbürgerschaft angeboten. Viele haben sie angenommen, einige auch nicht. Das ist eine individuelle Entscheidung. Wo ist das Problem?






