von mag 22.12.2019 14:09 Uhr

8.000 Meter tiefes Loch in Vahrn

Tief unter Vahrn startet im Sommer 2020 ein spannendes Experiment, wie die Welt am Sonntag in der aktuellen Ausgabe berichtet. Ein Konsortium, geführt von dem nordrhein-westfälischen Unternehmen Geocalor-D, will auf dem Gelände des Fernheizwerks ein 8000 Meter tiefes Loch bohren. So soll der riesige Wärmeschatz unter der Erde gehoben werden. „Geohil Erdenergietechnik“ lautet der Fachbegriff.

Das Fernheizwerk befindet sich südlich der Sportzone von Vahrn, direkt an der Umfahrungsstraße nach Brixen

Rund 99 Prozent der Erdmasse sind heißer als 1000 °C und das Potenzial dieser Hitze ist enorm. Und der große Vorteil ist, sie ist stets verfügbar: zu jeder Tageszeit, zu jeder Jahreszeit, bei jedem Wetter.

Schon jetzt wird Erdwärme als Energiequelle genutzt, indem sie aus geringen Tiefen mit Wärmepumpen an die Oberfläche geholt wird. Allerdings verbraucht diese Technik sehr viel Strom, weswegen sie umstritten ist.

Dieser Strom könnte gespart werden, wenn Erdwärme aus sehr tiefen Gesteinsschichten angezapft wird.

Energie aus 8000 Meter Tiefe

Dazu lässt man eine Flüssigkeit (Wasser) durch Rohre tief in die Erde fließen. Dort wird diese so heiß, dass sie von selbst wieder aufsteigt und Energie spendet – ohne Strom zu verbrauchen. Allerdings wird diese Technik bisher kaum genutzt. Schließlich ist der Aufwand groß. Nur wenige große Stadtwerke wie München oder Hamburg bohren bis auf 3000 Meter hinunter. In Vahrn will man jetzt sogar auf 8000 Meter (!) graben, weiß die Welt am Sonntag.

Ein Vorbild ist das deutsche Forschungsprojekt „Kontinentale Tiefbohrung“, kurz KTB, das es in den 90er-Jahren in Windischeschenbach in der Oberpfalz auf rund 9100 Meter brachte. Der 85 Meter hohe Bohrturm und die Forschungslabore sind heute eine Touristenattraktion.

Zahlreiche Risiken

Doch angesichts der großen Tiefe des Vahrner Projekts äußern sich Fachleute skeptisch. Eine Tiefenbohrung dieses Ausmaßes habe eine ganz andere technische Dimension als die derzeit branchenüblichen Projekte, heißt es etwa im Bundesamt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR).

Es gebe zahlreiche Risiken. Ein Ingenieur des schottischen Bohrtechnik-Spezialisten KCA Deutag, einem der Projektpartner, kennt kein vergleichbares Projekt, das in eine Tiefe von 8.000 Meter reicht. Üblich seien solche Tiefen lediglich bei der Öl- und Gasförderung.

Das Risiko tragen aber nicht die Stadtwerke Brixen. Sie unterstützen das Projekt nur durch einen langjährigen Abnahmevertrag für die Wärme.
Und weil bei der Nutzung der Wärmeströmung im Gestein kein Tiefenwasser angezapft werden muss, seien auch keine seismischen Reaktionen, sprich Erdbeben, zu befürchten, sagt ein Sprecher von Geocalor-D. Erdstöße nach Geothermiebohrungen in Basel und vor allem in Staufen hatten vor Jahren die Technologie in Verruf gebracht.

Die Erschütterungen in der badischen Kleinstadt hatten mehrere Häuser derart beschädigt, dass sie nicht mehr bewohnbar waren.

Teures Pilotprojekt

Das geplante Untertage-Kraftwerk in Vahrn ist mit Kosten von 54 Millionen Euro ein Pilotprojekt. Besteht die Technologie den Praxistest, könnte die Nachfrage rasch wachsen. Vorteile seien vor allem der geringe Platzbedarf und die unauffällige Erscheinung.

Zudem könnten die Kraftwerke direkt am Punkt des Energiebedarfs gebaut werden. Dadurch entfällt weitestgehend der Bau von Fernleitungen. In Zeiten mit geringem Wärme- und Strombedarf werde die Anlage speicherbaren Wasserstoff herstellen.

Mit der Tankstelle an der Brennerautobahn wäre ein potenzieller Abnehmer in der Nachbarschaft. 2021 soll das „Geohil-Kraftwerk“ bereits die Produktion aufnehmen.

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