von ts 20.07.2019 21:55 Uhr

Stauffenberg – Heute vor 75 Jahren

In der Nacht vom 20. auf den 21. Juli 1944 wurde Claus Schenk Graf von Stauffenberg hingerichtet. Seine letzten Worte: „Es lebe das heilige Deutschland!“

Kindheit und Jugend

Claus Schenk Graf von Stauffenberg(1) wurde am 15. November 1907 im Königreich Bayern als Sohn eines katholischen Uradelsgeschlechts geboren. Er und sein Zwillingsbruder Konrad waren Frühchen, bereits am Tag darauf starb letzterer.(2) Als Kind war er eher kränklich und schwach, doch schon damals zeigte sich ein Wesenszug, der Stauffenbergs Handeln auch im Sommer 1944 bestimmen sollte: allen physischen Einschränkungen zum Trotz, versuchte er stetig, diese durch eisernen Willen und Intelligenz auszugleichen.(3) 1924 musste er gesundheitsbedingt den Schulbesuch abbrechen, nach Kuraufenthalten bestand er die Reifeprüfung als außerordentlicher Teilnehmer [vergleichbar mit einem „externen Kandidaten“] im Februar 1926.(4)

Soldat

Wenige Wochen darauf trat er ins 17. Reiter-Regiment in Bamberg als Offiziersanwärter ein. Bei seiner Ausbildung an der Infanterie-Schule in Dresden zwischen Oktober 1927 und August 1928 fiel er durch seinen scharfsinnigen Verstand und seinen Fleiß auf. Als gläubiger Katholik trug er stets ein goldenes Kettchen mit einem Kreuz am Hals, auch beim Sportunterricht.(5) Dieses trug er auch noch im Juli 1944 bei seiner Exekution.(6)
Als Soldat stand er der Wiederbewaffnung, die Hitler nach der Machtergreifung betrieb, positiv gegenüber.(7) Ansonsten verschrieb er sich nicht dem NS-Regime: die Vorwürfe, er habe nach Hitlers Ernennung zum Reichskanzler am 30.1.1933 eine Siegesdemonstration in Bamberg angeführt, die heute teilweise noch bemüht werden(8), sind mittlerweile widerlegt.(9)

Kritik und Bewunderung

Nach den Novemberpogromen 1938 kritisierte er den „Radau-Antisemitismus“ der Nationalsozialisten und verurteilte „aus ganzem Herzen die Verletzungen von Anstand, Recht und Sitte“.(10) Trotzdem war er kein entschiedener Gegner des Antisemitismus, er schien in diesem Zusammenhang vor allem Gewalt und Rechtsbruch abzulehnen.(11)
Obwohl er sich im Frühjahr 1939 noch stark kritisch wegen des von Hitler vorgegebenen raschen Tempos bei den Kriegsvorbereitungen zeigte, legte sich diese Skepsis bald darauf.(12) Nach den schnellen deutschen Siegen in den Jahren 1939 und 1940 bewunderte er den deutschen Diktator und glaubte an einen deutschen Endsieg.(13)

Regimegegner

Doch bereits im Anfang 1942 zeigte er sich schockiert über die Massenmorde an der Ostfront und die Behandlung von osteuropäischen Zivilisten und Kriegsgefangenen.(14) Einem befreundeten Offizier gegenüber bezeichnete er ein Portrait Hitlers als „Ausdruck des Wahnsinns“ und „Es gibt nur eine Lösung: Sie heißt töten.“(15)
Ob er zu diesem Zeitpunkt schon den endgültigen Beschluss gefasst hatte, den deutschen Diktator zu eliminieren, lässt sich anhand der dürftigen Quellenlage nicht klar beantworten. Es liegt in der Natur der Dinge, dass Gegner eines totalitären Regimes versuchen, keine oder nur wenige schriftliche Spuren zu hinterlassen.(16)

Unbequemer Held

Freilich, Stauffenberg war und ist ein unbequemer Held. Gleich nach Kriegsende lehnten noch viele Deutsche seine Geste ab: darf man eine Regierung wegputschen und dabei töten?(17)
Aber auch heute können immer weniger Deutsche, insbesondere Jugendliche, etwas mit einem Helden anfangen, dessen letzter Satz „Es lebe das heilige Deutschland!“ war. „Er hat ihn [den Satz] förmlich in die Kugeln hineingerufen!“ wie sein Chauffeur Hans Splinter bezeugte.(18)
Zeitzeuge Splinter sprach auch noch im 21. Jahrhundert in deutschen Schulen. „Stauffenbergs Opfer für die Nation jedoch, die Idee, sein Leben einzusetzen, um sein Land zu retten, ist ihnen weitgehend fremd.“, weil „niemand ihnen diesen Opfergeist vermittelt hat“ meinte er in einem Interview im Jahr 2009.(19)

Anmerkungen

1 In der Geburtsurkunde steht der Vorname „Klaus“, Stauffenberg selbst und seine Familie schrieben ihn zeitlebens mit „C“ – vgl: Thomas Krause, Claus Schenk Graf von Stauffenberg – Ein Leben, in: Jakobus Kaffanke/Thomas Krause/Edwin E. Weber (Hrsg.), Es lebe das ‚Geheime Deutschland‘! Claus Schenk Graf von Stauffenberg. Person – Motivation – Rezeption, Berlin 2011, S. 11–24, hier: S. 11.

2 Ebd.

3 Guido Knopp, Stauffenberg. Die wahre Geschichte, München 2008, S. 11.

4 Thomas Krause, Claus Schenk Graf von Stauffenberg – Ein Leben, in: Jakobus Kaffanke/Thomas Krause/Edwin E. Weber (Hrsg.), Es lebe das ‚Geheime Deutschland‘! Claus Schenk Graf von Stauffenberg. Person – Motivation – Rezeption, Berlin 2011, S. 11–24, hier: S. 11.

5 Peter Hoffmann, Claus Schenk Graf von Stauffenberg. Die Biographie, München 2007, S. 96.

6 Tim Pröse, Jahrhundertzeugen. Die Botschaft der letzten Helden gegen Hitler, München 2016, S. 128.

7 Wolfram Wette, „Wir müssen etwas tun, um das Reich zu retten.“ Stauffenbergs Motive zum Widerstand, in: Jakobus Kaffanke/Thomas Krause/Edwin E. Weber (Hrsg.), Es lebe das ‚Geheime Deutschland‘! Claus Schenk Graf von Stauffenberg. Person – Motivation – Rezeption, Berlin 2011, S. 73–92, hier: S. 75.

8 Werner Bräuninger, Claus von Stauffenberg. Die Genese des Täters aus dem Geiste des Geheimen Deutschland, Wien 2002, S. 82; Gerd R. Ueberschär, Stauffenberg. Der 20. Juli 1944, Frankfurt am Main 2004, S. 89.

9 Guido Knopp, Stauffenberg. Die wahre Geschichte, München 2008, S. 56–60.

10 Peter Hoffmann, Claus Schenk Graf von Stauffenberg und seine Brüder, Stuttgart 21992, S. 172.

11 Ebd., S. 121.

12 Peter Hoffmann, Stauffenberg und der 20. Juli 1944, München 1998, S. 38.

13 Wolfram Wette, „Wir müssen etwas tun, um das Reich zu retten.“ Stauffenbergs Motive zum Widerstand, in: Jakobus Kaffanke/Thomas Krause/Edwin E. Weber (Hrsg.), Es lebe das ‚Geheime Deutschland‘! Claus Schenk Graf von Stauffenberg. Person – Motivation – Rezeption, Berlin 2011, S. 73–92, hier: S. 77; Werner Bräuninger, Claus von Stauffenberg. Die Genese des Täters aus dem Geiste des Geheimen Deutschland, Wien 2002, S. 108.

14 Peter Hoffmann, Claus Schenk Graf von Stauffenberg und seine Brüder, Stuttgart 21992, S. 218, S. 237–249.

15 Ebd. S. 242.

16 Ebd. S. 12-14.

17 Winfried Heinemann, Vom Verräter zum Freiheitskämpfer. Die Rezeption des Hitler-Attentäters nach dem 20. Juli 1944 in Wehrmacht und Bundeswehr, in: Jakobus Kaffanke/Thomas Krause/Edwin E. Weber (Hrsg.), Es lebe das ‚Geheime Deutschland‘! Claus Schenk Graf von Stauffenberg. Person – Motivation – Rezeption, Berlin 2011, S. 149–160.

18 Tim Pröse, Jahrhundertzeugen. Die Botschaft der letzten Helden gegen Hitler, München 2016, S. 116.

19 Ebd. S. 117–118.

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