von apa 12.04.2019 06:37 Uhr

Tauziehen um Auslieferung von Julian Assange beginnt

Nach der spektakulären Festnahme von Wikileaks-Gründer Julian Assange in London beginnt das Tauziehen um eine Auslieferung des 47-jährigen Australiers an die USA. Rechtsexperten erklärten am Freitag, der Fall könnte über Jahre vor britischen Gerichten verhandelt werden und letztlich vor den Europäischen Gerichtshof gehen.

APA (AFP)

Assanges Anwältin hatte angekündigt, dass ihr Mandant das Auslieferungsgesuch “anfechten und bekämpfen” werde; eine Anhörung dazu ist am 2. Mai geplant. “Angesichts der Auslieferungsvereinbarungen zwischen Großbritannien und dem Vereinigten Königreich wird es sehr schwer werden, diese Auslieferung anzufechten”, sagte der Rechtsexperte Anthony Hanratty von der Kanzlei BDB Pitmans der britischen “Times”. Er verwies zudem auf das “Vertrauen und die Zusammenarbeit zwischen beiden Ländern”. In vergleichbaren früheren Fällen haben die Auslieferungsverfahren Jahre in Anspruch genommen. Zwei Auslieferungsgesuche der USA blieben jedoch erfolglos.

Wie die Nachrichtenagentur AFP aus Gerichtskreisen erfuhr, wird Assange derzeit im Gefängnis von Belmarsh im Osten Londons festgehalten. Zuvor hatten Medien berichtet, der Australier befinde sich im rund 24 Kilometer entfernten Wandsworth-Gefängnis, wo er bereits 2010 neun Tage wegen der Ermittlungen zu einer mutmaßlichen Vergewaltigung in Schweden in Gewahrsam war.

Das Hochsicherheitsgefängnis Belmarsh kann 910 Häftlinge beherbergen, darunter auch solche, denen ein erhöhtes Medieninteresse gilt, wie aus einem Bericht aus dem Jahr 2018 hervorgeht. So saß etwa der legendäre britische Posträuber Ronnie Biggs hier nach seiner Rückkehr nach England ein.

Assange war am Donnerstag nach sieben Jahren in der ecuadorianischen Botschaft in London festgenommen worden. Quito hatte zuvor das politische Asyl für den 47-Jährigen aufgehoben, der wegen der Veröffentlichung geheimer US-Dokumente vielen in den USA als Staatsfeind gilt.

In Großbritannien droht Assange wegen des Verstoßes gegen Kautionsauflagen bis zu ein Jahr Haft. In den USA muss er im Zusammenhang mit dem Vorwurf der Verschwörung zur Attacke auf Regierungscomputer mit bis zu fünf Jahren Haft rechnen.

Die Vorwürfe beziehen sich auf die Veröffentlichung hunderttausender geheimer Regierungsdokumente in den Jahren 2010 und 2011, die Wikileaks von der früheren US-Soldatin Chelsea Manning zugespielt worden waren. 2010 sorgte ein von Wikileaks veröffentlichtes Video weltweit für Bestürzung, das den tödlichen Beschuss von mehreren irakischen Zivilisten durch einen US-Kampfhubschrauber aus dem Jahr 2007 zeigt.

Ein UN-Folterexperte hat unterdessen vor einer möglichen Auslieferung von Assange an die USA gewarnt. “Ich mache mir Sorgen um einen fairen Prozess”, sagte der UN-Sonderberichterstatter zu Folter, Nils Melzer, am Freitag der Nachrichtenagentur AFP. “Ich mache mir Sorgen, dass er den Haftmethoden der Vereinigten Staaten ausgesetzt sein könnte, die zum Teil sehr problematisch sind.”

Die USA hätten sich in den vergangenen zehn Jahren im Hinblick auf Foltermaßnahmen “leider nicht als sicheres Land erwiesen”, sagte Melzer, der in der Vergangenheit bereits wegen des US-Gefangenenlagers Guantanamo und dem sogenannten Waterboarding, bei dem ein Ertrinken simuliert wird, Alarm geschlagen hatte.

Melzer schloss sich Bedenken an, wonach die Liste der Anklagepunkte gegen Assange sich nach einer Auslieferung in die USA verlängern könnte. Dabei habe der Australier “im Prinzip nur das gleiche getan, was investigative Journalisten in der ganzen Welt tun”, nämlich Informationen zu veröffentlichen, die Staaten versuchen zu verbergen.

Die Enthüllungsplattform Wikileaks hatte im Präsidentschaftswahlkampf 2016 auch E-Mails der demokratischen Partei veröffentlicht und damit der damaligen Kandidatin Hillary Clinton geschadet. Clinton forderte am Donnerstag in New York, dass sich Assange für seine mutmaßlichen Straftaten verantwortet. “Das Entscheidende ist, dass er sich für das, was er getan hat, verantworten muss, zumindest so, wie es die Anklage vorsieht”, sagte sie.

Unterdessen wurde in Ecuador Assange-Mitarbeiter festgenommen. Innenministerin María Paula Romo sagte dem Radiosender Sonorama, die Festnahme sei erfolgt, als der “sehr enge” Mitarbeiter Assanges nach Japan habe reisen wollen. Angaben zur Identität des Festgenommenen machte sie nicht. Einem Medienbericht zufolge soll es sich um einen Schweden handeln, der auf Sicherheitstechnologie und Verschlüsselung spezialisiert ist.

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