von red 27.11.2018 21:00 Uhr

„Keine Terroristen, sondern Freiheitskämpfer“

Die österreichische Presseagentur APA hat in einem Beitrag die Südtirol-Aktivisten als „Terroristen“ bezeichnet. In Südtirol zeigt man sich über die Wortwahl bestürzt.

Quelle: Wikipedia

Die aus Südtirol stammende TV-Moderatorin Lilli Gruber hat im Beisein von Innenminister Matteo Salvini ihren neuen Roman „Inganno“ präsentiert. Die Handlung spielt in den 1960er Jahren und damit in der Zeit der Bombenjahre.

In einem Bericht über die Buchpräsentation und die Äußerungen von Innenminister Matteo Salvini, bezeichnet die österreichische Presseagentur die Südtirol-Aktivisten wortwörtlich als „Südtirol-Terroristen, die verharmlosend Bumser genannt werden“.

Von Ach: „Deplatzierte Entgleisung“

„Eine mehr als deplatzierte Entgleisung des APA-Journalisten, die zeigt, wie wenig der Autor besagten Artikels von Geschichte versteht“, reagiert Florian von Ach, Generalsekretär der Südtiroler Freiheitlichen. „Es ist dabei um so betrüblicher, dass ausgerechnet die österreichische APA mit der Bezeichnung ‚Terroristen‘ für die Südtiroler Freiheitskämpfer der 1960er Jahre eine Diktion übernimmt, die man normalerweise nur von italienischen Neofaschisten kennt“, sagt von Ach.

Knoll: „Opfer zu Tätern abzustempeln“

Für Sven Knoll, Landtagsabgeordneter der Süd-Tiroler Freiheit, ist es beschämend, dass immer wieder versucht wird, die Südtiroler Freiheitskämpfer der 1960er Jahre als Terroristen abzustempeln. „Mit dieser Verdrehung der historischen Tatsachen trachtet man danach, die Opfer zu Tätern abzustempeln, um damit die brutale Assimilierungs- und Folterpolitik des italienischen Staates zu rechtfertigen“, sagt Knoll.

„Wenn sich Menschen gegen die verbrecherischen Methoden eines fremden Staates zur Wehr setzen, der sie fundamentaler Rechte beraubt, ist dies nicht Terrorismus, sondern Selbstschutz. Nicht die Lust am Töten und das gezielte Leid Unschuldiger war die Zielsetzung der Sprengstoffanschläge in Südtirol, sondern die Beendigung der staatlich geförderten Unterdrückung und kulturellen Auslöschung. Darum sind die ‚Bumser‘ keine Terroristen, sondern Freiheitskämpfer“, so Knoll.

SHB: Salvini hätte sich für Folterungen entschuldigen können

Laut Roland Lang vom Südtiroler Heimatbund, hätte Salvini bei der Vorstellung des Romans die Gelegenheit nutzen können, um sich für die unmenschlichen Folterungen an den politischen Häftlingen, von denen einige an den Misshandlungen gestorben sind, im Namen des italienischen Staates zu entschuldigen. „Auch die brutale Polizeiaktion im Weiler Tesselberg am 10. September 1964 sei hier genannt“, so Lang.

„Egal, wie man die Freiheitskämpfer der sechziger Jahre nennt, Patrioten, Idealisten, Bumser oder Aktivisten, sie trugen wesentlich dazu bei, dass das Problem Südtirol bekannt wurde und es zur Gründung der Neunzehnerkomission kam und in Folge zum Paket. Dies hat nicht zuletzt auch Magnago auf der SVP-Landesversammlung 1976 in Meran bestätigt, als er die Freiheitskämpfer rehabilitierte“, sagt Lang.

Thaler: „Vieles in die Schuhe geschoben“

In die gleiche Kerbe schlägt Elmar Thaler, Landeskommandant des Südtiroler Schützenbundes. „Wer die Männer von damals Terroristen nennt, differenziert nicht. Sicher haben sie mit unkonventionellen Mitteln gearbeitet. Aber sie haben, wie es Lilli Gruber kürzlich aus ihrer Sicht beschreibt ‚zumindest anfangs alles getan haben, um Menschenleben zu vermeiden’“, so Thaler

Ihm sei jedenfalls nicht bekannt, das Terroristen Menschenleben schonen. „Und vieles von dem, was heute noch den ‚Südtirol-Terroristen‘ in die Schuhe geschoben wird, ist nachweislich nicht so passiert, wie es damals dargestellt worden ist. Deshalb sollte man mit einem definitiven Urteil vorsichtig sein“, sagt Thaler.

Bei der Sepp-Kerschbaumer-Gedenkfeier am 8. Dezember in St. Pauls gedenken jährlich mehr als tausend Schützen den verstorbenen und lebenden Tiroler Freiheitskämpfern der 1950er und 1960er Jahre „Wir gedenken jedenfalls den Aktivisten, Freiheitskämpfern – die, wie selbst von Altlandeshauptmann Magnago attestiert, wesentlich dazu beigetragen haben, dass die Neunzehnerkomission eingesetzt und in Folge nach langen und zähen Verhandlungen das „Paket“ gekommen ist. Im übrigen hat anscheinend sogar der Südtiroler Landtag in einem Beschluss bereits 2015 die Aktivisten rund um Sepp Kerschbaumer Freiheitskämpfer genannt“, so Thaler.

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