Faschistische Enteignungen: Zurückkaufen was einem einst gehörte

Anlass für das Interesse des Staates waren seinerzeit archäologische Funde, die 1935 im Zusammenhang mit dem Bau der Peintnerbrücke gemacht wurden. Ans Tageslicht gelangt waren Mauern aus der Römerzeit. So bekam St. Lorenzen 1940 nicht nur den Beinamen „di Sebato”, sondern der Staat kaufte und enteignete auch Grundflächen.
Über eine komplexe Transaktion, die am Freitag im Landhaus in Bozen besiegelt wurde, kehren die Grundflächen wieder an die Gemeinde St. Lorenzen zurück. Der Haken daran: die Gemeinde im Pustertal muss eine Carabinieri-Kaserne in Deutschnofen für rund zwei Millionen Euro erwerben, um diese gegen die von Italien enteigneten Grundstücke einzutauschen.
Der Bürgermeister von St. Lorenzen, Martin Ausserdorfer, erklärt dazu auf Nachfrage von UT24: „Ich sehe das als sehr sehr großen Erfolg, weil es 80 Jahre nie gelungen ist, diese Fläche zurückzuholen. Es hat immer geheißen ‚Das gehört zu Italien und es ist unverkäuflich‘. Durch politische Verhandlungen haben wir es jetzt dennoch hinbekommen.“
Die Grundstücke seien dafür laut Ausserdorfer neu geschätzt worden und hätten demzufolge einen Wert von 23 Euro pro Quadratmeter, mit dem die Gemeinde arbeiten könne. „Unter diesem Aspekt haben wir eine ganz normale Transaktion getätigt mit Wertbestimmungen, die wir vorgenommen haben“, so der Bürgermeister.
Nicht der erste Fall dieser Art
Derartige Rückkäufe und Verhandlungen mit dem Staat sind in Südtirol nichts Neues. Bereits 2013 hatte das Land Südtirol – zusätzlich zu einer neuen Polizei- und Finanzkaserne in Bruneck – auch noch für 270 Angehörige des italienischen Heeres Unterkünfte in der Lugramani-Kaserne von Bruneck errichtet. Dies alles erfolgte damals laut Angaben der politischen Verantwortungsträger im Tausch für nicht mehr benötigte Militärliegenschaften.
Seinerzeit gab es lautstarke Kritik vonseiten des Südtiroler Schützenbundes, der zu bedenken gab, „dass der Grund und Boden für sehr viele in Südtirol bestehenden Immobilien des Staates seinerzeit Südtirolern zum Spottpreis oder gar ohne Ablöse enteignet worden sind. Deshalb sollte den ursprünglichen Besitzern wenigstens die Möglichkeit eingeräumt werden, die Grundstücke wieder zurückzuerwerben, anstatt mit Steuergeldern den Zuzug von Provinzfremden zu fördern und dadurch den Proporz in unserem Land nachhaltig zu beeinflussen“.
„Flächen sind nicht gestohlen worden“
Auf die Frage, ob es sich im Falle von St. Lorenzen ebenfalls so verhalte, dass die Gemeinde für eine im Grunde von den Faschisten gestohlene Sache Geld bezahlen müsse, meint Ausserdorfer: Die Flächen sind nicht gestohlen worden, sie sind bezahlt worden. Das ist auch damals passiert. So sind die Stücke zwangsabgenommen worden, aber 1940 erfolgte eine Zahlung durch den Staat. Weil es gibt keine kostenlose Enteignung im Gesetz und die hat es auch nie gegeben. Jede Straße und jeder noch so kleine Gehsteig wird auch heute über ein Enteignungsverfahren abgewickelt und dort wird ein Gegenwert bestimmt, der auch bezahlt wird“.
Nach dem erfolgreichen Kauf plant die Gemeinde nun, einen Teil der Grundstücke für die Errichtung eines zweiten Fußballplatzes und zur Erweiterung der Sportzone zu verwenden. Dies soll schon im kommenden Jahr geschehen. Über die weitere Vorgehensweise soll jedoch zuerst der Gemeinderat von St. Lorenzen entscheiden.






