von red 02.05.2018 16:19 Uhr

Spannender Dreikampf um den Künstlerbund

Der Südtiroler Künstlerbund (SKB) wählt am 12. Mai 2018 einen neuen Präsidenten. Mit seinen 378 Mitgliedern aus den Bereichen Bildende Kunst, Literatur, Musik und Architektur ist der bereits 1946 gegründete SKB einer der einfluss- und traditionsreichsten Kulturverbände des Landes.

Kunst Symbolbild

Das Leitbild des SKB

Laut seinem offiziellen Leitbild versteht sich der SKB als „durch die Mitglieder selbst bestimmter Verein“, dessen Ziel es ist, „für deren kreatives Schaffen und die Belange der Kunst im Allgemeinen einzutreten“.

Dieses Ziel soll durch „gezielte Zusammenarbeit mit Institutionen des In- und Auslandes“ erreicht werden, um „das eigene kulturelle Wirken im Lande und auch über die Grenzen des Landes hinaus“ zu festigen und „einem breiteren Diskussionsraum zugänglich“ zu machen.

Und genau hier, nämlich im Eintreten für das „kreative Schaffen“ der SKB-Mitglieder und das „eigene kulturelle Wirken im Lande“, wird die Herausforderung des neuen SKB-Präsidenten liegen.

Denn die SKB-Mitglieder fanden in der Vergangenheit bereits des Öfteren, dass es mit der Wertschätzung ihres Wirkens hierzulande nicht weit her ist.

Zankapfel „Museion“

Ein stetig wiederkehrender Kritikpunkt in Künstlerkreisen ist die beanstandete „stiefmütterliche Behandlung“ der lokalen Künstler.

Nirgends zeigt sich dies so exemplarisch wie in der breiten Kritik an der Ankaufs- und Ausstellungspolitik des „Museion“, des üppigst mit Steuergeldern finanzierten Museums für Moderne Kunst in Bozen.

Kernpunkte der Kritik: intransparente Führungs- und Machtstrukturen im Umfeld des „Museion“, Bevorzugung einer stets gleichen, sehr kleinen Gruppe ausgesuchter lokaler Künstler, Schwerpunkt auf internationale Sammlungen, wenig bis gar keine Interaktion mit den im Lande lebenden Künstlern, dadurch wenig Resonanz im südtirolweiten Kunst-Diskurs. Von einer breiten Verankerung in der Bevölkerung ganz zu schweigen.

Im Jahre 2014 wurden diese Kritikpunkte von der sogenannten „Gruppe 30“, 30 lokalen Künstlern, öffentlichkeitswirksam vorgebracht. „Es gab Krisensitzungen, Gespräche, die üblichen, nichtssagenden Wortkaskaden des zuständigen SVP-Landesrates Philipp Achammer, doch wenig Konkretes“, sagt ein Kenner der Szene.

Vor dem Hintergrund der Präsidentschaftswahlen im SKB scheint dieses Thema nun wieder auf die Tagesordnung zu kommen.

Drei Kandidaten – dennoch fast Grabesruhe zur SKB-Zukunft

Für die Nachfolge der langjährigen SKB-Präsidentin Helga von Aufschnaiter haben sich bisher drei Kandidaten beworben: die Architekten Wolfgang Piller und Alexander Zöggeler sowie der Künstler Thomas Sterna.

Im verbandsinternen Wahlkampf scheint jedoch Grabesruhe zu herrschen. Für einen solch medienpräsenten und progressiven Verband wie den SKB an sich völlig unüblich.

Von den beiden Architekten Piller und Zöggeler sind keine Äußerungen bekannt, wie sie das Amt als SKB-Präsident anlegen möchten und welche Maßnahmen sie setzen wollen, um dem Auftrag, für das „kreative Schaffen“ der SKB-Mitglieder einzutreten, nachzukommen.

Betrachtet man die Mitgliederstatistik, dürften deren Chancen auf eine Wahl zudem eher dürftig sein: von den 378 SKB-Mitgliedern sind 228 Bildende Künstler, die Architekten stellen mit gerade einmal 53 SKB-Mitgliedern eine vernachlässigbare Größe dar.

Kürzlich trat der Dritte im Bunde, Thomas Sterna, mit einem „offenen Brief“ an die SKB-Mitglieder heran.

Der „Offene Brief“ des Thomas Sterna

In diesem „Offenen Brief“ finden sich sämtliche Kritikpunkte zur mangelnden Wertschätzung der lokalen Künstler wieder. Sterna bricht darin eine Lanze für eine Reflexion der bisherigen Kunstpolitik unter dem Blickwinkel, ein „ausgewogenes Verhältnis“ zwischen lokaler und globaler Kunst herbeizuführen.

Durchaus kulturphilosophische Aspekte wie der Hinweis, dass im zeitgenössischen Kunstbetrieb die Maxime gelte, „dass „teure Kunst“ auch „gute Kunst““ sei, wechseln mit klaren Positionierungen, gerade zum Zankapfel „Museion“, ab. So schreibt Sterna:

„Wie die dortige Ankaufspolitik aussieht und ob sie auch eine lokale Ausrichtung hat, ist von Außen schwer zu durchschauen. Ich sehe, dass neben einigen jungen lokalen Positionen der größte Teil des Etats in jene globale Kunst investiert wird, die scheinbar mehr oder minder zufällig den Weg nach Bozen findet. Es besteht also die Gefahr, dass das, was hier im Land in den letzten 20 Jahren entstanden ist und aktuell und in Zukunft entsteht, nicht überleben wird.“

Starker Tobak, doch dürfte genau dies vielen SKB-Mitgliedern aus der Seele sprechen.

Favorit Thomas Sterna?

Den reinen Mitgliederzahlen nach sollte einem Start-Ziel-Sieg von Thomas Sterna nichts im Wege stehen.

Doch ein Insider warnt: „Die Mehrheitsverhältnisse im SKB richten sich nicht alleine nach der Zugehörigkeit zu einer der vier Kunstrichtungen Bildende Kunst, Literatur, Musik oder Architektur. Sonst hätte der SKB in seiner Geschichte stets Bildende Künstler als Präsidenten gehabt. Mit Helga von Aufschnaiter und zuvor Helmut Maurer standen jedoch jahrzehntelang Architekten an der Spitze. Ein Grund dafür könnte sein, dass den Künstlern stetig eingeredet wird, dass ein Künstler nicht repräsentieren könne, keine Management-Qualitäten habe und vielleicht zu „unbequem“ und damit den jeweils Mächtigen in Politik und Verwaltung vielleicht „nicht genehm“ sei. Dabei sind diese Vorbehalte an sich unhaltbar: welcher Verband, wenn nicht der SKB, ist denn geradezu dazu bestimmt, von einem Künstler geleitet zu werden? Welcher Verband, wenn nicht der SKB, ist denn dazu berufen, in einen kritisch-konstruktiven Diskurs mit der Öffentlichkeit zu treten? Und wer, wenn nicht ein Künstler, könnte die Bedürfnisse der zeitgenössischen Kunst in Südtirol denn authentisch vertreten?“

Trotz dieser Tatsachen ist die Wahl alles andere als gelaufen. Favorit Sterna wird in den wenigen Wochen vor der Wahl noch einiges an Überzeugungsarbeit leisten müssen. Der Insider: „Entscheidend für Sternas Wahl wird sein, dass er versichern kann, teamfähig zu sein und bewährte Kräfte, wie die SKB-Geschäftsführerin Lisa Trockner und weitere, bestens vernetzte Kulturvertreter, einzubinden. Dann könnte er ein SKB-Präsident werden, der für einen neuen Aufbruch steht.“

Man darf also gespannt sein, wie sich der SKB am 12. Mai entscheidet.

Jetzt
,
oder
oder mit versenden.

Es gibt neue Nachrichten auf der Startseite