von fe 22.12.2017 17:05 Uhr

Ungewöhnliche Leidenschaft

Die Tirolerin Christine Schwemberger sammelt leidenschaftlich Sterbebilder und betreibt das Onlineportal sterbebilder.schwemberger.at mit einer Sammlung von über 150.000 Sterbebildern aus Nord-, Ost- und Südtirol. Im Gespräch mit UT24 erzählt die Außendienstmitarbeiterin über ihre ungewöhnliche Sammelleidenschaft.

UT24: Frau Schwemberger, wie sind Sie aufs Sammeln von Sterbebildern gekommen und wie ist dieses Projekt entstanden?

Schwemberger:
Mein Ururgroßvater ist in St. Lorenzen ermordet worden. Im Testament, das ich im Verfachbuch im Landesarchiv in Bozen gelesen habe, stand, dass Geld für einen Fotografen und für die Druckerei bezahlt wurde. Es hat mich interessiert wie er ausgesehen hat, so habe ich mich auf die aufwändige Suche nach dem Bildchen gemacht. Im Museum Wassermann in Niederdorf wurde ich fündig. Das hat mich zwar einerseits sehr gefreut, aber die Suche war nicht nur zeitintensiv sondern hat auch ziemlich viel Geld gekostet.
Damals ist die Idee entstanden, dass ich, wenn ich einmal viel Zeit habe, eine Seite im Internet machen möchte, auf die jeder, zu jederzeit, kostenlos zugreifen und sich die Bildchen herunterladen kann.Den Anstoß hat mir dann aber Bruno Kaser, der Direktor der Stadtbibliothek in Brixen, gegeben. Er hat mir den ersten großen Schwung an Sterbebildchen als Scan zur Verfügung gestellt. Mit seinen und meinen Bildchen waren es dann schon über 10.000 Stück. Sie waren der Startschuss für meine Webseite. Unterstützt hat mich auch mein Bruder, in dem er den notwendigen Platz auf unserer Homepage geschaffen hat.

UT24: Haben Sie in Ihrer Sammlung auch Lieblingsexemplare, erzählen Sie uns etwas dazu.

Nein, es gibt nur besonders schöne und berührende Bildchen.

UT24: Ältere Sterbebilder geben viele Informationen über das Leben der Verstorbenen her. Wieso wird auf neueren Sterbebildern kaum noch etwas über das Leben des Verstorbenen geschrieben?

Das stimmt nicht ganz. Es gibt einige Bildchen aus dem Raum Terenten bzw. aus Mauls, auf denen wieder ein sehr ausführlicher und berührender Lebenslauf geschrieben ist. Ich denke, wenn man einen Trauerfall hat, dann beschäftigt man sich nicht so viel damit. Man macht eben das, was einem geraten wird. Heutzutage soll das Bildchen ja innerhalb weniger Tage verfügbar sein – da bleibt nicht viel Zeit um ein Sterbebildchen aufwändig zu gestalten. Aber es wäre einfach schön wenn wenigstes der Geburts-, Wohn- und Sterbeort auf dem Bildchen stehen würde. Der vulgo Name sagt vielen Bekannten mehr als der Geburtsname. Aber auch ein Beruf, oder ein Hobby… Es gäbe soviel, was man auf das Bildchen schreiben könnte.

UT24: Aus welchem Grund beinhaltet Ihre Sammlung Sterbebilder aus Nord-, Ost- und Südtirol?

Es gibt ja auch eine Seite in Vorarlberg oder in Bayern. Die Schweizer und die Lichtensteiner haben auch eine Seite gemacht. Die Bildchen die auf meiner Seite sind, sollen einen Tirol-Bezug haben. Das heißt in Tirol geboren, gelebt oder gestorben.

UT24: Wer sind die Besucher Ihrer Seite, verdienen Sie damit auch Geld?

Die Besucher kenne ich ja nicht, aber manche schreiben nette Zeilen ins Gästebuch. Da war zum Beispiel einmal ein Herr aus München, offensichtlich gebürtig aus Schalders.
Der hat so nett geschrieben, dass sein Besuch auf der Seite für ihn „ein gehen in alten Gassen und ein treffen von alten Bekannten und Verwandten“ war. Leider wurde das Gästebuch gelöscht und so sind jetzt nicht mehr soviel Einträge drin. Die Seite ist kostenlos. Da ich die Bildchen von ganz vielen Menschen kostenlos im Scan zur Verfügung gestellt bekomme, muss das auch so bleiben. Und… nein – ich verdiene damit kein Geld.

UT24: Was treibt Sie an, so viel ehrenamtliche Zeit aufzubringen, wie groß ist Ihre Sammlung und wie groß könnte diese in den nächsten Jahren noch werden?

Die Sammlung steht jetzt bei gut 150.000 Sterbebildchen – ich vermute das es gut 1.000.000 Bildchen von Tirolern geben wird.
Wie groß die Sammlung werden kann, kann ich nicht beurteilen, es kommt einfach darauf an, ob ich Bildchen zum Scannen bekomme. Zum Beispiel gibt es in Terlan einen Sammler, den Pfanzelter Helmut. Der legt mir immer die Bildchen, die er neu hereinbekommt, beiseite und wenn genug beieinander sind, darf ich sie alle scannen.
Aber es waren so unglaublich viele Menschen, von denen ich Bildchen einfach so zur Verfügung gestellt bekommen habe. Ich möchte an dieser Stelle einmal ein herzliches Vergelt’s Gott zu sagen. Ohne all diese Menschen, wäre die Seite nie so groß geworden. Danke.

Wer im Besitz von alten aber auch neuen Sterbebildern ist, kann diese einscannen und an c(at)schwemberger.at senden, so kann die Seite von Christine Schwemberger weiter wachsen.

schwemberger_christine
Christine Schwemberger lebt in Innsbruck und Lienz. Sie ist von Beruf Außendienstmitarbeiterin.

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