Gekürzte Lehrlingsgehälter: „Die positiven Aspekte überwiegen“ – Interview

UT24: Welche Lehrlinge sind konkret vom neuen Gesetz betroffen?
Der neue Kollektivvertrag tritt für alljene in Kraft, welche mit 1. März 2017 ein Lehrverhältnis beginnen. Sozusagen für alle neuen Lehrlinge. Alle, die sich bereits in einer Lehre befinden, sind also nicht betroffen.
UT24: Um wie viel werden die Lehrlingsgehälter gekürzt?
Im alten Kollektivvertrag war das Einstiegsgehalt im Verhältnis immer hoch – vor allem, wenn man sich mit Deutschland oder Österreich vergleicht. Und deshalb war es notwendig, eine Anpassung zu machen. Jetzt aber ist es so, dass die Lehrlinge im ersten Lehrjahr mit einem reduzierten Gehalt anfangen und in den Folgejahren eigentlich fast alles beim beim Alten bleibt. Da sprechen wir vielleicht von einem minimalen Unterschied von etwa fünf bis zehn Prozent.
UT24: Welchen Vorteil hat ein Unternehmer mit so einem Gesetz?
Wir hoffen sehr, dass die Betriebe dadurch wieder motiviert werden, neue Lehrlinge zu beschäftigen. Denn vor allem im ersten Jahr muss sich ein Betrieb sehr intensiv um seinen Lehrling kümmern. Es müssen eine ganze Reihe von Maßnahmen, wie Ausbildungen oder Sicherheitskurse durchgeführt werden, damit es überhaupt möglich wird, einen jungen Menschen auszubilden. Und genau dieser Umstand verursacht für die Unternehmer im Handwerk natürlich Kosten. Deshalb war es uns als LVH wichtig, dass wir die Betriebe entlasten, um mehr Lehrlingsstellen möglich zu machen.
UT24: Glauben Sie, dass die Gehaltskürzung mehr Jugendliche dazu bringen wird, den Weg einer Lehre einzuschlagen?
Wir dürfen nicht so sehr von einer Gehaltskürzung sprechen, sondern in erster Linie von einem neuen Kollektivvertrag. Dieser enthält ein Paket mit Maßnahmen, bei denen unter anderem das Gehalt ein Teil davon ist.
UT24: Sehen sie bei den Kürzungen nicht eine Geringschätzung des Handwerks, wenn dieses schlechter bezahlt wird?
Das sehe ich überhaupt nicht so. Denn wenn jemand wirklich ein guter Lehrling ist, kann ein Betrieb auch jederzeit mehr für ihn zahlen. Wir reden hier ja primär von den Mindestsätzen. Außerdem ist die Lehre die einzige Ausbildung, die überhaupt bezahlt wird.
UT24: Könnte die Kürzung des Lehrlingsgehalts auch Auswirkungen auf den Gesellengehalt haben?
Nein, im Gegenteil. Diese Maßnahme stärkt den Gesellen. Denn in der Vergangenheit hatten wir beispielsweise einen Lehrling, der im dritten Lehrjahr 90 Prozent Gehalt bekommen hat, obwohl er 11 Wochen im Jahr in der Schule war. Auf der anderen Seite stand der Geselle, der 100 Prozent Gehalt bekommen hat, obwohl er die volle Zeit inklusive der Ausbildung im Betrieb gearbeitet hat.
UT24: Das heißt, der LVH steht voll und ganz hinter dem neuen Lehrlingsgesetz?
Absolut. Dieses Gesetz ist ja unter anderem durch unsere Vorschläge entstanden. Deshalb stehen wir natürlich voll und ganz dahinter. Natürlich wird es immer Stimmen geben, die etwas am Gesamtkonzept auszusetzen zu haben. Aber insgesamt muss man sagen, dass die positiven Aspekte deutlich überwiegen.






