von red 23.02.2017 11:49 Uhr

Strahlenwolke über Europa: Ist auch Tirol betroffen?

In ganz Europa werden derzeit geringe Mengen des Radionuklids Jod-131 in der Luft gemessen. Experten rätseln noch über die Quelle. UT24 hat im Interview mit dem Experten Dr. Luca Verdi vom Labor für physikalische Chemie in Bozen gesprochen um herauzufinden, was es mit der Strahlenwolke auf sich hat.

Bild: Pixabay

Vom Norden Europas her zieht seit einigen Wochen eine radioaktive Wolke Richtung Süden. In immer mehr Staaten konnte das Radionuklid Jod 131 in der Luft nachgewiesen werden. Der höchste Wert wurde mit sechs Mikrobecquerel pro Kubikmeter in Polen gemessen.

Doch was sind die Gründe dafür? Neben einem atomaren Unfall oder einem Nukleartest könnte eine erhöhte Konzentration vom Jod-131 auch auf eine Störung bei einem Pharmaunternehmen zurückzuführen sein.

Der Präsident der deutschen Gesellschaft für Strahlenschutz, Sebastian Flugbeil, vermutete im Interview mit dem Fernsehsender N24 eben einen solchen Unfall bei der Herstellung von Radionukliden.

UT24 wollte herausfinden was hinter dem Phänomen steckt und hat mit Dr. Luca Verdi vom Labor für physikalische Chemie in Bozen gesprochen:

UT24: Herr Verdi, mehrere deutsche Medien berichten über eine radioaktive Wolke, die sich über Europa ausbreitet. Was hat es damit auf sich?

Verdi: Vor einigen Wochen haben zwei Labors in Nordeuropa kleinste Spuren von Jod-131 in der Luft gefunden. Diese haben nun auch andere Staaten bei Messungen festgestellt. Dabei ist zu betonen, dass nur sehr wenige Labors in sehr wenigen Staaten überhaupt im Stande sind derart sensible Messungen durchführen. Bei uns in Südtirol wird auch gemessen, aber nicht mit so sensiblen Geräten.

UT24: Diversen Medien war zu entnehmen, der Strahlenwolke könnte ein Unfall zugrunde liegen. Wie schätzen Sie die Situation ein?

Verdi: Es muss nicht sein dass ein Unfall passiert ist. Möglich ist es aber. Jod 131 wird für verschiedene Zwecke verwendet, zum Beispiel im Rahmen der Nuklearmedizin. Beispielsweise bei der Prophylaxe von Schilddrüsenkrebs. Dort bekommen Patienten hohe Dosen davon verabreicht, um das Geschwür zu bekämpfen.
Normale Aktivitäten können dort diese Mengen schon hervorrufen. Dass das mit irgendwelchen atomaren Problemen zusammenhängt ist allerdings total auszuschließen, weil das andere Radionukleide in die Luft bringen würde.

UT24: Entsteht durch die erhöhte Strahlenbelastung ein gesundheitliches Risiko für die Bevölkerung?

Verdi: Nein. Vom strahlenschützerischen her ist das aktuelle Phänomen total irrelevant. Wir reden von Laboren, die im Stande sind extrem niedere Spuren nachzuweisen. Die Sensibilität dieser Messungen ist gewaltig. Es ist in der Vergangenheit schon öfters passiert, dass diese kleinen Konzentrationen gemessen worden sind. Die sechs MikroBequerell in Polen sind relativ unbedenklich. Bei atomaren Supergaus wie Tschernobyl und Fukushima, waren in der Vergangenheit teilweise zehnfach so hohe Konzentrationen in Europa zu messen.

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