von apa 13.07.2016 10:27 Uhr

Jihadisten-Prozess: Gerichtssaal musste geräumt werden

Im Grazer Straflandesgericht ist am Mittwoch der Prozess gegen Prediger Mirsad O., der als Schlüsselfigur rund um die Aktivitäten der Terrororganisation “Islamischer Staat” (IS) in Österreich gilt, fortgesetzt worden. Mitangeklagt ist ein Tschetschene, der für den IS gekämpft haben soll. Der Saal, in dem am Abend vermutlich noch das Urteil fällt, musste am Nachmittag plötzlich geräumt werden.

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Der plötzlichen Räumung des Gerichtssaals war laut einer Sprecherin keine konkrete Drohung vorausgegangen. Der Landesverfassungsschutz habe jedoch bis kurz vor der Urteilsverkündung einen “sprunghaften” Anstieg bei der Besucherzahl wahrgenommen, weshalb eine neuerliche genaue Kontrolle aller Zuschauer im Gerichtssaal veranlasst wurde. Danach soll der Einlass in “geordneten Bahnen” erfolgen.

Die “Kleine Zeitung” dagegen berichtete auf ihrer Onlineseite, dass es eine Warnung aus Wien gegeben haben soll. Derzufolge seien unter den Zuhörern “als gefährlich eingestufte Mitglieder der Wiener Jihadisten-Szene. Ihnen sollte nicht der Zutritt verwehrt werden, ihnen wurde aber besonderes Augenmerk geschenkt”, hieß es. Daher soll die Räumung und die Kontrolle der Zuschauer in der Sicherheitsschleuse veranlasst worden sein.

Das Gericht hatte sich gegen 14.40 Uhr für eine Beratung in einen der hinteren Räume zurückgezogen, während das Publikum im Gerichtssaal wartete. Gegen 15.15 Uhr wurde dann überraschend die Räumung veranlasst. Rund eine Stunde später begann die neuerliche Kontrolle und der Einlass der Zuschauer und der akkreditierten Journalisten in den Saal.

Zuvor hatte am Vormittag ein Islam-Experte Stellung zu zehn neu übersetzten Reden des Predigers Stellung genommen. Der Sachverständige für Islamismus und Terrorismus, Guido Steinberg, hatte bereits im Februar seine Meinung zu den Videos und Tonaufzeichnungen von Reden von Mirsad O. geäußert. Damals war er zu dem Schluss gekommen, dass der Angeklagte eine jihadistische Ideologie vertritt: “Er wirbt für den bewaffneten Kampf in Syrien und Tschetschenien”, war der Experte überzeugt. Außerdem würde O. “die individuelle Pflicht zum bewaffneten Kampf befürworten”.

Drei Gutachten hatte der Sachverständige erstellt, doch der Verteidiger wollte noch eine Ergänzung, basierend auf der kompletten Übersetzung der Predigten, die zuvor nur teilweise auf Deutsch vorlagen. “Am Gutachten ändert sich nichts”, betonte Steinberg gleich zu Beginn. Er habe “neues Material zu alten Themen” gefunden.

Mirsad O. vertrete in den zehn zusätzlichen Predigten “eine sehr radikale Form des Monotheismus” und würde nur “eine sehr kleine Gruppe als Muslime akzeptieren”. Gegen den größten Teil der Menschheit wolle er den “Jihad” führen. Zum Thema “Pflicht jedes Moslems” meinte O. laut Steinberg: “Islam ist nicht Frieden, der Angriff ist verpflichtend.”

“Große Sympathien für Al Kaida” ließen sich weiters aus den Texten ableiten. Bezeichnend war für Steinberg aber die schwarze Fahne mit dem Propheten-Siegel, die sich in der Wohnung des Predigers gefunden hatte und die als IS-Flagge gilt: Sie wird ausschließlich von jihadistischen Gruppierungen benutzt. “Mir war klar, da hat sich jemand entschieden.”

Der Verteidiger von O. hatte einen Privatgutachter mitgebracht, der Fragen an den Sachverständigen stellte. An der Frage, ob und seit wann die schwarze Flagge ein eindeutiger Hinweis auf IS-Zugehörigkeit sei, schieden sich die Geister. “Kann man sagen, dass es darüber eine Meinungsverschiedenheit gibt”, fragte der Privatgutachter den Sachverständigen. “Wenn Sie eine andere Meinung haben, haben wir schon eine Meinungsverschiedenheit”, antwortete ein besitzender Richter.

Am Nachmittag wurden einige Videos vorgeführt, die unter anderem den Abschied von Selbstmordattentätern zeigten. Mirsad O. betonte, er habe damit nie etwas zu tun gehabt. “Ich bin nicht auf dem Video und sie haben auch nicht meinen Namen genannt”, stellte er jede Verbindung in Abrede.

Die Filme zeigten unter anderem einen lachenden jungen Mann, der sich in Wien von einem Freund verabschiedet. “Er ist mittlerweile tot”, klärte der Staatsanwalt die Geschwornen auf. Auch Videos von Selbstmordattentätern waren zu sehen, die vermummt vor der schwarzen IS-Flagge standen und sich von ihren Familien verabschieden. “Einige Stunden später hat er sich in einem Auto in die Luft gesprengt”, so der Ankläger.

Dann begann die Beratung über die Fragen an die Geschworene. Anschließend sollten die Plädoyers folgen.

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