von apa 26.03.2016 10:32 Uhr

Das Multimillionen-Dollar-Geschäft am Broadway

Der Broadway erlebt im Moment eine Blütezeit – vor allem dank des hoffnungslos ausverkauften Hits “Hamilton”. Doch es wird schwieriger, eine günstige Karte für eine der populären Shows zu bekommen. Die Besucher brauchen Glück, Geduld und oft eine Menge Motivation.

APA (Symbolbild/AFP

Eine lange Warteschlange bahnt sich entlang des hektischen Times Square in Manhattan. Dutzende warten geduldig vor dem Tickethaus TKTS, um Karten mit bis zu 50 Prozent Rabatt für Abendvorstellungen am Broadway zu ergattern. Neben den leuchtend roten TKTS-Schildern steht die Deutsche Kerstin Wolfarth mit zwei Freunden und überlegt, ob sie sich Tickets leisten können. Sie haben sich ein Budget von 50 Euro pro Karte gesetzt – doch es ist unwahrscheinlich, dass sie für den Preis etwas bekommen.

“Alle haben uns gesagt, dass wir an den Broadway müssen, sobald wir in New York sind”, erzählt die 21-jährige Studentin. “Bei TKTS wurde uns gesagt, dass das billigste Ticket 80 Dollar kostet, inklusive des Rabatts. Das ist immer noch sehr teuer”, sagt ihr Freund Fabian Sladek. “Ich habe ‘Lion King’ in Deutschland gesehen und würde es gern hier sehen, aber das ist sicher für uns unbezahlbar. Ich glaube, die Lotterie ist der einzige Weg, um an günstige Tickets zu kommen.”

102 Millionen Dollar (etwa 90 Mio. Euro) spielte “Der König der Löwen” allein im vergangenen Jahr ein, eine Karte kostet laut Branchenportal Broadway World im Schnitt 146 Dollar, etwa 130 Euro. Die im Schnitt umgerechnet 84 Euro für eine Musical- oder Theater-Karte am Broadway sprengen das Budget vieler Besucher.

Steigende Ticketpreise bedeuten steigende Einnahmen für den Broadway mit einem wöchentlichen Umsatz von derzeit rund 23 Millionen Dollar. Allein im vergangenen Jahr besuchten 13,1 Millionen Menschen Theater und Musicals – zwei Drittel davon waren dem Branchenportal Broadway League zufolge Touristen. Einige Stücke feiern Rekorde: Die Musicals “Wicked”, “Lion King” und das “Phantom der Oper” spielten je mehr als eine Milliarde Dollar seit ihrer Erstaufführung ein.

Hit der 31 Shows auf den berühmten Bühnen ist momentan “Hamilton”. Das seit August 2015 aufgeführte Hip-Hop-Musical um den ersten US-Finanzminister Alexander Hamilton ist offiziell bis Ende 2016 ausverkauft, obwohl der Durchschnittspreis für eine Karte bei 163 Dollar liegt. Wer über Wiederverkauf-Websites wie Ticketmaster Resale oder StubHub sucht, kommt zwar an Karten, muss dafür bis Juni 2016 aber mindestens 430 Dollar hinblättern. Höchstpreis für eine “Hamilton”-Karte: 4.325 Dollar, also mehr als 3.800 Euro.

“Die Popularität ist überwältigend”, sagt “Hamilton”-Pressesprecher Sam Rudy. Die Macher hätten “keine Chance, der hohen Nachfrage mit Ticketangeboten nachzukommen”. Zu den Besuchern zählten unter anderem Präsident Barack Obama, Microsoft-Mitgründer Bill Gates, Richter des Obersten US-Gerichtshofs und Rapper Kanye West. Lin-Manuel Miranda, Erfinder und Star des Musicals, rappte schon für Obama im Weißen Haus und auch bei den Grammy Awards trat die Besetzung auf.

“Die Lotterie ist wie eine konstante Mobilisierungsparty, nur fürs Theater”, sagt Rudy. Jeden Morgen versammelten sich Hunderte vor dem Richard Rodgers Theatre in Manhattan – bei Regen oder Sonnenschein mit Klappstühlen, Decken und Snacks, um eine Karte für “Hamilton” zu gewinnen. Doch die Lotterien werden zunehmend digital. New Yorker Winter sind oft bitterkalt, und damit die Menschen nicht in der Kälte stehen müssen, haben die “Hamilton”-Veranstalter eine digitale Lotterie eingeführt. Nun werden online täglich 21 Tickets für zehn Dollar verlost.

TKTS ging 1973 an den Start. Das beliebte Musical “Rent” machte das System stark reduzierter Karten 1996 dann noch populärer, als 20-Dollar-Karten an diejenigen vergeben wurden, die am schnellsten waren. Bald entwickelte sich das Ganze zu einer Verlosung. Inzwischen hat die Digitalisierung auch das Theaterviertel erfasst. Das “Book of Mormon” spielt jeden Abend vor ausverkauften Hallen und hat ebenfalls eine Lotterie über den Kurznachrichtendienst Twitter. Das dürfte dem Broadway mit zu seiner Renaissance verholfen haben: “In den letzten Jahrzehnten wurde der Broadway schon oft für tot erklärt, aber er steht immer wieder von den Toten auf”, sagt Rudy.

Apps sind dabei vor allem eines: zeitsparend. 2013 gründeten die zwei Broadway-Produzenten Brian Fenty und Merritt Baer die App TodayTix. Vier Prozent aller Broadway-Tickets werden mittlerweile damit gekauft. Die kostenlose App bietet Tickets bis zu sieben Tage im Voraus an für Shows in New York, San Francisco, Los Angeles, Washington, Chicago und London. “Wir expandieren international und schauen uns momentan auch den deutschen Theatermarkt an”, sagt Baer.

TodayTix haben den Machern zufolge bisher eine halbe Million Menschen genutzt. “Heutzutage geben Millennials (auch als “Generation Y” bekannt) lieber Geld für ein Erlebnis anstatt einen Gegenstand aus”, erklärt Baer. “Da die Theaterbranche immer beliebter wird, auch durch neue Stücke wie ‘Harry Potter’, ‘Frozen’ und ‘To Kill a Mockingbird’, werden weiterhin neue Zuschauer angezogen.”

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