Anklagen in Grazer Telekom-Parteienfinanzierungs-Affäre

In der Anklageschrift verwies der Staatsanwalt laut dem Magazin auf eine „historische Interpretation“ des Gesetzes. Vor wenigen Tagen entschied jedoch der Oberste Gerichtshof (OGH) in einer anderen Telekom-Teilcausa, dass nicht jene Parteien das Geld zurückzahlen müssen, die davon profitiert haben, sondern zwischengeschaltete Werbeagenturen bzw. Personen, die in Zusammenhang mit der Ausstellung von Scheinrechnungen tätig gewesen sein sollen.
Der Grazer Stadtchef stand am Mittwoch jedenfalls zum Grazer ÖVP-Geschäftsführer Bernd Schönegger, einer von sechs Personen, denen von der Wiener Staatsanwaltschaft eine Verwicklung in die Causa vorgeworfen wird. In der „Kleinen Zeitung“ (Online-Ausgabe) sagte Bürgermeister Siegfried Nagl: „Es gibt für die Grazer VP weiterhin keinerlei Grund an der Integrität und den Aussagen von Bernd Schönegger zu zweifeln.“ Vonseiten der steirischen ÖVP gab es keine Stellungnahme.
Die FPÖ der steirischen Landeshauptstadt befürchtet einen „massiven Imageschaden für die Grazer Stadtpolitik, dieser ÖVP-Skandal reicht bis in die höchste Etage der Grazer Volkspartei“. Schönegger sei der engste Parteimitarbeiter von Bürgermeister Nagl, seine Beraterin sei über viele Jahre seine engste Vertraute in politischen Fragen gewesen. Nagl spreche oft von Moral, sagte FPÖ-Stadtparteichef Mario Eustacchio am Mittwoch in einer Aussendung. Egal, wie das Gerichtsverfahren ausginge seien politisch klare Konsequenzen zu ziehen, sagte der blaue Stadtrat.
Die Grazer Grünen erklärten am Mittwoch, „endlich werden die Geldflüsse zwischen der Telekom und der für die Grazer ÖVP tätigen Werbeagentur gerichtlich aufgearbeitet und dem Verdacht der illegalen Parteienfinanzierung nachgegangen“. Gemeinderatsklubchef Gerhard Wohlfahrt sagte, er hoffe, dass „die Grazer ÖVP, aber auch die SPÖ und die FPÖ nun endlich bereit sind, umzudenken“. Bisher hätten sie die Anträge der Grünen auf eine konsequente Offenlegung der städtischen Parteien- und Klubförderung mehrfach beharrlich abgelehnt.
Schönegger will sein Mandat indes weiter ungeachtet der nun erhobenen Anklage weiter ausüben, wie er der APA erklärte. Er bleibe dabei, die Vorwürfe seien haltlos. ÖVP-Klubobmann Reinhold Lopatka stärkte seinem Abgeordneten demonstrativ den Rücken: „Eine Anklage ist keine Verurteilung, daher gibt es auch keine Vorverurteilung.“
Die Staatsanwaltschaft verwies darauf, dass nach derzeitiger Rechtslage die Strafdrohung bis zu zehn Jahre beträgt – allerdings nur mehr zwei Wochen lang. Denn mit 1. Jänner 2016 tritt die Reform des Strafgesetzbuches von Justizminister Wolfgang Brandstetter (ÖVP) in Kraft, und ab dann beträgt die Höchststrafe maximal drei Jahre.
Hintergrund des Verfahrens sind vermutete Zahlungen der Telekom an eine Werbeagentur, die im GR-Wahlkampf 2008 für die ÖVP tätig war. Die konkrete Verdachtslage laut Medienberichten: Michael Fischer, einst „Head of Public Affairs“ bei der Telekom und ÖVP-Mitarbeiter, soll Schönegger in einem E-Mail aufgefordert haben, eine Rechnung an eine mittlerweile stillgelegte Telekom-Tochter zu stellen. Nur wenige Tage später soll dann die Grazer Agentur eine Rechnung über 119.760 Euro an das Unternehmen geschickt haben, die mit dem Mail fast deckungsgleich war. Die Ermittler gingen davon aus, dass das Geld über diese Umwege von der Telekom an die ÖVP floss. Die nunmehr Angeklagten haben die Vorwürfe stets bestritten.






