„Südtirol verliert mit Franz Thaler einen wichtigen Zeitzeugen“

„Franz Thaler hat in jungen Jahren leidvolle Erfahrungen unter der Herrschaft des Nationalsozialismus gemacht und hat darüber nicht geschwiegen. Thaler war ein wichtiger Zeitzeuge eines dunklen Kapitels unserer Geschichte“, betont SVP-Obmann Philipp Achammer. Franz Thaler, 1925 im Sarntal geboren, widersetzte sich gegen die Einberufung in die deutsche Wehrmacht, wurde daraufhin in die Konzentrationslager von Dachau und Hersbruck gebracht und geriet nach Kriegsende in französische Haft. Seine Erinnerungen an diese prägenden Jahre schrieb Thaler nieder und veröffentlichte diese im Jahr 1989. Mit seinem Werk „Unvergessen“ trug Thaler wesentlich dazu bei, dass sich Südtirol erstmals mit der eigenen NS-Zeit auseinandersetzte. Seit 2010 war Thaler Ehrenbürger der Stadt Bozen, erst im August dieses Jahres würdigte auch Staatspräsident Sergio Mattarella Franz Thaler für seine geistige Haltung sich gegen Extremismus und Gleichgültigkeit zur Wehr zu setzen.
„Franz Thaler hat durch das Aufzeichnen seine Lebenserinnerungen ein bedeutendes Dokument geschaffen, das es auch der heutigen Jugend ermöglicht, das erfahrene Leid und Unrecht der Zeit von Faschismus und Nationalsozialismus nachzuempfinden“, hebt SVP-Obmann Achammer hervor. Thaler habe zudem gezeigt, dass man seine Menschlichkeit nicht verlieren dürfe und auch seinen ehemaligen Feinden verzeihen können müsse. „Vergessen kann man nicht, aber verzeihen schon“, sagte der Sarner KZ-Überlebende in einem Interview zu seinem 90. Geburtstag im März dieses Jahres. „Gerade diese Haltung ist es, die Franz Thaler zu einem Vorbild nicht nur für die Jugend macht. Unser Beileid gilt der Trauerfamilie“, betont SVP-Obmann Philipp Achammer.
Der Trauergottesdienst für Franz Thaler findet am Samstag, 31. Oktober, um 14.30 Uhr in der Pfarrkirche von Reinswald statt.
Auch Südtirols Grüne nehmen Anteil:
Franz Thaler ist gestern in Sarnthein nach kurzer Krankheit im hohen Alter von 90 Jahren verstorben. 70 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkrieges, 100 Jahre nach Beginn des Großen Krieges auch in Tirol hat ein großer Zeitzeuge des 20. Jahrhunderts sein Leben beendet.
Franz Thaler ist einer der letzten Kronzeugen des Widerstands gegen den Nationalsozialismus in Südtirol, dessen brutale Verfolgung er als 19-jähriger Wehrdienstverweigerer im Konzentrationslager Dachau in aller Härte erleben musste. Aus der furchtbaren Jugenderfahrung machte er das Beste, was nur möglich war: Er trug seine Erinnerungen und Überzeugungen in die Öffentlichkeit und legte sie in einem Buch nieder, das zu den wichtigsten Südtirols zählt.
Das 1988 erschienene „Unvergessen“ belebte die allzu lange blockierte Erinnerung an Option, Nationalsozialismus und Widerstand und wurde für zahlreiche LeserInnen weit über Südtirol hinaus zum Schlüsseltext. Die klare Sicht auf die 1944/45 erlittene Verfolgung, das scharfe Urteil über die Verantwortung, die auch Einheimische an der NS-Verfolgung trugen, erhoben „Unvergessen“ zur eindringlichen Lektion über Südtirols Zeitgeschichte, die Erfahrung und den Mut eines Einzelnen.
Die Glaubwürdigkeit Thalers rührte auch daraus, dass er keine öffentliche Person war, kein Intellektueller, sondern ein einfacher Federkielsticker, dessen Erinnerungskraft, Wille zur Wahrheit und Versöhnungsbereitschaft tief überzeugend wirkten. Diesem Ziel blieb er verpflichtet: „Ich hab mir meine Meinung nie nehmen lassen. Es war mit immer wichtig, die Wahrheit zu sagen.“
Mehr als viele Publikationen und Zeitzeugen hat Franz Thaler zur Bearbeitung einer schwierigen Vergangenheit beigetragen. Sein Beitrag dazu, dass in der Erinnerung Südtirols nicht nur der Opferstatus „unter“ Faschismus und Nationalsozialismus, sondern auch die eigene Mitverantwortung zumindest teilweise erkannt und angenommen wurden, ist nicht hoch genug anzuschlagen.
In den letzten Jahren haben Verantwortungsträger auf Staats-, Landes- und Gemeindeebene die Verdienste von Franz Thaler gewürdigt.
Der bescheidene Mann aus dem Sarntal bleibt einer der Großen unseres Landes, das ihm zu bleibender Dankbarkeit verpflichtet bleibt.






