von apa 04.08.2015 18:21 Uhr

Aufnahmestopp in Traiskirchen tritt um Mitternacht in Kraft

Der Aufnahmestopp im Erstaufnahmezentrum Traiskirchen tritt am Mittwoch in Kraft. Ab Mitternacht dürfen dann vorerst keine Flüchtlinge am völlig überfüllten Areal untergebracht werden. Die Erstuntersuchung und erste Verfahrensschritte würden aber weiterhin durchgeführt, hieß es am Dienstag aus dem Innenministerium zur APA. Zugleich kündigte der Bund weitere 1.100 neue Plätze für Asylwerber an.

APA (Schlager)

Das Land Niederösterreich hatte den Aufnahmestopp in Traiskirchen bewirkt. Grundlage war das Ergebnis einer gesundheitsbehördlichen Untersuchung in der vergangenen Woche. Unter anderem waren Mängel bei den sanitären Einrichtungen festgestellt worden. Am Dienstag haben sich laut Innenministerium rund 4.000 Flüchtlinge in Traiskirchen aufgehalten, knapp 1.500 davon ohne fixen Schlafplatz. Das Innenministerium hatte zuletzt das Gebäude der Sicherheitsakademie auf dem Areal für 300 Frauen und Kinder geöffnet.

Auch weitere 1.100 Überbrückungsquartiere hat das Innenministerium geschaffen: In Klagenfurt, Salzburg und Wien stehen ab sofort 150 feste Plätze in Polizeianhaltezentren zur Verfügung. Weitere Container-Standorte für jeweils 100 Flüchtlinge entstehen in Ohlsdorf, Mondsee und Hörsching in Oberösterreich. Auf dem Freigelände neben der Justizanstalt Rottenstein in St. Georgen am Längsee in Kärnten kommt zudem ein Zeltstandplatz für insgesamt 400 Flüchtlinge hinzu. Zusätzlich wird das Verteilerquartier Innsbruck in den nächsten Tagen mit 250 Plätzen in Betrieb gehen.

„Die Situation in Traiskirchen ist für Asylwerber und Bevölkerung nicht mehr tragbar“, kommentierte Mikl-Leitner gegenüber der APA die Maßnahmen. Die Bundesländer hätten zwar in den letzten Wochen große Anstrengungen unternommen, um neue Quartiere für Kriegsflüchtlinge zu schaffen, aber es kämen nach wie vor mehr Flüchtlinge nach Österreich als von den Ländern in der kurzen Zeit untergebracht werden können. Aufgrund der hohen Asylantragszahlen würden wöchentlich rund 1.600 neue Plätze benötigt, hieß es aus dem Innenministerium.

Am Donnerstag wird indes amnesty international das Gelände in Traiskirchen überprüfen. Das Ansuchen ist bereits vom Innenministerium genehmigt worden. Wie lange der Rundgang der Experten dauern wird, konnte man bei Amnesty allerdings nicht sagen, noch fehlten die Erfahrungswerte. In Aussicht gestellt wurde jedoch ein Statement der Kommission nach der Überprüfung. Danach gehe es in die „Analyse-Phase“, einen abschließenden Bericht solle es nach einer Woche geben.

Auch die Regierungsspitze arbeitet weiterhin an der Verfassungsänderung, damit der Bund künftig selbst Asylquartiere errichten kann, wenn die Länder säumig bleiben. Derzeit würde auf Beamtenebene ein Entwurf erarbeitet, hieß es aus dem Bundeskanzleramt zur APA. Zuständig seien Kanzleramtsminister Josef Ostermayer (SPÖ) und Innenministerin Mikl-Leitner. In Kraft treten soll das neue Gesetz so bald wie möglich, eine entsprechende Sondersitzung des Nationalrats soll es Mitte August geben.

Der Kärntner Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) kritisierte die Ankündigungen des Innenministeriums heftig, dass in St. Georgen am Längsee bis Mittwochabend Zelte für 250 Flüchtlinge aufgestellt werden sollen. Kaiser bezeichnete das Vorgehen des Ministeriums in einer Aussendung als „unzumutbar und unerklärlich“.

„Die Handlungsweise des Bundesministeriums läuft den Vereinbarungen, wonach keine weiteren Zelte zu errichten sind, zuwider“, so Kaiser, „ich übernehme für Vorgehen von Innenministerin Johanna Mikl-Leitner keine Verantwortung mehr.“ Er selbst habe erst am Dienstagnachmittag von den Plänen erfahren. Ebenso wie Konrad Seunig (SPÖ), Bürgermeister der Gemeinde St. Georgen am Längsee, der das Vorgehen des Ministeriums im Gespräch mit der APA als „Schweinerei“ bezeichnete. „Wir sind gerne bereit, Flüchtlingen zu helfen. Aber die Art und Weise, wie uns das aufs Aug gedrückt wird, das geht überhaupt nicht. So viele Asylwerber in einer so kleinen Gemeinde unterzubringen, das ist nicht gescheit.“

ÖVP-Generalsekretär Gernot Blümel wies die Kritik von Kärntens Landeshauptmann Kaiser an Innenministerin Mikl-Leitner als „unverständlich und kontraproduktiv“ zurück. „Herr Kaiser ist gefordert, seine eigene Verantwortung wahrzunehmen anstatt davon abzulenken“, so Blümel am Dienstag.

Blümel verwies auf Kaisers Funktion als Landesflüchtlingsreferent: „Wenn Kaiser dieser Aufgabe nachkommen würde, würde kein einziges Zelt in Kärnten stehen beziehungsweise müssten keine neuen Zelte in Kärnten aufgebaut werden.“ Der Bund nehme seine Verantwortung wahr und stelle vorübergehend feste Polizeiquartiere und Zelte auf, um Flüchtlinge vor Obdachlosigkeit zu schützen. „Oder ist es Ihnen lieber, dass diese Menschen im Freien auf dem Boden schlafen, Herr Kaiser?“, fragte Blümel.

Auch das Kärntner BZÖ und FPÖ-Obmann Christian Ragger reagierten mit Aussendungen auf die neuesten Vorhaben des Innenministeriums. „Die Grenze der Belastbarkeit ist schon längst überschritten“, sagte BZÖ-LAbg. Willi Korak. Und für Ragger kommen die Neuigkeiten einer „Hiobsbotschaft“ gleich: „Die Vorgehensweise der Innenministerin ist nicht mehr zu akzeptieren.“

Verwirrung herrschte am Dienstag zunächst um die genaue Anzahl der Asylwerber, die in Zelten auf dem Freigelände neben der Justizanstalt Rottenstein untergebracht werden sollen. Laut dem Land Kärnten werden Zelte für bis zu 250 Asylwerber aufgestellt, das Innenministerium selbst spricht von 200 Plätzen zum Sofortbezug und weiteren 200 Plätzen als Reservekapazität, was also eine Gesamtanzahl von 400 Zeltplätzen bedeuten würde.

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