von apa 28.03.2015 07:42 Uhr

Airbus-Co-Pilot hatte angekündigt, einmal bekannt zu werden

Der Co-Pilot der in den französischen Alpen abgestürzten Germanwings-Maschine hat einem Bericht der deutschen Boulevard-Zeitung "Bild" zufolge im Gespräch mit einer früheren Freundin Andeutungen gemacht, er werde einst große Bekanntheit erlangen. Das Blatt veröffentlichte in seiner Samstagsausgabe ein Gespräch mit einer Stewardess, die 2014 eine Beziehung mit Andreas Lubitz gehabt hatte.
APA (epa)

„Als ich vom Absturz hörte, ging mir immer wieder ein Satz durch den Kopf, den er sagte: ‚Eines Tages werde ich etwas tun, was das ganze System verändern wird, und alle werden dann meinen Namen kennen und in Erinnerung behalten'“, wurde die Frau zitiert. Sie beschrieb Lubitz als „netten und aufgeschlossenen“ Menschen, der allerdings Kritik an seiner beruflichen Situation geäußert habe. „Wir haben immer sehr viel über Arbeit gesprochen, und da wurde er ein anderer Mensch, er hat sich aufgeregt, unter welchen Umständen wir arbeiten müssen. Zu wenig Geld, Angst um den Vertrag, zu viel Druck.“

Nach vorläufigen Erkenntnissen der französischen Staatsanwaltschaft ließ der 27-jährige Co-Pilot den Airbus A320 von Germanwings am Dienstag absichtlich in Südfrankreich an einer Felswand zerschellen, als der Flugkapitän ihn vermutlich für eine Toilettenpause allein im Cockpit gelassen hatte. Am Freitag wurde bekannt, dass der 27-Jährige für Dienstag krankgeschrieben war.

„Er hat es getan, weil er gemerkt hat, dass durch seine gesundheitlichen Probleme sein großer Traum von einem Job bei der Lufthansa, von einem Job als Kapitän und als Pilot von Langstrecken, so gut wie unmöglich war. Ob Liebesprobleme dazukamen, weiß ich nicht“, zitierte die „Bild“-Zeitung die frühere Freundin. „Über seine Krankheit hat er nie viel gesprochen, nur dass er deswegen in psychiatrischer Behandlung war.“

Der Co-Pilot soll auch die Unglücksregion in den Alpen als Jugendlicher gut gekannt haben. Seine Eltern seien dort mit ihrem Flugverein hingereist, sagte Francis Kefer vom Flugplatz in Sisteron dem französische Sender iTele. Sisteron liegt gut 40 Kilometer westlich der Absturzstelle in den südostfranzösischen Alpen.

„Zwischen 1996 und 2003 ist der Club aus Montabaur regelmäßig hierhergekommen“, sagt Kefer in dem Bericht vom Samstag. Auch der Kopilot sei damals mit seinen Eltern dabei gewesen. Die Vereinsmitglieder seien zum Segelfliegen gekommen.

Die Persönlichkeit des 27-Jährigen sei eine „ernsthafte Spur“ in den Ermittlungen, aber nicht die einzige, sagte der Leiter einer französischen Gendarmerie-Delegation in Düsseldorf, Jean-Pierre Michel. Es sei noch kein „spezielles Element“ im Leben von Lubitz – wie Liebeskummer oder berufliche Probleme – identifiziert worden, das dessen mögliches Verhalten erklären könne.

Nach einem Bericht der „Welt am Sonntag“ fanden Ermittler Belege für eine schwere „psychosomatische Erkrankung“ des Kopiloten. Der 27-Jährige sei „von mehreren Neurologen und Psychiatern behandelt worden“, zitierte die Zeitung einen Ermittler. In seiner Wohnung in Düsseldorf sei eine Vielzahl von Medikamenten zur Behandlung der psychischen Erkrankung sichergestellt worden. Lubitz litt demnach unter einem „starken subjektiven Überlastungssyndrom“ und war depressiv. Ermittler wollten die Angaben weder bestätigen noch dementieren. Laut einem Bericht der „Bild am Sonntag“ war Lubitz wegen massiver Sehstörungen in medizinischer Behandlung.

In den französischen Alpen hat unterdessen der fünfte Tag der Suche nach Opfern des Germanwings-Absturzes begonnen. Die Arbeiten waren über Nacht unterbrochen worden. Bilder des französischen Fernsehens zeigten, wie Hubschrauber erneut in den Einsatz flogen. Die Retter konzentrieren sich neben der Bergung und Identifizierung der Leichen weiter auf die Sicherung der Unfallstelle in dem schwierigen Gelände.

Rechtsmediziner arbeiten bereits an der Identifizierung der sterblichen Überreste, die schon ins Tal gebracht wurden. Weiter gesucht wird nach dem zweiten Flugschreiber des Airbus der Lufthansa-Tochter Germanwings. Er soll weitere Erkenntnisse zum Geschehen im Cockpit vor dem Absturz liefern.

Angehörige und Freunde der verunglückten Germanwings-Passagiere haben mittlerweile darum gebeten, ungestört und in Ruhe trauern zu können. Unabhängig voneinander hätten sich viele Betroffene an die Lufthansa und Germanwings gewandt und um Zurückhaltung der Medien gebeten, sagte eine Lufthansa-Sprecherin am Samstag in Frankfurt.

Dies habe die Airlines dazu bewogen, in einer Mitteilung darum zu bitten, von einer aktiven Kontaktaufnahme mit trauernden Angehörigen abzusehen. Da das große Interesse der Öffentlichkeit nachvollziehbar sei, seien Lufthansa und Germanwings für Medien-Anfragen aber rund um die Uhr erreichbar.

Zuvor hatten bereits die Angehörigen der spanischen Opfer die Medien im In- und Ausland um Respekt gebeten. Die Medien sollten vor allem davon Abstand nehmen, Fotos der Opfer aus den sozialen Netzwerken zu veröffentlichen, heißt es in einem am Freitag in Barcelona veröffentlichten Aufruf des „Betreuungszentrums für Angehörige“ (CAF) in Castelldefels bei Barcelona.

Nach Erkenntnissen der spanischen Regierung sind beim Absturz des Airbus A320 von Germanwings 50 Spanier ums Leben gekommen. Die Maschine war auf dem Weg von Barcelona nach Düsseldorf.

In der Kirche Notre-Dame-du-Bourg der französischen Gemeinde Digne-les-Bains gedachten am Samstag Einwohner der Opfer des Flugzeugabsturzes. In dem romanischen Bau versammelten sich mehrere Hundert Menschen zur Andacht. Vor dem Altar brannten 150 Kerzen zur Erinnerung an die Opfer. Digne-les-Bains liegt nur wenige Kilometer von der Stelle entfernt, wo der Germanwings-Airbus abgestürzt war.

Unterdessen haben Angehörige der Passagiere des verschwundenen Malaysia-Airlines-Fluges MH370 den Hinterbliebenen des abgestürzten Germanwings-Fluges am Samstag ihr Beileid ausgesprochen. „Unsere Gedanken und Gebete sind mit den Familien und Freunden der Passagiere und Besatzungsmitglieder von 4U9525“, schrieben die MH370-Familien auf ihrer Facebook-Seite. „Wir geben ihnen unsere Unterstützung in diesen herzzerreißenden Zeiten.“

Der malaysische Airbus mit der Flugnummer MH370 war vor mehr als einem Jahr auf dem Weg nach Peking verschwunden. Anders als bei der Germanwings-Maschine, die am Dienstag gegen ein Bergmassiv der französischen Alpen krachte und zerbarst, fehlt von dem asiatischen Jet trotz intensiver Suche nach Wrackteilen seither jede Spur.

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