von apa 23.02.2015 10:35 Uhr

SPÖ pocht auf Erhöhung der Dividenden-KESt

SPÖ-Klubobmann Andreas Schieder pocht nach dem Einlenken seiner Partei bei der Vermögenssteuer auf eine Erhöhung der Kapitalertragssteuer (KESt) bei Dividenden. Sparbücher sollten hingegen nicht betroffen sein, sagte er bei einer Pressekonferenz am Montag. Eine Anhebung der Mehrwertsteuer - auch bei derzeitigen Ausnahmen - kann er sich nicht vorstellen.
APA

Bereits am Wochenende hatte Schieders Parteichef, Bundeskanzler Werner Faymann, im ORF-Radio das Schweizer Modell bei der KESt ins Spiel gebracht. Dort fallen auf Veranlagungen 35 Prozent an, in Österreich sind es derzeit 25 Prozent. „Wenn wir sehen, wie das in anderen Ländern ist, gibt es durchaus höhere Beträge“, so Schieder. Auch über eine Art „Luxus-Grundsteuer“ hatte Faymann laut nachgedacht.

Für den SPÖ-Klubobmann ist das Abrücken der SPÖ von der Vermögenssteuer zur Gegenfinanzierung der Reform ein Signal der Kompromissbereitschaft an den Verhandlungspartner ÖVP. Was bei der Verhandlungsrunde der Steuerreform-Gruppe am Samstag besprochen wurde, wollte er aber nicht verraten. Vermögensbezogene Abgaben seien aber noch nicht vorrangiges Thema gewesen.

Dass die SPÖ künftig Sparbücher besteuert sehen wolle, bestritt Schieder. „Es geht um Kapitaleinkünfte in ganz anderen Veranlagungsformen“, sprach er explizit die Belastung anderer Gewinne, etwa von Dividenden an. Als Beispiele für nach seiner Vorstellung gerechte Modelle nannte er etwa das deutsche Modell, aber auch die USA, wo derartige Abgaben dem Steuersystem völlig unterworfen seien. „Das ist eine Vorstellung, die ich durchaus für richtig halte“, so Schieder.

Beim Thema Mehrwertsteuererhöhung ist Schieder laut eigener Aussage „sehr skeptisch“. Dabei bestehe weiterhin die Gefahr einer Massenbelastung, was einer Steuerreform widerspreche. Auch über derzeit existierende Ausnahmen im System wollte Schieder nicht laut nachdenken.

Österreich ist eines von nur fünf EU-Ländern, die seit Ausbruch der Finanzkrise ohne Anhebung der Mehrwertsteuern ausgekommen sind. Das dürfte sich bei der aktuellen Steuerreform ändern. Zwar soll der 20-prozentige Regelsteuersatz nicht angetastet werden, ein Teil der Ausnahmeregeln dürfte allerdings fallen. Bringen könnte das mehrere Hundert Mio. Euro.

Der Großteil der EU-Länder hat die Mehrwertsteuer seit 2008 angehoben, wie aus Unterlagen der EU-Kommission hervorgeht – und zwar sowohl die ermäßigten als auch die Regelsteuersätze. Letztere liegen schon in 18 von 28 Ländern über 20 Prozent. Spitzenreiter sind neben den traditionellen Hochsteuerländern in Skandinavien Ungarn (27 Prozent) und Kroatien (25). Besonders kräftig zur Kasse bittet seine Konsumenten Bulgarien, das selbst auf Nahrung, Medikamente und Wasser 20 Prozent kassiert. Während die meisten EU-Länder breit gefächerte Ausnahmen zulassen, begünstigt Bulgarien ausschließlich Hotel-Übernachtungen.

Österreich hat seine Mehrwertsteuer seit dem EU-Beitritt 1995 nicht mehr angetastet. Seit damals gibt es die EU-rechtlich maximal zulässigen drei Steuersätze: Den 20-prozentigen Regelsteuersatz sowie zwei ermäßigte Sätze von zwölf (auf Wein Ab-Hof) und zehn Prozent. Letzterer gilt neben Lebensmitteln, Mieten und Medikamenten auch für eine Reihe von weiteren Produkten, deren Steuerbegünstigung nun wackelt.

Die Steuerreform-Experten der Regierung haben bereits im Dezember vorgerechnet, dass die Streichung aller Ausnahmen vier Mrd. Euro brächte, allein 1,1 Mrd. Euro die Nahrungsmittel. Letztere sollen nach dem Willen von SPÖ und ÖVP aber ebenso begünstigt bleiben wie Mieten, Medikamente und Personenverkehr. Angehoben werden könnten damit also die Steuersätze für Tierfutter, Kino- und Theatertickets, Zeitungen und Pflanzen. Je nach Ausgestaltung könnte die Anhebung damit bis zu 175 Mio. Euro je Prozentpunkt bringen.

In Österreich gibt es die Mehrwertsteuer in ihrer heutigen Form seit 1973. Hauptgrund für die Einführung waren Wettbewerbsnachteile gegenüber der EG wegen des bis dahin nicht möglichen Vorsteuerabzugs. Der Regelsatz von ursprünglich 16 Prozent wurde noch in den 1970er Jahren auf 18 und 1984 auf 20 Prozent angehoben. Der ermäßigte Satz stieg 1984 von acht auf zehn Prozent.

Die letzte Änderung gab es mit dem EU-Beitritt 1995 – damals wurde eine eigene Mehrwertsteuer von 12 Prozent für Wein Ab-Hof geschaffen. Unter anderem daran scheiterten seither alle Versuche der SPÖ, die Mehrwertsteuer auf Lebensmittel weiter zu senken oder eine zusätzliche Luxussteuer einzuführen. EU-rechtlich sind nämlich nur drei Mehrwertsteuersätze zulässig: Der Regelsatz (in Österreich 20 Prozent) sowie zwei ermäßigte Sätze (in Österreich 10 und 12 Prozent).

Apropos Luxussteuer – die gab es in Österreich schon, sie war aber relativ kurzlebig: 1978 als 30-prozentige Mehrwertsteuer auf Autos, Schmuck, Teppiche, Pelzmäntel, Antiquitäten etc. geschaffen und 1984 auf 32 Prozent erhöht, wurde sie bereits 1992 wieder abgeschafft und für Autos durch die Normverbrauchsabgabe ersetzt.

Der Vorsitzende der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst, Fritz Neugebauer, wies am Montag die Forderung von Finanzminister Hans Jörg Schelling (beide ÖVP) nach einer Senkung der Verwaltungskosten im Öffentlichen Dienst als Beitrag zur Gegenfinanzierung der Steuerreform zurück. Der Anteil des Öffentlichen Dienstes sei jetzt schon im europäischen Vergleich am niedrigsten, sagte Neugebauer im APA-Gespräch.

Schelling hatte am Wochenende vorgeschlagen, die durchschnittliche Steigerungsrate bei Personal- und Sachaufwand bei Bund, Ländern und Gemeinden von 2,9 auf 1,9 Prozent pro Jahr zu senken. Das brächte zwar anfangs relativ wenig, im Zeitraum 2016 bis 2020 aber kumuliert rund 3,3 Milliarden Euro. Für den Finanzminister wäre das Teil der Gegenfinanzierung der Steuerreform.

Neugebauer kann dem nicht viel abgewinnen. Eine Gehaltsrunde stehe nicht zur Debatte, stellte der GÖD-Vorsitzende klar. Er erinnerte daran, dass der öffentliche Dienst durch Null-Lohnrunden schon Milliarden zur Budgetkonsolidierung beigetragen habe. Außerdem müsse es bei der Steuerreform um eine Stärkung der Kaufkraft gehen und da könne man nicht eine so große Gruppe wie den öffentlichen Dienst ausnehmen.

Und zu den generellen Kosten stellte der GÖD-Vorsitzende klar, dass der öffentliche Dienst in Österreich viel kleiner sei als im europäischen Durchschnitt. Bei uns liege der Anteil der öffentlich Bediensteten an der Zahl der unselbstständig Erwerbstätigen bei 10,7 Prozent, im EU-Schnitt hingegen bei 15 Prozent.

In vielen Bereichen gehe dem öffentlichen Dienst in Österreich „die Luft aus“, die Belastungsgrenze sei schon „weit überschritten“ verwies Neugebauer etwa auf die Justiz oder die Justizwache. Zusätzliches Personal wäre auch zur Korruptionsbekämpfung oder bei der Finanz nötig, um die Steuerausstände von 2,3 Milliarden Euro eintreiben zu können. Der Gewerkschafts-Chef betonte, dass Verwaltungsreform im öffentlichen Dienst ein „permanenter Prozess“ sei und wandte sich deshalb gegen einen großen Wurf.

Grundsätzlich in die Steuerreform-Debatte wollte sich Neugebauer nicht einbringen. Er meinte nur allgemein, dass sich nun zunächst die Arbeitgeberseite zusammenstreiten solle.

Die nächste politische Verhandlungsrunde zur Steuerreform wird in zwei Wochen, am 8. März abgehalten – an einem Sonntag statt wie bisher üblich an einem Samstag. Das erfuhr die APA aus Koalitionskreisen. Bis dahin werde weiterhin auf Expertenebene verhandelt.

Ein Einigung zur Steuerreform wollen SPÖ und ÖVP ja am 17. März vorlegen. Damit könnte am 8. März das heikle Thema der von der SPÖ geforderten vermögensbezogenen Steuern am Tapet stehen. Denn bisher – in den mittlerweile fünf Verhandlungsrunden – wurde über vermögensbezogenen Einnahmequellen laut offizieller Auskunft noch nicht gesprochen. Die ÖVP lehnt neue Steuern ja grundsätzlich ab.

Jetzt
,
oder
oder mit versenden.

Es gibt neue Nachrichten auf der Startseite