von gru 08.02.2015 06:40 Uhr

Die Grenze Tirols von 1753

Ein einmaliges Zeugnis an unserer historischen Grenze zu Venetien sind die immer noch zahlreich erhaltenen Grenzsteine, Felsinschriften und Reliefs. Sie gehen auf einen Vertrag aus dem Jahre 1753 zurück. Dieses historische Erbe gilt es zu bewahren.

Der Markusstein im Rienztal. Photo: UT24

Die Entdeckung des römischen Militärlagers hat bereits gezeigt, wie lange schon der Kreuzbergpass als Grenze zwischen Italien und dem inneralpinen Raum historisch wichtig ist.

Viele Jahrhunderte später haben unsere Vorfahren erneut Spuren an der Wasserscheide zwischen dem adriatischen und schwarzen Meer hinterlassen: Die Grenzsteine und Felsinschriften von 1753.

Die Jahre um 1750 markieren für unsere Heimat und die Grenze zu unseren italienischen Nachbarn einen bedeutenden Einschnitt: Während des Mittelalters und der frühen Neuzeit waren Grenzstreitigkeiten hier und anderswo an der Tagesordnung.

Ursprung im Mittelalter

Grund dafür war u.a. die Art, wie Grenzen damals gebildet wurden: Man versuchte den Besitz von Territorien mit möglichst zahlreichen alten Dokumenten zu belegen und vor allem auch durch die Volkserinnerung und Überlieferung der Grenzbewohner zu legitimieren.

Während man mit der Geschichte der Dokumentenfälschung im Mittelalter ganze Bibliotheken füllen könnte, ist es nur verständlich, dass die Aussagen der Dorfältesten von Sexten oder Toblach oft nicht mit jenen von Padola oder Auronzo übereinstimmten.

Bereits im Jahr 1481 verurteilt der Bezirksrichter in Heinfels Hirten aus dem Comelico, die ihre Ziegen über die Grenze auf dem Kreuzberg getrieben hatten.

Nachbarschaftsstreit eskaliert

Besonders turbulent, mit teilweise sogar kriegsähnlichen Zuständen, ging es Mitte des 18. Jahrhunderts zwischen Toblach und Auronzo, um Weidegründe in Landro und Rinbianco, hin und her.

Da es solche Fälle entlang der Grenze Habsburgs mit der Republik Venedig unzählige gab, und es 1742 beinahe zur Schlacht zwischen einem Zug bewaffneter Toblacher und den Bewohnern von Auronzo gekommen wäre, entschloss man sich in Venedig, neue Wege zu gehen:

Anstatt im Staatsarchiv der Serenissima nach Stapeln von Dokumenten zu suchen, welche die venezianische Sicht der Dinge untermauern sollte und die ansässige Bevölkerung zu befragen, schickte die Regierung erstmals einen Landvermesser in unser Nachbargebiet.

Landvermesser als Boten einer neuen Zeit

Es beginnt die Zeit, in der Grenzen nicht mehr in Archiven, der Volkserinnerung oder in der Natur „gefunden“, sondern von Staaten gemacht werden.

Zwischen 1751 und 1752 führt eine gemeinsame Grenzkommission gründliche Vermessungsarbeiten durch und am 20. Oktober 1752 unterzeichnen der venezianische Kommissar Pietro Correr und sein österreichischer Kollege Kaspar Paris von Wolkenstein in Rovereto den neuen Grenzvertrag.

In den folgenden Monaten ratifizieren der Doge von Venedig und Kaiserin Maria Theresia das Abkommen und im Sommer 1753 hallen die Almen und Wälder vom Karnischen Kamm bis ins Etschtal vom Hämmern der Steinmetze und den Spaten der Arbeiter, die unter dem strengen Blick von Ingenieuren und Vermessern die gesamte Grenze zwischen Tirol und Venedig ein für alle Mal festlegen.

Paris von Wolkenstein

Von nun an ist die Grenze und deren Ziehung keine Angelegenheit der Einheimischen mehr, sondern wird von staatlichen Stellen festgelegt und überwacht.

Laut den historischen Unterlagen errichtet man allein im Kreuzberggebiet auf einer Länge von rund 7 Kilometern insgesamt 24 Grenzzeichen, darunter beschriftete Grenzsteine, Felsinschriften, einfache Steinblöcke und, als künstlerischer Höhepunkt, die Hauptgrenzsteine mit den Reliefs des Markuslöwen auf der einen und dem Schild Österreichs auf der anderen Seite.

Wo nicht z.B. ein Grenzbach eine klar erkennbare Linie zwischen den Marksteinen bildet, zieht man einen durchgehender Graben bzw. Wall.

Im Oktober 1753 sind die Arbeiten schließlich beendet.

Seitdem vergingen 261 Jahre…

Steine gingen verloren und wurden ersetzt, alle zwei Jahre kontrollierte eine gemeinsame Kommission deren Vorhandensein.

Ab 1918 ist die historische Grenze keine Staatsgrenze mehr und damit endete auch die Wartung und Pflege der Steine. Viele sind mittlerweile verloren, besonders die schön gearbeiteten Reliefs sind vielfach verschwunden – natürlich gestohlen.

Wer sich noch ein Bild von ihnen machen will, kann z.B. in Toblach von Landro ins Rienztal hinein wandern und wird das letzte erhaltene Paar auf Süd-Tiroler Boden am sogenannten „Markusstein“ bewundern können. Nicht zu vergessen sind auch jene Steine und Reliefs, die nach wie vor als stumme Zeugen im Gebirge die historische Zugehörigkeit von Anpezo/Hayden zu Tirol anzeigen.

Heute liegt es an uns, dieses einmalige historische Zeugnis gemeinsam mit unseren venetischen Nachbarn zu bewahren und dessen Geschichte an unsere Nachkommen und Gäste weiterzugeben.

Jetzt
,
oder
oder mit versenden.

Es gibt neue Nachrichten auf der Startseite